Chirbat al-Minja. Ein Mosaik in Grün, Gelb und Rot bedeckte den Boden. Die Wände bestanden aus schwarzem Basalt und weißem Kalkstein. Über dem Eingangstor wölbte sich ein verzierter Steinbogen bis auf 15 Metern Höhe. In der Moschee trugen Säulen die Decke, fast wie in einer kleinen Kathedrale. „Das waren Profis“, sagt Hans-Peter Kuhnen über die Bauherren aus dem 8. Jahrhundert.

Chirbat al-Minja. Ein Mosaik in Grün, Gelb und Rot bedeckte den Boden. Die Wände bestanden aus schwarzem Basalt und weißem Kalkstein. Über dem Eingangstor wölbte sich ein verzierter Steinbogen bis auf 15 Metern Höhe. In der Moschee trugen Säulen die Decke, fast wie in einer kleinen Kathedrale. „Das waren Profis“, sagt Hans-Peter Kuhnen über die Bauherren aus dem 8. Jahrhundert.

Der Archäologe von der Universität Mainz blickt auf den Kalifenpalast Chirbat al-Minja am Ufer des Sees Genezareth in Israel - oder besser auf seine Überreste. Von der alten Pracht zeugen nur noch Steinreihen. Noch bis in die kommende Woche restaurieren israelische Arbeiter unter Kuhnens Anleitung einen Teil der Ruine. Doch die Frage ist: Wie geht es danach weiter?

Palast wurde durch einErdbeben schwer beschädigt

Entweder Kalif Walid I. oder Kalif Walid II. ließen den Palast am Nordwestufer in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts erbauen. Damals herrschten die Omajaden von Damaskus aus auch über das Gebiet des heutigen Israel. „Chirbat al-Minja ist in der Tat das einzige omajadische Wüstenschloss des Staates Israel, das man besichtigen kann“, sagt Kuhnen - ein Zeugnis frühislamischer Baukunst im Heiligen Land. Ähnliche Bauten gab es auch im heutigen Syrien und bei Jericho im Westjordanland.

Chirbat al-Minja war quadratisch angelegt, etwa 70 auf 70 Meter, mit Ecktürmen. Zumindest das Erdgeschoss soll fertiggestellt gewesen sein. Vermutlich 749 wurde der Bau allerdings durch ein Erdbeben massiv beschädigt.

Später nutzten Händler die Palast-Ruine. Keramikfunde wahrscheinlich aus dem 9. oder 10. Jahrhundert deuten daraufhin, ebenso wie ein nur zwölf Millimeter großes Glasgewicht. Auf dem Gewicht steht „Ehre Allah“ auf Arabisch. Es wurde möglicherweise zum Wiegen von Gewürzen verwendet.

Mindestens bis Ende des 15. Jahrhunderts wurde an gleicher Stelle wiederum Zuckerrohr verarbeitet. Das Süßgras aus den angrenzenden Plantagen wurde auf einem Siedeofen zwischen den Palastwänden eingekocht - und später als Zucker verkauft.

Die Überbleibsel des Palastes wurden über die Jahrhunderte allerdings weitgehend verschüttet. Wohl in der Hoffnung, die Steinreste seien ein Zeugnis biblischer Geschichten, kaufte 1895 der Deutsche Verein vom Heiligen Lande in Köln das Grundstück. Als sich bei Ausgrabungen in den 1930-er Jahren jedoch herausstellte, dass es sich um ein frühislamisches Bauwerk handelte, investierte der christliche Verein nicht mehr großzügig in eine Restaurierung.

Das Eingangstor besteht nur noch aus einem Nord- und einem Südteil, der Bogen dazwischen ist eingestürzt. Der Mosaikboden liegt absichtlich unter Erde begraben, zum Schutz vor Regen, Kälte und Hitze. Schilder warnen an verschiedenen Stellen: „Danger“ (Gefahr) und „No passage" (Kein Durchgang).

Jeder kann die Stätte besichtigen, wenn er sie findet. Schilder an der Hauptstraße weisen zwar etwa auf die nahegelegene Brotvermehrungskirche hin, nicht aber auf die Palast-Ruine.

Kuhnen träumt davon, den Ort Besuchern mit Erklärungen zu präsentieren. „Man kann hier ganz viele Aspekte der Landesgeschichte zeigen“, sagt der 63-Jährige. Doch das Problem ist: Wer zahlt dafür? Kuhnen, der leitender akademischer Direktor am Institut für Altertumswissenschaften der Universität Mainz ist, schätzt mögliche Kosten vorsichtig auf rund 1,6 Millionen Euro.

Die mangelnde Pflege des Geländes schiebt Lorenz Korn, Archäologie-Professor an der Universität Bamberg, auch auf die politische Situation. „Islamische Archäologie in Israel hat es nicht immer leicht“, sagt der Experte für islamische Kunstgeschichte. Dabei hält er die Stätte ebenfalls für außergewöhnlich.

Georg Röwekamp vom Deutschen Verein vom Heiligen Lande spricht sich zwar für eine ansprechende Präsentation aus. Allerdings: „Das erfordert alles Mittel, die der Verein nicht einfach in der Portokasse hat.“

Die Israelische Behörde für Natur und Parks verwaltet das Gelände - und hält wiederum eine Präsentation als archäologische Stätte für nicht wirtschaftlich. Dafür brauche es mindestens 50 000 Besucher pro Jahr, sagt der leitende Archäologe Tzvika Tzuk.

Als erstes will Kuhnen aber vor allem die Ruine vor dem weiteren Verfall retten. Aktuell spritzen Arbeiter speziellen Mörtel in die Wände. „Sie sehen, hier ist echt Gefahr im Verzug“, sagt der Archäologe und zieht ein Stück Kalkstein an einer Mauer ab. Der Palast bröselt.