Bochum. . Im Haus Laer in Bochum feiern Hochzeitspaare in prachtvollem historischen Ambiente. Dafür ließ der Hausherr auch seine Phantasie gehörig spielen.
Auf mehr als 15 Löwen trifft der Besucher, allein wenn er den Hof des Hauses Laer betritt. Ihre Haut ist aus Stahl, Messing, Bronze, manche zeigen Zähne. Der Löwe ist das Wappentier vieler adeliger Familien. Auch ein Zweig der Adelsfamilie von der Leithen lebte hier über 400 Jahre lang. Der heutige Herr des Ritterguts ist kein von der Leithen, er trägt nicht mal ein „von“ im Namen und doch wohnt Volker Frielinghaus’ Familie bereits in der 23. Generation in der alten Wasserburg in Bochum.
Und das kam so: Die Erbin Anna von der Leithen gab einst dem Kommerzienrat Gustav Frielinghaus das Ja-Wort. „Mein Urgroßvater war Großindustrieller, er war zwar nicht so groß wie Krupp, aber eine Stufe drunter“, sagt der 76-Jährige. Er sei zu stolz gewesen, den Namen seiner Frau anzunehmen. Als dann die Schwiegermutter starb, wurde Gustav Frielinghaus 1896 Eigentümer von Haus Laer.
Vom Schrottplatz zur luxuriösen Unterkunft
Sein Urenkel wuchs in nicht so glorreichen Zeiten auf: In Volker Frielinghaus’ Kindheit wohnten noch die ältere Generation sowie Mieter im Haus Laer. Seine Familie lebte in einer Wohnung in Dortmund. „Da wurden wir 1943 ausgebombt.“ Erst nach ein paar Jahren in Detmold, das zu Kriegszeiten wesentlich ruhiger war, zogen auch sie 1947 in die Wasserburg.
Das Gut sei „ein Schrottplatz“ gewesen. „Die Leute haben gesagt, ich soll das Haus abreißen.“ Doch der Volljurist hat gespart und ab 1972 renoviert. Nur ein Teil der alten Wasserburg wird heute von der Familie bewohnt. Der Rest steht Hochzeitsgesellschaften zur Verfügung und anderen Übernachtungsgästen.
Ein Gewehr vom Ur-Ur-Ur-Großvater
Volker Frielinghaus betont, dass ihm die Geschichte und die Fakten wichtig seien. Bei der Renovierung des alten Hauses ließ er sich jedoch auch vom Gefühl leiten. Er stellte zusammen, worauf er mit seiner Nase stieß. Einen alten Schrank von 1778 aus der Burg mit wunderbaren Schnitzereien arbeitete er auf, mit einem Gewehr vom Ur-Ur-Ur-Großvater schmückte er eine Wand, einen schönen Schreibtisch aus massivem Holz fand er einst im Vorbeigehen am Straßenrand. Alte Pläne von der Schlacht bei Höchstädt von 1704 hängen gerahmt in einem Zimmer. „Mein Ur-hoch-5-Großvater war am Spanischen Erbfolgekrieg beteiligt.“ Die Farben darauf sehen erstaunlich leuchtend aus für so alte Dokumente. „Sie waren lichtdicht abgeschlossen“, sagt Volker Frielinghaus. Die Stiche stammten aus dem Archiv des Rittergutes.
„So könnte es einst zu Adelszeiten gewesen sein.“
Vieles, was man in den Gästezimmern dieses ungewöhnlichen Hotels sieht, folgt dem Motto: „So könnte es einst zu Adelszeiten gewesen sein.“ Verschnörkelte Spiegel, vergoldete Betten, riesige Kronleuchter, reich verzierte Brokatsessel . . . Der üppige Stuck unter den Decken war auch nicht da, als Volker Frielinghaus der Herr im Haus wurde. „Jede Generation hat hier etwas gemacht und ich habe sehr viel gemacht, und dazu gehört auch der Stuck.“
Der Prunk hat keinen historischen Ursprung, Frielinghaus möchte ein historisches Ambiente bieten für die Hochzeitsgäste, die in einem der drei Festsäle feiern können. In den letzten 27 Jahren seien das 1700 Paare gewesen.
Napoleon hier, Prinz Eugen dort
An den Wänden hängt Bild an Bild. Darunter seien Originale wie die Schlachtpläne. Aber das Meiste sind Kopien in goldenen Rahmen: Wie etwa das berühmte Napoleon-Bild des Malers Jacques-Louis David von 1800: „Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard“. Jede Suite, jedes Apartment – insgesamt 20 – ist einer historischen Person gewidmet.
Im Haus Laer schlafen damit Beteiligte des Spanischen Erbfolgekriegs, in dem wohl auch der Ur-hoch-5-Großvater gekämpft hat, quasi friedlich unter einem Dach: Prinz Eugen von Savoyen und Herzog von Marlborough zusammen mit Ludwig XIV., dem Sonnenkönig.
So darf man sich ein bisschen wie die Mächtigen von einst fühlen. Nur auf Diener wartet man vergebens. In den Apartments kochen die Bewohner in kleinen Küchen selbst.
Der Kern des Gutes soll älter sein als der Kölner Dom
Man muss schon genau hinschauen, wenn man zwischen der vielen Dekoration noch das Echte erkennen will. Dann freut man sich, wenn man über eine jahrhundertealte Eichentreppe schreiten darf. Die Burg wurde 1243 das erste Mal urkundlich erwähnt. Doch der Kern des Gutes soll sogar älter sein als der Kölner Dom.
Jedenfalls habe Volker Frielinghaus Holz untersuchen lassen, das das Haus schon so lange trägt. Und dieses Stück eines Eichenpfahls, der einst in den sumpfigen Untergrund gerammt wurde, habe ihm den Ursprung des Gutes gezeigt: das Jahr 940.
Eine Führung kostet 150 bis 200 Euro
Das Haus ist für Besucher nicht zugänglich. Da muss man schon eine Hochzeit planen, eine Suite mieten oder um eine Führung bei Volker Frielinghaus bitten („Eine Führung kostet 150 bis 200 Euro, egal ob das 16 Personen sind oder einer.“).
Das Allerschönste dieser Burg, die früher einen noch viel größeren Wassergraben hatte, sieht man aber bereits, wenn man einen Blick durch die Einfahrt auf die Fassade des Hauses wirft. Meist waren Burgen komplett aus Stein gebaut und Bauernhäuser oft auch aus Holz. Doch bei dieser Bauweise ist unten eine Steinmauer zu sehen, „ein Meter stark“, so Volker Frielinghaus. Und darüber wunderschönes Fachwerk.