Hagen. Die AOK hat ermitteln lassen, wo in NRW besonders viele Menschen an Herzerkrankungen leiden. Hagen und Siegen-Wittgenstein landen weit vorn.
In Westfalen-Lippe leiden überdurchschnittlich viele Menschen an Herzerkrankungen. Das zeigt der aktuelle Gesundheitsatlas der AOK Nordwest. Ein wesentlicher Faktor ist das Rauchen, so weit wenig überraschend. Der Atlas zeigt aber auch ziemlich klar, wie sehr Gesundheit eine Frage des Geldes ist. Kurz: Wer arm ist, dessen Risiko steigt laut AOK-Erhebung signifikant, eine koronare Herzerkrankung zu erleiden, lange im Job auszufallen oder früher zu sterben.
Überdurchschnittlich hoch ist demnach das Risiko einer Herzerkrankung in Gelsenkirchen, Herne und Hagen, aber auch im Ennepe-Ruhr-Kreis und dem Kreis Siegen-Wittgenstein (siehe Grafik). Letzteres, weil hier laut AOK überdurchschnittlich viele Raucher leben. „Der soziale Status korreliert mit ungesunder Lebensweise“, ist die These von Tom Ackermann, Chef der AOK Nordwest, die die Untersuchung vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WidO) auf Basis von AOK-Daten aus dem Jahr 2020 hat ausarbeiten lassen. Ackermann stellte die Ergebnisse am Dienstag in Dortmund vor.
Neben Rauchen und dem sozialen Status, also wenig Geld für gesunde Lebensmittel, sind auch Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselerkrankungen und starkes Übergewicht Risikofaktoren.
Gesundes Münster
Das gesündeste Pflaster scheint mit Abstand Münster zu sein, wo die Zahl der Herzerkrankungen aller Einwohner ab einem Alter von 30 Jahren bei 6,0 Prozent liegt. Der Bundesschnitt liegt bei von 8,3 Prozent. Beim Blick auf das gesamte Bundesgebiet fällt auf, dass die Hochrisikogebiete vor allem in den ostdeutschen Bundesländern zu finden sind, ausgenommen die Metropole Berlin. Im Westen schneiden vor allem das Saarland und Nordrhein-Westfalen, hier insbesondere der Ballungsraum Ruhrgebiet sowie der Kreis Siegen-Wittgenstein überdurchschnittlich schlecht ab.
Im Vergleich zu früheren Jahren ist die Zahl der Herzerkrankungen rückläufig. Zwar sind sie noch immer die zweithäufigste Todesursache, aber auch die Sterberate ging in den vergangenen zwanzig Jahren zurück: Von 37.454 Fällen in Westfalen-Lippe im Jahr 2000 auf 22.220 im Referenzjahr 2020.
Ähnlich rückläufig ist die Zahl der Krankenhausaufenthalte. Die Zahl der verschriebenen Medikamente erhöhte sich trotz gesunkener Fallzahlen dagegen deutlich. Ebenso wie die Zahl der Tage, an denen Arbeitnehmer aufgrund einer Herzerkrankung im Job ausfielen. Zählte die Kasse 2010 208.107 Arbeitsunfähigkeitstage, waren es 2021 schon 280.280 Tage. Eine Erklärung dafür, dass die Fehlzeiten insbesondere im vergangenen Jahr in die Höhe schnellten, hat die AOK Nordwest aktuell nicht.
Möglicherweise hat es mit der Pandemie zu tun. Menschen mit Herzkreislauferkrankungen hätten ein doppelt so hohes Risiko, bei einer Coronainfektion einen schweren Krankheitsverlauf zu erleben – und brauchen entsprechend länger, um wieder auf die Beine zu kommen. Auch das Risiko an Covid-19 zu sterben war bei Menschen mit koronarer Herzerkrankung laut Erkenntnissen der AOK Nordwest doppelt so hoch wie normal.
7,9 Milliarden Euro Kosten
Männer sind in allen Altersklassen stärker betroffen als Frauen, ältere Menschen viel stärker als jüngere. „Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind vor allem durch biologische Faktoren und durch Risikofaktoren wie Rauchen oder Bluthochdruck bedingt“, sagt AOK-Chef Ackermann.
In Deutschland wurden im Jahr 2020 insgesamt 4,9 Millionen Menschen wegen koronarer Herzerkrankungen behandelt. In Westfalen-Lippe waren es 518.000 Menschen. Die Kosten für das Gesundheitssystem beziffert die AOK auf rund 7,9 Milliarden Euro oder zwei Prozent der Gesamtkosten in Bezug auf das Jahr 2020.