Bergkamen. Der Landschaftsarchitekt Peter Drecker aus Bottrop gestaltet die höchste Erhebung im Kreis Unna, die zugleich eine der größten Halden im Revier ist.

„Wie auf einem Segelschiff“, sagt Peter Drecker, während sein Blick über die Aussichtsplattform schweift. Rundherum türmen sich natürlich keine Wellen auf, dafür blau-graue Wolken. Das Fundament aus hellem Sichtbeton – zwei ineinander verschränkte ovale Flächen – bilden quasi das „Schiffsdeck“. Der Landschaftsarchitekt hat es mitgeplant. Wie so vieles auf der höchsten Erhebung im Kreis Unna. Seit über zehn Jahren gestaltet Drecker zusammen mit seinem Team die Halde Großes Holz in Bergkamen. Sein Ziel liegt aber noch in der Ferne.

Der „Mast“ in der Mitte des Aussichtsdecks ist bei diesem „Schiff“ nicht aus Holz. Die Künstler-Brüder Dirk und Maik Löbbert haben die Säule geschaffen, die rund 30 Meter hoch in den Himmel ragt. Ihre Skulptur „Impuls“ ist seit dem Kulturhauptstadtjahr von weitem aus zu sehen. Auch am Abend, wenn die rund 14.000 Leuchtdioden pulsieren. Die Aussichtsplattform ließ der Regionalverband Ruhr (RVR) im vergangenen Jahr für 1,2 Millionen Euro bauen, auf dem höchsten Punkt und dem ältesten Teil der Halde, auf der „Adener Höhe“. Von diesem Plateau aus wird der Besucher mit einem sehr weiten, wunderschönen Blick belohnt, ins östliche Ruhrgebiet.

Die höchste Erhebung im Kreis Unna: Die „Adener Höhe“ – der Gipfel der Halde – mit der Landmarke „Impuls“ der Künstler-Brüder Maik und Dirk Löbbert.
Die höchste Erhebung im Kreis Unna: Die „Adener Höhe“ – der Gipfel der Halde – mit der Landmarke „Impuls“ der Künstler-Brüder Maik und Dirk Löbbert. © Volker Hartmann

Beim Aufstieg orientiert er sich an dem „Leuchtturm“. Davon gibt es nicht nur einen auf der Halde, sondern gleich neun: Blau schimmernde Plexiglashauben stehen auf langen, wie tänzelnd wirkenden Beinen aus Stahl. Die Lampen heißen tatsächlich „Blaue Leuchttürme“. Sie säumen den Weg auf der Halde, die neben Hoheward in Herten flächenmäßig zu den größten im Ruhrgebiet zählt.

Die Farbe Blau spielt dort eine besondere Rolle: Das „Blaue Band“ in Bergkamen – ein Wasser- und Mosaikverlauf – spannt sich weiter über die Halde. Als Lichttupfer, die die „Blauen Leuchttürme“ im so genannten „Korridorpark“ von Ost nach West setzen, und als pflanzliches Farbspiel: „Blaues Staudenband“ wird ein Hügelhang genannt. Lavendel wächst dort, zurzeit blühen „Fiederschnittige Perowskie“ oder „Caryopteris clandonensis“ – besser zu merken als „Bartblume“.

Blaue Stauden waren eine Herausforderung

„Gelb wäre einfacher gewesen“, gibt Drecker zu, während er sich ans bärtige Kinn fasst. „Weil viele Stauden gelb sind.“ Der 61-Jährige aus Bottrop-Kirchhellen schaut von einem weiteren Aussichtspunkt auf halber Haldenhöhe hinab auf den bepflanzten Hang. Die „Blaue Bastion“ wird diese Plattform genannt. Gabionen umranden sie: Die Mauerkörbe sind jedoch nur teils mit Steinen gefüllt, ein Großteil besteht aus recyceltem Glas – natürlich blauem Glas.

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Etwas höher auf dem Hügel steht eine Webcam, die auf einen der Leuchttürme hinunterschaut. (Im Internet war jedoch nur ein Standbild zu sehen). Viele Pläne hatte und hat man für diese Halde. Trotzdem scheint sie nicht fertig zu werden. „Eine Halde ist immer im Wandel“, sagt Drecker. Der Eigentümer RVR ist dabei, den Boden der „Blauen Bastion“ zu erneuern. Nicht jeder Weg soll asphaltiert werden, aber die schöneren Schotter-Split-Wege sind auch anfälliger. Ein Fahrradfahrer kommt den Hügel hinab, bremst, um die Kurve zu nehmen. „Radfahrer hinterlassen beim Bremsen Spuren in den Wegen, durch die dann das Regenwasser fließt. So entstehen Erosionsrinnen“, erklärt Drecker. Genauso problematisch seien die Stöcke von Nordic Walkern, die die Wege akupunktieren.

