Hagen/Düsseldorf. Am Samstag startet der Caravansalon. Großes Thema: Camper mit E-Antrieb. Der Hagener Martin Hemp bietet mit Frieda Volt eine nachhaltige Version.

Die weltgrößte Messe für Reisemobile, der Caravansalon in Düsseldorf, wird ab dem kommenden Wochenende wieder Zehntausende Besucher anlocken. Höher, schneller, weiter – und nun auch elektrisch. Zunehmend halten auf der Messe in Düsseldorf batterieelektrisch betriebene Modelle Einzug.

VW-Bus recycelt

Ob sie für unendliche Freiheit auf einer großen Tour taugen, dürfte angesichts der Reichweiten der Batterien vom Grad der persönlichen Entschleunigung abhängen. Die Modelle des Hagener Anbieters Flowcamper Vanufaktursind zumindest eine vergleichsweise nachhaltige Reisealternative auf vier Rädern. Inhaber Martin Hemp baut mit dem Modell Frieda Volt ausrangierte VW-Busse der Post als Elektro-Campingmobile neu auf.

„Nachhaltigkeit ist uns seit jeher ein Anliegen“, sagt Martin Hemp, Gründer der Vanufaktur. Seit zwölf Jahren werden auf VW- und Mercedes-Basis Busse (T6 und Vito) und Sprinter zu Camping- und Expeditionsfahrzeugen umgebaut. Die treue Kundschaft schätzt die sehr solide Ausführung, die Liebe zum Detail und die Möglichkeit, das Fahrzeug individuell gestalten zu lassen. Mit den beiden großen Autoherstellern habe Hemp bereits seit zwei Jahren über Elektrovarianten diskutiert. Der im Vergleich zum klassischen VW-Bus relativ kleine ID.Buzz von VW kommt aber jetzt erst auf den Markt. 2025 will der Autobauer auch eine Campingbusvariante anbieten. VW hat hier als größere Alternative noch den E-Crafter im Programm. Mercedes bietet neben der Elektrovariante des Sprinters mit dem E-Vito und einem EQV bereits zwei Fahrzeuge in Busgröße.

Der Hagener Ausbauer Hemp sieht für sich allerdings ein grundsätzliches Problem, VW und Mercedes E-Modelle zu nutzen. „Die Hersteller lassen uns nicht an das Hochvoltsystem.“ Aus Haftungsgründen möglicherweise verständlich, allerdings entfallen deshalb einige Optionen, das Fahrzeug besser zu machen.

Gemeinsam mit dem Hamburger Start-up Naext kommt der Hagener Hemp dem Ziel, einen nachhaltigen Elektrocamper anzubieten nun sogar viel näher als erwartet. Naext bietet Elektro-Umbausätze für VW-Busse der Modellreihen T5 und T6 an.

Reichweite rund 300 Kilometer

Ganz einfach: Verbrennermotor, Auspuff und Tank werden ausrangiert. Alle Verschleiß-Komponenten werden erneuert, eine spezielle Kupplung, ein Einmassenschwungrad und ein Elektromotor mit 110 KW Leistung sowie vier Akkus mit 72 kWh Leistung eingebaut. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 km/h, also mehr als ein echter Bullifahrer benötigt. Die Reichweite ist mit gut 300 Kilometern allerdings begrenzt, und bisher ist beim Modell Frieda Volt kein Schnellladen möglich.

Ausrangierte Busse bekommen von Naext und Hemp also ein zweites, batterieelektrisches Leben eingehaucht. Die Hamburger rechnen den Nachhaltigkeitsvorteil so vor: 70 Tonnen Rohstoffe, 7 Tonnen CO2 und 20.000 Kilowattstunden Energie würden eingespart, die eine Neuwagen-Produktion kosten.

Die Frieda Volt wird von Flowcamper mit elektrischer Gebläseheizung und Infrarotfußbodenheizung ausgestattet. Optional gibt es eine Solarmarkise, die zusammen mit Modulen auf dem Schlafhubdach und einer faltbaren Solarmatte für die Frontscheibe über 1 Kilowatt Energie erzeugen sollen, um so, langsam aber sicher, die Akkus selbst in der Wildnis wieder so weit aufzufüllen, dass es bis zur nächsten Ladesäule reichen könnte.

Gute Verfügbarkeit, aber teuer

Ein Vorteil der Frieda Volt dürfte angesichts starker Nachfrage nach Wohnmobilen die Verfügbarkeit sein. „Wir brauchen drei bis vier Werktage für den Einbau des Umbaupacks von Naext und noch einmal etwa zehn Tage für den Wohnmobilausbau“, sagt Hemp. Alte Postbusse seien kurzfristig verfügbar, so dass lange Lieferzeiten wie sonst für Fahrzeuge ab Werk nicht anfallen. „Allerdings ist es kein Auto für jedermann. Durch das Elektroumbaupack ist Frieda Volt mit rund 90.000 Euro deutlich teurer als die normale Frieda“, sagt Hemp – also etwas für Freunde der Nachhaltigkeit – oder Ungeduldige mit passendem Geldbeutel.

„Die Kundennachfrage bei uns war noch nie so groß wie heute. Allerdings waren auch die Probleme, an neue Autos zu kommen noch nie so groß“, sagt Hemp. VW-Busse und der Mercedes Vito haben knapp ein Jahr Lieferzeit. Beim von Hemp angebotenen größeren und teureren Sprintermodell „Max“ sei die Nachfrage so enorm, dass, heute bestellt, der Hagener das Fahrzeug frühestens Ende 2025 ausliefern würde – mit Dieselmotor.

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