Essen. . Willst du mein Freund sein? Die meisten Kinder sind schnell im Schließen und Beenden von Freundschaften. Doch was tun, wenn’s nicht so klappt?

Nicht nur Erwachsene haben ein mulmiges Gefühl bei ihrem ersten Tag, etwa in der neuen Firma: Wie werden die anderen auf mich reagieren? Werde ich Gleichgesinnte finden? Kindern geht es genauso, wenn sie nach den Ferien vom Kindergarten in die Grundschule wechseln oder von dort auf die weiterführende Schule. Erleichtert atmen sie auf, wenn Kameraden in der neuen Klasse sind, die sie noch von früher kennen und mit denen sie sich zumindest irgendwie verstehen. „Das sortiert sich nach ein paar Wochen meist alles neu, aber erst einmal sind sie und die Eltern erleichtert, dass das Kind jemanden kennt“, sagt der Psychologe Horst Heidbrink. Trotzdem kann es sein, dass es Jungen und Mädchen auch dann schwerfällt, Freundschaften zu schließen.

„Wir müssen als Kinder erst lernen, was Freundschaft ist.“ Diese Beziehung zu Gleichaltrigen ist schließlich etwas ganz anderes als die zu den Eltern. Sie ist nicht selbstverständlich. Und obwohl die meisten Kinder Freunde finden, gelingt es nicht allen. „Auch für Eltern ist es manchmal schwer, mit anzugucken, wenn ein Kind nachmittags immer alleine zu Hause sitzt oder zum Geburtstag kein anderes Kind kommt.“

Sei doch nicht so schüchtern! Mit solchen Sätzen bewirken Eltern das Gegenteil: Ihr Kind zieht sich noch mehr zurück.
Sei doch nicht so schüchtern! Mit solchen Sätzen bewirken Eltern das Gegenteil: Ihr Kind zieht sich noch mehr zurück. © Getty Images/iStockphoto

Willst du mein Freund sein? Eine Frage, die Erwachsenen so gut wie nie mehr über die Lippen geht, ist bei ganz kleinen Kindern selbstverständlich. „Die meisten kleinen Kinder schließen sehr schnell Freundschaften, beenden sie aber auch genauso schnell wieder“, sagt Heidbrink. Nämlich dann, wenn es zum ersten Streit kommt. „Kinder stellen manchmal schmerzhaft fest, dass die kleinen Freunde nicht immer so nett sind, dass sie eher aggressiv reagieren, wenn man ihnen das Spielzeug wegnimmt.“

Kinder müssten erst erfahren, dass ein Streit nicht gleich das Ende einer Freundschaft sein muss und dass eine Balance aus Geben und Nehmen dazu gehört. Und dass Freunde nicht exklusiv sind: „Da ist ein Mädchen todtraurig, weil sich die beste Freundin plötzlich auch mit einem anderen Mädchen trifft.“ Eltern wundert das vielleicht. Aber Eifersucht und Ausschließlichkeitsanspruch gehören häufig zu Kinderfreundschaften. Kinder müssen erst lernen, dass sie mehrere Freunde haben können.

Aber wie kann man Kinder darin unterstützen, Freunde zu finden – und zu behalten?

Das kommt auf die Altersstufe an. Im Kindergartenalter können die Eltern etwas arrangieren: „Es ist hilfreich, wenn sie dafür sorgen, dass die Kinder sich mit anderen verabreden – oder sie können selbst gemeinsame Aktivitäten schaffen. Jetzt bei dem schönen Wetter kann man ja im Garten ein Schwimmbecken aufbauen. Oder man kann die Kinder mit Puppen oder Autos spielen lassen. Damit werden ganz einfach Beziehungen entstehen“, sagt Sozialpädagoge und Erziehungsberater Udo Hartings aus Willich.

Gleichgesinnte in Vereinen

Später kommt die Schule als verbindendes Element hinzu, auch über das Thema Leistung. Doch zusätzlich spielen in diesem Alter Vereinsaktivitäten eine Rolle: Fußball, Tanzen, Schwimmen, Reiten, Theaterspielen. „Dort haben die Kinder mehr Möglichkeiten, mit anderen zusammenzukommen und zu sehen: Es gibt jemanden, mit dem ich mich verstehe“, so Hartings.

Und was soll man tun, wenn Kinder so schüchtern sind, dass sie keinen Kontakt aufnehmen? Manche Eltern meinen ja, sie müssten die Kinder verbal anschubsen. „Das Kind gerät dadurch nur mehr unter Druck. Stellen Sie sich vor: Wenn die schon schüchtern sind, kriegen sie die Aufforderung ,Leg mal deine Schüchternheit ab’. Was macht man da? Man zieht sich ins Schneckenhaus zurück.“ Stattdessen bringt es oft etwas, Kinder nicht mit-, sondern nur nebeneinander spielen zu lassen. Früher oder später werden sie kommunizieren. Auch Geduld kann Freundschaft schmieden.