Der Landschaftsarchitekt Peter Drecker auf der „Blauen Bastion“ – einem Aussichtspunkt der Halde mit den Blauen „Leuchttürmen“.
Der Landschaftsarchitekt Peter Drecker auf der „Blauen Bastion“ – einem Aussichtspunkt der Halde mit den Blauen „Leuchttürmen“. © Volker Hartmann

Manche Pflanzen, die das Staudenband bilden sollten, sind leider nicht mehr zu sehen. „Pflanzen tun nicht immer das, was man selbst will“, sagt Drecker lachend. Er freut sich über die wilden Blumen. „Ich fände es gut, wenn man die schwachen Arten mehr unterstützen würde, damit nicht nur die dominanten kommen.“ Also statt Brennnesseln lieber der Goldrute Platz geben.

Wichtig sei, dass die „Gestaltungspunkte“ auf der Halde vom Grün befreit sind. Drecker zeigt auf die weiß-graue Treppe, die man als Abkürzung hoch zum Gipfel nehmen kann und die nicht bewachsen ist. „Es sieht schön aus, wenn man so ein paar Dinge hervorhebt.“

Die weiß-graue Treppe zum Haldentop ist vom wuchernden Grün befreit – und wird so noch mehr hervorgehoben.
Die weiß-graue Treppe zum Haldentop ist vom wuchernden Grün befreit – und wird so noch mehr hervorgehoben. © Volker Hartmann

Drei Männer mit verschwitzten Gesichtern laufen die Treppe hoch. Wie viele Stufen hat sie? „193“, meint der erste. „196“, keucht der zweite, „192“ will der dritte gelaufen sein. Wie viele Stufen sie wohl zählen, wenn sie die Treppe erneut hochjoggen? Erstmal machen sie eine „Pause“ auf dem Gipfel – Liegestütze. Ein Junge genießt derweil den Wind in seinem Gesicht. Sein Skateboard nimmt von dort oben so viel Fahrt auf, dass er nach ein paar Metern Halt suchend abspringt. Das Board fährt weiter auf die Bäume zu.

Dass die hohen Bäume an manchen Stellen die Aussicht versperren, stört Drecker nicht. „Wichtig sind Sichtachsen, die sind hochspannend.“ Und so blickt man durch die Waldschneise von der „Adener Höhe“ hinab. Dort unten steht ja noch einer der blauen Leuchttürme! „Wiedererkennung ist ein altes Garten-Gestaltungselement“, sagt Drecker schmunzelnd, der einst den Ruhrkohle-Wettbewerb für die Landschaftsplanung der Halde gewonnen hat. Auch ein Zickzack-Weg ist von oben zu erkennen, der ebenfalls zum Korridorpark gehört und hinter dem das „Baumplateau“ zu sehen ist. Dort stehen Bäume, Sorte für Sorte, dicht zusammen: „Kiefern oder Bäume mit gelb-roter Herbstfärbung, auch graulaubige Weiden“, zählt Drecker auf. Einst wuchs an dieser Stelle ein Buchenwald, dessen Ausläufer heute den Beversee umrandet. Er gab der Halde Großes Holz den Namen.

Von der Halde aus kann man die Frachtschiffe auf dem Datteln-Hamm-Kanal beobachten.
Von der Halde aus kann man die Frachtschiffe auf dem Datteln-Hamm-Kanal beobachten. © Volker Hartmann

Eine Halde zu gestalten, sei schon etwas anderes als zum Beispiel einen Stadtpark. „Man muss mit Höhenverhältnissen umgehen“, so Drecker, zumal es sich bei dem künstlichen Hügel in Bergkamen eigentlich um eine hügelige Haldenlandschaft handelt. Die Zechen Monopol und Haus Aden türmten dort ihr Bergematerial auf.

