Paderborn/Priestewitz. Intilion liefert für Deutschlands neuestes Hybrid-Solarkraftwerk entscheidende Technik. Warum Hoppecke-Tochter Asien-Konkurrenz nicht fürchtet.

Ein „Sonnenacker“. Solarmodule so weit das Auge reicht. Imposante 36.000 Stück, immerhin. Fein aufgereiht speisen sie seit Montag Strom ins sächsische Netz bei Priestewitz nahe Meißen – selbst bei trübem Wetter und sogar bei Nacht. Dafür sorgt die Großspeicher-Technik der Intilion AG aus Paderborn – und dies ist das Besondere.

Die Kombination von Wind- und Solarparks mit Speichern (Hybrid-Kraftwerk) ist für die Energiewende zwingend notwendig und für Anbieter wie die Intilion ein enorm aussichtsreiches Geschäft: „Der Energiespeichermarkt dürfte bis 2030 global eine Größenordnung von 50 bis 60 Milliarden Euro jährlich erreichen. Zehn Prozent des Marktes sehen wir in Europa, vor allem in der DACH-Region, Spanien und Italien“, sagt André Haubrock, Vorstandsvorsitzender der Paderborner Intilion AG, die noch als Start-up gelten darf. Intilion ist ein Tochterunternehmen des Batterieherstellers Hoppecke aus Brilon.

Der Milliardenmarkt

Die „DACH-Region“, das sind Deutschland, Österreich und die Schweiz als potenzieller Markt, auf dem sich die Westfalen beste Chancen mit ihrer Technologie ausrechnen. „Das Projekt in Priestewitz hat eine mittlere Größenordnung, die wir ganz gerne machen“, sagt Haubrock. Mitbewerber um Projekte wie in Sachsen kommen überwiegend aus Europa. „Aus Asien sehen wir keine Konkurrenz“, gibt sich der Elektrotechnik-Ingenieur selbstbewusst – das Knowhow der Paderborner endet eben nicht damit, einen 40-Fuß-Container mit Lithium-Ionen Akkus zu bestücken. Die intelligente Steuerung über Hard- und Software ist mindestens ebenso wichtig. Hier sei man in Europa den Asiaten weit voraus.

Großspeicher wie der von Intilion in Priestewitz seien in Sachsen noch selten, sagt Ministerpräsident Michael Kretschmer zur Eröffnung des „grünen“ Kraftwerks am Montag: „Wir werden viel mehr brauchen, damit die Energiewende gelingt. Projekte wie dieser neue Energie-Großspeicher und Solarpark leisten einen wichtigen Beitrag zu einer sicheren Stromversorgung, die wir auch im Wandel hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung gewährleisten müssen.

Intilion blickt auf eine bisher zwar kurze, aber extrem dynamische Erfolgsgeschichte zurück. „Wir haben seit der Gründung unseren Umsatz jedes Jahr mehr als verdoppeln können und befinden uns auch weiterhin auf Wachstumskurs“, sagt Haubrock.

Erste Projekte mit Großspeichern unternahm die Muttergesellschaft Hoppecke bereits vor sechs Jahren. 2019 entschied sich das auf Bleibatterien spezialisierte Traditionsunternehmen aus dem Hochsauerland dann, die Lithium-Ionen-Technologie als neues Geschäftsfeld in einer eigenen Gesellschaft zu beackern. Der Sitz in Paderborn ist kein Zufall. Die Universität mit ihren rund 20.000 Studierenden hat einen exzellenten Lehrstuhl für Informationstechnik (IT). Inzwischen reicht der Ruf von Intilion als Unternehmen, das einen Beitrag zur Klimawende leistet, weit über Ost- und Südwestfalen hinaus. Von anfangs 15 Mitarbeitern ist die Belegschaft bereits auf rund 70 angewachsen. „Wir sind weiter auf der Suche nach Talenten, und zwar in vielen Bereichen – Softwareprogrammierer, Ingenieure, aber auch Spezialisten für unser Personalmanagement“, wirbt Haubrock. Vor ein paar Wochen erst war NRW-Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur zum Austausch bei Intilion. „Speicher werden in Deutschland auch heute noch nicht als netzdienliches Element gesehen“, kritisiert Haubrock. Was er meint: Um die dringend notwendigen Speicherkapazitäten für eine erfolgreiche Energiewende schnell aufzubauen, bräuchte es seiner Ansicht nach Anreize für Unternehmen, mehr zu investieren. Dies könnten beispielsweise reduzierte Netzentgelte sein für gespeicherten Strom, der für Stabilität im Netz sorgt.

Strom bei Tag und Nacht

„Unser Stromspeicher trägt zur Stabilität des Stromnetzes bei und macht den klimafreundlichen Strom auch bei geringer oder keiner Sonneneinstrahlung nutzbar – beispielsweise nachts oder in den Abendstunden. Dadurch bringen wir die Energiewende voran“, betont der Intilion-Chef die Bedeutung von Speichertechnologie, die in diesem Fall den Jahresbedarf an Strom für umgerechnet rund 4000 Durchschnittshaushalte sichert – bei Tag und Nacht, so, wie es heute die konventionellen Kraftwerke noch tun, die mit Kohle, Gas oder Kernkraft eine stabile Energieversorgung sichern.

Grünes Kraftwerk

Das Solar-Speicher-Kraftwerk im sächsischen Priestewitz nahe Meißen hat eine Spitzenleistung von 13,5 Megawatt (peak) und erzeugt so mit 36.000 Modulen in Zukunft rund 14 Millionen Kilowattstunden Strom. Dies ist umgerechnet der Jahresbedarf für etwa 4000 Durchschnittshaushalte. Intilion ist im Projekt Partner der Leipziger Stadtwerke und der Qair-Gruppe, einem Zusammenschluss unabhängiger Energieerzeuger der sich auf Erneuerbare Energien spezialisiert hat.