Dortmund. Die Stadtkrone Ost in Dortmund ist ein Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Nun wurde das letzte freie Grundstück verkauft.
Im Ruhrgebiet hat der Strukturwandel viele Namen. In Dortmund zum Beispiel heißt er Stadtkrone Ost. Gemeint damit ist ein Quartier an der Bundesstraße 1, das wie der Dortmunder Phoenix See, der Essener Kruppgürtel oder das CentrO in Oberhausen zu den großen Symbolen für den Wandel an der Ruhr gezählt werden kann.
Stadtkrone Ost: Markantes ADAC-Gebäude nicht zu übersehen
Symbolkraft für das gesamte Ruhrgebiet schöpft das Dortmunder Gelände auch aus dem starken Wiedererkennungswert des markantesten Gebäudes auf dem Areal: Der monolithische Komplex der ADAC-Hauptverwaltung Westfalen mit seiner signifikanten Fassadenspitze und einer neun Meter breiten Freitreppe ist für B1-Nutzer gar nicht zu übersehen. Der Bau wirkt wie ein östliches Eingangsportal für Revierbesucher.
Start der Planung auf altem Brachgelände vor 25 Jahren
25 Jahre nach dem Start der Planung auf dem alten Brachgelände zwischen der Dortmunder Gartenstadt und dem Stadtteil Schüren geht das Projekt Stadtkrone Ost jetzt gewissermaßen auf die Zielgerade. Soeben wurde das letzte freie Grundstück vermarktet. Der Immobilienentwickler Harpen will darauf einen Bürokomplex errichten, der auf über 18.000 Quadratmetern Büroraum für rund 860 Beschäftigte bieten wird. Gleich nebenan drehen sich bereits die Baukräne für zwei weitere Großbauten. Die Continentale-Versicherungsgruppe zieht hier ihre neue Zentrale hoch, unter anderem in Form eines 16-Stockwerke-Büroturms. Auch die Dortmunder Software-Schmiede Adesso baut ein neues Gebäude mit freiem B1-Blick.
Schon heute arbeiten 3500 Beschäftigte auf dem „Stadtkrone Ost“-Gelände
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Die Stadtkrone Ost eine Job-Maschine zu nennen, dürfte nicht übertrieben sein. „Vor 25 Jahren gab es auf dem Gelände genau null Arbeitsplätze, heute sind es 3500“, erzählt Ludger Schürholz. Der Geschäftsführer der zu den Dortmunder Stadtwerken gehörenden Entwicklungsgesellschaft zählt zu den Gründervätern des Projekts. Schürholz erinnert sich noch genau, wie einst ein NRW-Ministerpräsident zur ersten Grundstückübergabe kam. Das war 1999. Der Ehrengast aus Düsseldorf hieß Wolfgang Clement (SPD). Auch den Start der Eigenheim-Vermarktung im Jahr 2000 hat Schürholz in guter Erinnerung. „Die Grundstücke gingen weg wie geschnitten Brot“, sagt er.
Dortmund: 600 Einfamilienhäuser und Wohnungen auf Stadtkrone Ost
Inzwischen haben sich auf der Stadtkrone Ost laut Projektgesellschaft 160 kleine und große Unternehmen angesiedelt. Nach Fertigstellung der drei Bürokomplexe entlang der B1 sollen hier spätestens 2025 über 6000 Menschen arbeiten. Zum Reiz dieses Neubaugebiets gehört, dass nicht nur geschuftet, sondern auch gelebt wird. 1300 Menschen wohnen in den rund 600 Einfamilienhäusern und Etagenwohnungen. Es gibt ein Hotel, ein paar Restaurants, Kita und Gymnasium, einen Supermarkt, Bäckerei und Eisdiele. Die Stadtkrone Ost ist vielleicht nicht das, was man ein gewachsenes Viertel nennt. Aber auf dem Weg dahin.
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Projektentwickler Schürholz betont denn auch, dass die Qualität von Ansiedlung und Architektur von Anfang an stets eine große Rolle gespielt habe. Anfragen etwa von Tankstellen, Imbissbuden und Schnellrestaurants habe man abschlägig beschieden. „Es ging uns nicht um eine möglichst schnelle Vermarktung“, sagt er.
Auch die Bundesbankfiliale ist ein Hingucker
Ach, ja: Es gibt auch eine Bank auf der Stadtkrone Ost. Die ist ziemlich groß geraten, eine Art Supertresor, von dem aus rund zwölf Millionen Menschen mit Bargeld versorgt werden können. Gemeint ist die neue Bundesbankfiliale am Ostende des Geländes – auch sie ein architektonischer Hingucker. Mit ihren Zäunen und Wassergräben erinnert sie an einen schwer bewachten Hochsicherheitstrakt. 300 Millionen Euro hat sich die Bundesbank den Neubau ihrer bundesweit größten und modernsten Niederlassung kosten lassen – der wohl bedeutendste Ansiedlungserfolg der Planer.
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Außergewöhnlich ist auch dies: Anders als die meisten Entwicklungsflächen im Ruhrgebiet hat die Stadtkrone Ost keine industrielle Vorgeschichte. Das rund 60 Hektar große Gelände diente früher weder dem Kohleabbau noch der Stahlerzeugung – sondern dem Militär. In alten Wehrmachtskasernen aus den 1930-er Jahren waren hier nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang Teile der Britische Rheinarmee stationiert. Nach dem Ende des Kalten Krieges gaben die Briten 1991 alle elf Standorte ihrer großen Dortmunder Garnison auf. 3250 Soldaten zogen ab aus der Stadt. Rund tausend deutsche Jobs gingen dadurch verloren. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet: er hat viele Ursache.
1984 kam die Queen nach Dortmund
Die jahrzehntelange Präsenz der Britischen Rheinarmee in Dortmund ist heute weitgehend vergessen. Ältere Dortmunder erinnern sich noch an den zweitägigen Besuch der Queen. Elisabeth II. nahm 1984 eine Truppenparade ihrer Dortmunder Regimenter ab. Von den ehemaligen Westriding/Moore-, Ubique- und Redesdale-Barracks an der B1 blieb nur ein einziges Gebäude erhalten: Im ehemalige Offizierskasino hatte die Entwicklungsgesellschaft Stadtkrone Ost ihre Büros.