Essen. Benjamin Eisenbergs politisches Kabarett kann bitterböse werden. Doch genauso gut beherrscht er es, mit anderen Komikern reinen Unsinn zu treiben.
Mit den ganz großen Anpreisungen sollte man ja äußerst vorsichtig umgehen. Wie leicht nimmt man seinen Mund ein bisschen zu voll. Und dann? Enttäuschte Gesichter. Oder das Allerschlimmste: das triumphierende Lächeln eines Besserwissers. Dennoch muss man im Fall von Benjamin Eisenberg wohl eine Ausnahme wagen. Denn Benjamin Eisenberg ist – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – der bekannteste Comedian und Entertainer aus ganz Bottrop Mitte-Süd. Auch wenn der Künstler selbst da gleich wieder ein wenig abwiegelt: „Ja, es ist wahr, ich komme aus Bottrop, was oftmals schon die erste Pointe im Programm ist.“
Aber nicht hier, nicht an diesem Abend. Denn wir besuchen Benjamin Eisenberg quasi in seinem zweiten Wohn-... oder sagen wir lieber Arbeitszimmer, im Saal der Bottroper „OT-Eigen“, einer Einrichtung der evangelischen Jugendarbeit. Dort ist er einmal im Monat selbst Gastgeber bei der „Comedy im Saal“, einer so gut wie stets hübsch ausverkauften Show im Late-Night-Gewand. „Hier ist heute Abend..., ich sage immer, Kindergeburtstag: experimentelle Unterhaltung, eine Mischung aus Kabarett und Comedy. Irgendwo zwischen politischem Anspruch und völligem Nonsens. Hier passiert alles! Es sind schon Torten geflogen, aber es waren auch hochkarätige Leute aus der Kabarettszene hier, die bitterböse Sachen gemacht haben.“
VHS-Kurs für die Merkel-Parodie
Wobei Letzteres kaum überraschen dürfte, denn Eisenberg, der als Moderator souverän, smart und fast schon seriös durch den Abend gleitet, ist mit allen Wassern des politischen Kabaretts gewaschen. Er kommentiert GroKo-Tollheiten genauso bissig wie die neuesten Steuerhinterziehungen. Und hat trotz eines eklatanten Mangels an Ähnlichkeit eine sehr gelungene Merkel-Parodie drauf... Ja, er geht sogar so weit, dass er auf der Bühne einen VHS-Kurs für eine Merkel-Parodie gibt.
Wobei Merkel eine der nicht allzu häufigen Konstanten in seinem Solo-Programm „Im Visier“ ist. „Ich spiele das seit 2010 in immer aktualisierter Form – und ich fürchte, ich muss es über 2017 hinaus spielen, solange Angela Merkel im Amt bleibt. Ein weiterer Teil hat einen festen Block, da geht es um Sicherheit und Terror. Dieser Teil des Programms wird von den Medien selbst seit Monaten auf dem neuesten Stand gehalten. Und dann gibt es einen Block, den nenne ich mal historisches Kabarett, der auf die Regierungschefs abzielt, die wir seit der Gründung der Bundesrepublik hatten.“ Denn wer würde behaupten, dass man heute nicht mehr über Kohl oder Schmidt lachen kann? Eisenberg gewiss nicht.
Man muss auch mal einen Witz machen
Andererseits . . . Darf man über so richtiges politisches Kabarett überhaupt lachen? „Jeder hat ja einen anderen Begriff vom politischen Kabarett. Der eine sagt: Das muss ja total bitterböse sein, da darf man gar nicht lachen. Der andere sagt: Man muss auch im politischen Kabarett lachen dürfen.“ Gemäß Jürgen Beckers Spruch: „Kabarett gut und schön, aber man muss auch mal einen Witz machen!“ So sieht es auch Eisenberg: „Ich versuche das so zu handhaben, dass die Leute Spaß haben – wir aber auch über andere Themen reden als über Männer und Frauen.“
Ein halbes Leben auf der Bühne
Diese Abneigung gegen allzu Plumpes mag auch daran liegen, dass der heute fast 33-Jährige schon ziemlich genau sein halbes Leben lang auf der Kabarett-Bühne steht – und zu seinen Anfängen war die Comedy-Landschaft noch eine andere. „Selbst auf die Bühne gekommen bin ich noch zu Realschulzeiten. Ich habe damals die ganzen Comedy-Formate geguckt und habe gedacht: Wäre nicht schlecht, wenn man das auch machen könnte. Und noch besser wäre es, wenn man damit sogar Geld verdienen könnte. Und Comedy im Saal kam vier, fünf Jahre später. Der Kollege Ludger K. und der Kollege André Urban, wir haben diese Show damals hier gegründet in Bottrop.“ Das ist auch schon wieder über 13 Jahre her, in Bottrop ist die „Comedy im Saal“ also längst eine Institution. Seit fünf Jahren macht Eisenberg alleine den Gastgeber.
Obwohl: Das Arbeiten mit Kollegen scheint ihm im Blut zu liegen. Der Teamplayer steht beim „Kabarett im Doppelpack“ mit Matthias Reuter auf der Bühne, fünf Mal pro Jahr ist er bei der Mixshow „Nachgewürzt“ im Oberhausener Zentrum Altenberg, zudem macht er „Kabarett im Hof“ in Kirchhellen, was, wie Einheimische wissen, keineswegs zu Bottrop gezählt werden sollte.
„Very important Bottropers“
In der „OT-Eigen“ hingegen hat Eisenberg tatsächlich ein Heimspiel. Ein Team von gut zehn Leuten sorgt, teils ehrenamtlich, für den reibungslosen Ablauf. Schon wegen des Lokalkolorits. Denn eine unveräußerliche Rubrik jedes Abends ist der VIB-Gast. „VIB steht für ,Very important Bottropers’. Da kommen Persönlichkeiten aus der Stadt auf meine Couch, die hier etwas machen und bewegen.“ Aber ist man mit den sehr wichtigen Bottropern nicht nach fünf Folgen am Ende? „Tatsächlich findet man, in der Zeitung, immer wieder sehr interessante Bottroper.“
Einen Vorgeschmack auf den Februar mag er geben, denn dann rückt der „All Woman Chor“ unter Ruth Miketta an. Damit erfüllt sich Eisenberg einen Herzenswunsch: „Ich wollte mich einmal im Leben fühlen wie Gerburg Jahnke! An diesem Abend werden nur Damen auftreten – also, jetzt außer meiner Person.“
- Solo„Im Visier“: 17.1. Düsseldorf, Takelgarn; 6.5. Bonn, Pantheon; 13.5. Düsseldorf, Takelgarn
- Kabarett im Doppelpack(mit Matthias Reuter): 15.4. Düsseldorf, Takelgarn; 16.4. Witten, Werkstatt; 25.4. Remscheid, Kulturwerkstatt, 29.4. Bonn, Pantheon, 29.5. Bochum, Zauberkasten.
- Mix-Show„Nachgewürzt“, 23.1. (20 Uhr) und 24.1. (16 u. 20 Uhr) im Zentrum Altenberg Oberhausen.