Essen. 70 Prozent der Händler in NRW befürchten, dass Corona zu einer weiteren Verödung der Innenstädte führt. Nur wenige investieren in Onlineangebote.
Der nordrhein-westfälische Einzelhandel ist etwas besser durch die Corona-Pandemie gekommen als der Rest der Republik. Doch die Ergebnisse einer Studie im Auftrag der Commerzbank geben dennoch wenig Anlass zu Optimismus. Drei Viertel der befragten Händler befürchten eine Verödung der Innenstädte und 40 Prozent mussten während der Krise auf ihr Eigenkapital zurückgreifen.
Auch interessant
„Viele Unternehmen sind während der Lockdowns durch die Hölle gegangen. Ich vermisse oft das Verständnis für Menschen in extremer Not“, sagt Mario Peric, Bereichsvorstand Privat- und Unternehmerkunden der Commerzbank in NRW. „Das war auch teilweise bei der Flutkatastrophe zu beobachten.“ Der Banker zeigt sich insgesamt mit den staatlichen Hilfsangeboten für Unternehmen, vor allem mit dem Instrumentarium Kurzarbeit, zufrieden, kritisiert aber. „Es gab viel Bürokratie, bis Mittelständler an ihr Geld kamen. Aber wir als Bank haben dazu beigetragen, dass die Unternehmen gut durch die Krise kamen.“
Die Auswirkungen der monatelangen Laden-Schließungen waren heftig. Rund zwei Drittel der Einzelhändler in NRW gaben bei der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Auftrag der Commerzbank an, Umsatzeinbußen erlitten zu haben. 16 Prozent fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Dennoch, so die Studie, schauen drei Viertel der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 15 Millionen Euro Jahresumsatz optimistisch in die Zukunft.
Auch interessant
Dabei mussten 40 Prozent der Händler auf dem Höhepunkt der Corona-Krise ihre Reserven angreifen und den Umsatzausfall mit vorhandenem Eigenkapital ausgleichen. Knapp 30 Prozent nahmen staatliche Hilfen in Anspruch, jeder achte einen Bankkredit.
„Die gute Nachricht ist, dass Einzelhändler über finanzielle Reserven verfügten oder aus der Pandemie die Lehre gezogen haben, ihr Eigenkapital für schlechte Tage zu stärken“, resümiert Commerzbank-Bereichsvorstand Peric und appelliert, bei der Bildung von Rücklagen nicht nachzulassen. „Als Faustformel gilt, dass man das Sechs- bis Zehnfache eines Monatseinkommens als Reserve haben sollte, um ein Jahr zu überbrücken. Drei Monatsgehälter reichen nicht“, so der Banker.
Die Angst vor Infektionen in überfüllten Innenstädten, aber auch die staatlich verordnete Schließung vieler Läden über Monate hinweg hat den Trend zum Einkauf im Internet noch einmal beschleunigt. Ein Viertel der befragten Händler in NRW können das bestätigen. Wiederum ein Viertel beobachtet, dass der Bedarf an persönlicher Beratung wachse. Peric zieht daraus den Schluss, dass Konsumentinnen und Konsumenten sowohl im Laden, als auch im Netz einkaufen wollen.
Allerdings förderte die Umfrage auch zutage, dass kleinere Händler für den bevorzugten Verkauf über mehrere Kanäle weiterhin nicht optimal gerüstet sind. „62 Prozent haben nicht in die Digitalisierung investiert“, sagt der Commerzbank-Manager. Die meisten Unternehmen boten zwar Formate wie „Click Meet“ oder „Click Collect“ an. Aber nur 24 Prozent investierten in den Auf- oder Ausbau einer Internetseite oder App, weitere 13 Prozent in einen regelrechten Onlineshop.
Auch interessant
Eine Zahl alarmiert besonders: „70 Prozent fürchten eine Verödung der Innenstädte in den kommenden fünf Jahren“, zitiert Peric aus der Studie. Danach sorgen sich die Unternehmen darum, dass weitere Geschäfte aufgeben und die Konkurrenz durch Einkaufs- und Fachmarktzentren auf der grünen Wiese schärfer werde.
„Daraus sollten wir unbedingt Lehren ziehen“, fordert Peric. Die Händler ihrerseits haben auch konkrete Vorschläge, wie die Verödung der Innenstädte gebremst werden könne. 56 Prozent der befragten Ladenbetreiber in NRW wünschen sich mehr Radwege und Grünflächen. 61 Prozent plädieren für eine Verbesserung des Parkplatzangebots inklusive Ladestationen für Elektroautos.