Der Nordteil der Halde ist auch deshalb noch nicht fertig, weil dort weiterhin geschüttet wird. Für diesen Bereich hat Drecker ebenfalls Pläne. Er träumt von einer „Naturarena“, in der Menschen unter freiem Himmel Konzerten lauschen. Ende des Jahrzehnts soll sie fertig sein. Drecker lacht: „Ich wollte dort schon immer Pink Floyd spielen lassen.“

Halden im Ruhrgebiet

Die Halden im Ruhrgebiet sind ideale Rückzugsorte, um vor dem Großstadtrummel einmal zu entkommen und um das so oft als grau bezeichnete Ruhrgebiet mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Hier zu sehen der Aussichtsbalkon im Landschaftspark der Halde Hoheward in Herten.
Die Halden im Ruhrgebiet sind ideale Rückzugsorte, um vor dem Großstadtrummel einmal zu entkommen und um das so oft als grau bezeichnete Ruhrgebiet mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Hier zu sehen der Aussichtsbalkon im Landschaftspark der Halde Hoheward in Herten. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Service
Ebenso auf der Halde Hoheward: das markante Horizontobservatorium. Es besteht aus zwei riesigen Stahlbögen und einem in der Mitte liegenden Platz.
Ebenso auf der Halde Hoheward: das markante Horizontobservatorium. Es besteht aus zwei riesigen Stahlbögen und einem in der Mitte liegenden Platz. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Service
Die Halde Rungenberg in Gelsenkirchen ist die Hinterlassenschaft der Zechen Hugo und Ewald.
Die Halde Rungenberg in Gelsenkirchen ist die Hinterlassenschaft der Zechen Hugo und Ewald. © Martin Möller / FUNKE Foto Service
Zwei steile Dreiecks-Pyramidenhälften, die aus dunklem Abraum bestehen und damit von der begrünten Halde sehr deutlich hervorstechen, sind ein Teil der Halde Rungenberg.
Zwei steile Dreiecks-Pyramidenhälften, die aus dunklem Abraum bestehen und damit von der begrünten Halde sehr deutlich hervorstechen, sind ein Teil der Halde Rungenberg. © Hans Blossey
An der Stadtgrenze zwischen Essen und Gelsenkirchen steht die etwa 50 Meter hohe Schurenbachhalde. Oben befindet sich eine große, elliptisch geformte und nach oben gewölbte Oberfläche aus dunklem Abraum.
An der Stadtgrenze zwischen Essen und Gelsenkirchen steht die etwa 50 Meter hohe Schurenbachhalde. Oben befindet sich eine große, elliptisch geformte und nach oben gewölbte Oberfläche aus dunklem Abraum. © Dirk Bauer / FUNKE Foto Service
Auf dem höchsten Punkt der Schurenbachhalde steht ein 67 Tonnen schweres, gegossenes Stück Stahl mit einer Höhe von 15 Metern und einer Dicke von etwas mehr als zehn Zentimetern.
Auf dem höchsten Punkt der Schurenbachhalde steht ein 67 Tonnen schweres, gegossenes Stück Stahl mit einer Höhe von 15 Metern und einer Dicke von etwas mehr als zehn Zentimetern. © Sebastian Konopka / FUNKE Foto Service
Auf dem Gipfel der Halde Beckstraße in Bottrop befindet sich der offiziell als »Haldenereignis Emscherblick« betitelte Tetraeder. Es ist ein auf Säulen stehendes etwa 50 Meter hohes Stahlgerüst in Form einer vierseitigen Pyramide.
Auf dem Gipfel der Halde Beckstraße in Bottrop befindet sich der offiziell als »Haldenereignis Emscherblick« betitelte Tetraeder. Es ist ein auf Säulen stehendes etwa 50 Meter hohes Stahlgerüst in Form einer vierseitigen Pyramide. © dpa
Über Treppen kann der Besucher auf mehrere Plattformen innerhalb der Pyramide klettern. Der Tetraeder ist tags wie nachts von Weitem gut sichtbar und zu einer wichtigen Landmarke im Ruhrgebiet geworden. Außerdem werden die Halden im Bottroper Gebiet noch anderweitig genutzt, wie hier mit dem Alpincenter.
Über Treppen kann der Besucher auf mehrere Plattformen innerhalb der Pyramide klettern. Der Tetraeder ist tags wie nachts von Weitem gut sichtbar und zu einer wichtigen Landmarke im Ruhrgebiet geworden. Außerdem werden die Halden im Bottroper Gebiet noch anderweitig genutzt, wie hier mit dem Alpincenter. © Hans Blossey
Die ehemalige Abraumhalde Rheinpreußen gehörte zur gleichnamigen Zeche in Moers und wurde zu einem idealen Ausflugsziel für Naturfreunde.
