Mülheim. . Wobei es bei der Gebärdensprache ankommt, was ein guter „Handsprachler“ kann und warum auch Gesten klingen.
Bei diesem Beruf ist jeder Fingerzeig von Bedeutung. Susanne Schramm sprach mit Kira Knühmann-Stengel (51), die vor elf Jahren in Mülheim zusammen mit Klaus Meinhold (52) die Gebärdensprachdolmetscher-Agentur „transignum“ gründete. Das ist Lateinisch und bedeutet „mittels Zeichen“. Ein Gespräch über Hände, die Zeichen setzen.
Wieso lassen Sie professionell Ihre Hände sprechen?
Kira Knühmann-Stengel: Ich habe einfach überlegt, was ich gerne beruflich machen würde und war fasziniert von der Sprache. Viele Kollegen, auch Klaus Meinhold, mit dem ich die Agentur gegründet habe, sind Kinder gehörloser Eltern. Sie kommen so schon früh in Kontakt mit dieser Sprache. Das war bei mir nicht der Fall. Die jetzige Generation ist durch das Fernsehen vertrauter mit Gebärdensprache als früher. Ich selbst habe 15 Jahre lang „Die Tagesschau“ bei Phönix gedolmetscht.
Welche „Handreichungen“ zählen zu den Aufgabengebieten Ihrer Agentur?
Wir vermitteln Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher, wir sind eine Gebärdensprachschule und in der Familienhilfe tätig. Wir arbeiten in allen Lebenslagen, von der Wiege bis zur Bahre, von Geburten bis hin zu Beerdigungen. Wir dolmetschen bei Elternabenden in Kindergärten, in Schulen, an Universitäten, Berufsschulen und in Betrieben, auch bei der Gerichts- und bei der Polizeiarbeit oder in der Politik sind wir gefragt.
Ist es schwer, zu lernen, sich sprachlich mit den Händen auszudrücken?
Man muss das erlernen wie jede andere Fremdsprache auch. Das heißt nicht nur Vokabel pauken, sondern üben, üben, üben. Je mehr Kontakte man zu gehörlosen Menschen hat, desto besser. Ich bin kein Freund dieser „Einmal-die-Woche-VHS-Kurse“ – um das richtig zu lernen, muss man ständig untereinander gebärden. Mit einwöchigen Kompaktkursen vermitteln wir Grundkenntnisse – danach können Sie ,Hallo’ sagen, sich vorstellen oder jemanden fragen, wie es ihm geht. Wer das hauptberuflich machen will, muss nach dem Abitur auf die Uni gehen.
Kann man wirklich alles mit den Händen sagen?
Alle Möglichkeiten, die es in der Lautsprache gibt, gibt es in der Gebärdensprache auch. Man kann dadurch auch Ironie oder Erheiterung ausdrücken – die Mimik spielt in jedem Fall eine wichtige Rolle. Sonst wär’ s ja auch eine ganz dröge Sache. Es kommt auch darauf an, wie man das rüber bringt. Ob man wild und schnell dolmetscht oder ganz ruhig, im Stakkato oder eher fließend. Das ist vergleichbar mit dem Tonfall gesprochener Sprache.
Was muss ein guter „Handsprachler“ mitbringen? Welche Talente braucht es?
Die Hände müssen gesund sein, und man muss ein Talent für Körpersprache haben. Einfühlsame Menschen sind generell besser geeignet. Unser Beruf ist sehr frauenlastig, es gibt überwiegend Gebärdensprachdolmetscherinnen. In unserem Team haben wir einen Gebärdensprachdolmetscher und zwei weitere in Ausbildung. Die Frauen sind dennoch in der Überzahl.
Für Anfänger, die etwas lernen wollen: Wie sagt man in Gebärdensprache ,Guten Tag’?
Sie bilden mit Daumen und Zeigefinger der dominanten Hand ein ,O’, beide Finger berühren sich an den Spitzen. In Augenhöhe Richtung des Gegenübers halten und dabei lautlos und deutlich das Wort ,Guten’ sprechen. Dann das ,O’ wieder öffnen und die Finger auseinander spreizen, wie einen Fächer, die Handaußenfläche zeigt in Richtung des Gegenübers. Auch wieder auf Augenhöhe. Dabei lautlos und deutlich ,Tag’ sagen. All das 30 Zentimeter vor dem Körper ausführen.