Die ehemalige Abraumhalde Rheinpreußen gehörte zur gleichnamigen Zeche in Moers und wurde zu einem idealen Ausflugsziel für Naturfreunde. © Sebastian Konopka / FUNKE Foto Services
Mitten auf der Halde Rheinpreußen steht eine knallrote, etwa 30 Meter hohe Grubenlampe, das so genannte Geleucht.
Mitten auf der Halde Rheinpreußen steht eine knallrote, etwa 30 Meter hohe Grubenlampe, das so genannte Geleucht. © Sebastian Konopka / FUNKE Foto Services
Eine der östlichsten Halden dieser Art ist die Halde Schwerin, die zur ehemaligen Zeche Graf Schwerin im gleichnamigen Ortsteil von Castrop-Rauxel gehört.
Eine der östlichsten Halden dieser Art ist die Halde Schwerin, die zur ehemaligen Zeche Graf Schwerin im gleichnamigen Ortsteil von Castrop-Rauxel gehört. © Hans Blossey
Auf ihr wurde eine Sonnenuhr aus 24 meterhohen Stahlsäulen errichtet. Das Areal sowie die Zugänge wurden exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet.
Auf ihr wurde eine Sonnenuhr aus 24 meterhohen Stahlsäulen errichtet. Das Areal sowie die Zugänge wurden exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. © Hans Blossey
Mit der hoch aufragenden Himmelstreppe aus alten Betonblöcken am höchsten Punkt besitzt die Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen eine besondere und eindrucksvolle Landmarke von Herman Prigann.
Mit der hoch aufragenden Himmelstreppe aus alten Betonblöcken am höchsten Punkt besitzt die Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen eine besondere und eindrucksvolle Landmarke von Herman Prigann. © Wolfgang Berke
Vom Plateau auf dem hervorstechenden Spiralberg hat man einen weiten Blick über das Ruhrgebiet.
Vom Plateau auf dem hervorstechenden Spiralberg hat man einen weiten Blick über das Ruhrgebiet. © Wolfgang Berke
Die nach einer Schachtanlage bezeichnete Halde Norddeutschland ist von der flächenmäßigen Ausdehnung her mit Abstand die größte Halde im Niederrheinischen Tiefland und bietet weite Aussichten in die Umgebung von Neukirchen-Vluyn.
Die nach einer Schachtanlage bezeichnete Halde Norddeutschland ist von der flächenmäßigen Ausdehnung her mit Abstand die größte Halde im Niederrheinischen Tiefland und bietet weite Aussichten in die Umgebung von Neukirchen-Vluyn. © Hans Blossey
Oben erwartet den Besucher der Halde Norddeutschland der vereinfachte Nachbau eines Hallenhauses.
Oben erwartet den Besucher der Halde Norddeutschland der vereinfachte Nachbau eines Hallenhauses. © Marc Albers
Die Halde Haniel ist die derzeit höchste zugängliche Bergehalde im Ruhrgebiet. Von der Basis führt heute ein Kreuzweg mit fünfzehn Stationen die Halde hinauf.
Die Halde Haniel ist die derzeit höchste zugängliche Bergehalde im Ruhrgebiet. Von der Basis führt heute ein Kreuzweg mit fünfzehn Stationen die Halde hinauf. © Birgitt Schweizer / FUNKE Foto Service
Auf dem höchsten Punkt steht eine Kunst-Installation aus einer Reihe bunt bemalter Bahnschwellen. In einem tiefen Kessel liegt mitten auf der Halde in windgeschützter Lage ein kleines Amphitheater.
Auf dem höchsten Punkt steht eine Kunst-Installation aus einer Reihe bunt bemalter Bahnschwellen. In einem tiefen Kessel liegt mitten auf der Halde in windgeschützter Lage ein kleines Amphitheater. © Winfried Labus / FUNKE Foto Services
Die Halde bei Bergkamen gehört zu den höchsten des Ruhrgebiets und bildet eine Erlebnislandschaft. Sie besteht thematisch heute aus dem Aussichtspunkt Adener Höhe und dem Korridorpark.
Die Halde bei Bergkamen gehört zu den höchsten des Ruhrgebiets und bildet eine Erlebnislandschaft. Sie besteht thematisch heute aus dem Aussichtspunkt Adener Höhe und dem Korridorpark. © Hans Blossey
Im Kern ist dies ein langgestreckter Park, der mit blauen Türmen aus Stahl und Plexiglas ein blaues Band von West nach Ost bis zur Stadtmitte Bergkamens bildet und mit Wassergräben und Teichen ein besonderes Hochplateau bietet.
Im Kern ist dies ein langgestreckter Park, der mit blauen Türmen aus Stahl und Plexiglas ein blaues Band von West nach Ost bis zur Stadtmitte Bergkamens bildet und mit Wassergräben und Teichen ein besonderes Hochplateau bietet. © FUNKE Foto Services
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