Essen. Die Marken Karstadt und Kaufhof sollen verschwinden. Es bleibt der Name Galeria. Konzernchef Müllenbach erklärt im Interview seine Strategie.

Die Vorbereitungen für den Neustart der einzig verbliebenen deutschen Warenhauskette laufen. Konzernchef Miguel Müllenbach zeigt sich entschlossen, die Namen Karstadt und Kaufhof verschwinden zu lassen – trotz der enormen Bekanntheit der Traditionsmarken. „Inzwischen sind wir auch wirklich ein Unternehmen – und das wollen wir auch selbstbewusst nach außen dokumentieren“, sagt Müllenbach. Warum das Essener Unternehmen mit seinen 131 Filialen in Zukunft allein auf die Marke Galeria setzt und welche Veränderungen es in den Häusern geben soll, erklärt Müllenbach im Interview.

Herr Müllenbach, die Namen Karstadt und Kaufhof sollen aus Deutschlands Innenstädten verschwinden – trotz der enormen Bekanntheit der Marken. Das klingt nach einem gewagten Plan. Was treibt Sie an?

Müllenbach: Unsere traditionsreichen Häuser von Karstadt und Galeria Kaufhof werden nicht aus den Innenstädten verschwinden, sondern wir werden sie im Gegenteil noch sehr viel lokaler ausrichten und mit Dienstleistungen und Services ergänzen, die es bisher so bei uns noch nicht gab. Es ist richtig, dass die Filialen dann unter der neuen Marke Galeria firmieren, aber inzwischen sind wir auch wirklich ein Unternehmen und das wollen wir auch selbstbewusst nach außen dokumentieren. Gerade die Schwierigkeiten der Pandemiezeit haben unserem Zusammenwachsen noch einmal einen richtigen Schub gegeben und wir haben jetzt bereits eine gemeinsame Geschichte. Vor allem haben wir uns strategisch völlig neu aufgestellt.

Was meinen Sie damit?

Müllenbach: Wir setzen auf drei verschiedene Filialformate, mit denen wir genau das bieten möchten, was der jeweilige Kunde vor Ort sich wünscht. Und diese neue Strategie, also sozusagen Galeria 2.0, benötigt eben auch eine neue Marke. Ich bin mir übrigens sicher, dass viele Menschen nach wie vor sagen und denken werden, dass sie zu Karstadt oder Kaufhof gehen. Auch Horten und Hertie sind noch in vielen Köpfen, obwohl es diese Marken nun schon länger nicht mehr gibt. All diese Marken waren wichtig für das Leben der Menschen und werden ihnen im Gedächtnis bleiben. Dennoch ist auch Platz für etwas Neues. Das sehen wir schon an dem großen Zuspruch, den wir nach der Veröffentlichung des Logos erfahren haben.

Karstadt und Kaufhof dürften einen beträchtlichen Markenwert haben. Spielt das für Sie keine Rolle?

Müllenbach: Für uns war entscheidend, dass wir nun gemeinsam in die Zukunft gehen – und zwar auf einem neuen Weg. Dabei wollen wir alle mitnehmen: Mitarbeiter, Kunden, Lieferantenpartner und viele mehr. Dafür brauchen wir auch eine neue einheitliche visuelle Identität. Natürlich kostet das bundesweite Ausrollen des neuen Logos Geld. Wir werden das im Zuge der mittelfristig 50 bis 60 Modernisierungen von Filialen vornehmen. Es geschieht also nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise. Der Modernisierungsbedarf ist sehr unterschiedlich und wir müssen unsere begrenzten Ressourcen sehr gezielt einsetzen und nicht mit der Gießkanne. Zurzeit haben wir wie viele andere Unternehmen auch Schwierigkeiten, am Markt Material und Möbel zu bekommen. Gesamthaft betrachtet rechnet es sich, mit nur einer Marke weiterzuarbeiten und nicht mit mehreren.

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Mit einem neuen Markenauftritt allein entsteht aber kein neue Unternehmen.

Müllenbach: Wir sind nicht nur was das neue Logo und die Farben, mit denen es verwendet werden kann, angeht sehr viel offener, sondern auch was unsere Kommunikationskultur angeht. Natürlich gibt es viele unterschiedliche Meinungen, aber ich höre weit überwiegend Zustimmung und auch viel Anerkennung für diesen Schritt – von allen Seiten. Aber letztendlich geht es nicht um ein neues Logo, sondern um eine gesamthafte Veränderung unseres Unternehmens. Künftig wird es – wie gesagt – drei Typen von Warenhäusern geben: Weltstadthaus, regionaler Magnet und lokales Forum. Verkaufsflächen werden um Serviceangebote ergänzt, etwa für städtische Bürgerdienste, E-Bike-Stationen oder Paketschalter, und das Ganze wird mit einer App vernetzt, über die auch Angebote der Partner gebucht werden können. Dann können Sie beispielsweise einen Friseurtermin buchen, einen Parkplatz reservieren oder einen Tisch in unserem Restaurant.

Ist das noch das klassische Warenhaus?

Müllenbach: Eine solche lokale Digitalisierung ist etwas, das im Handel vielfach versucht worden ist, auch um die Attraktivität der Innenstädte zu erhöhen. Das Warenhaus mit seinem breiten Sortiment und seinen vielen Partnern ist prädestiniert dafür, hier eine Vorreiterrolle zu spielen. Es gibt keine andere Großfläche im Handel mehr, die deutschlandweit präsent ist.

Das neue Logo dürfte für viele Menschen noch gewöhnungsbedürftig sein. Was soll es ausdrücken?

Müllenbach: Das neue Logo zeigt unsere Positionierung, die Anspruch, Geschmack und Wertigkeit vereint. Unser Angebot wird sich sehr stark daran orientieren, in welchem Haus Sie einkaufen, denn die Kunden unterscheiden sich im Abstand weniger Kilometer in derselben Stadt teils beträchtlich. Wir haben in der Vergangenheit zu wenig unterschieden, was wir wem wo anbieten und wie wir es präsentieren. Und natürlich verändern die Menschen und ihre Bedürfnisse sich auch.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Müllenbach: Wenn wir beispielsweise die Filiale im Rhein-Ruhr Zentrum in Mülheim betrachten, die sehr viel Fläche hat und sehr klassisch ausgerichtet ist, wird klar, dass wir unser Angebot durch Hochwertiges und Modisches ergänzen können, ohne unsere Stärke im klassischen Bereich aufzugeben. Damit gewinnen wir Möglichkeiten, neue, zusätzliche Zielkunden zu bedienen. Wir wollen die Kunden, die wir haben, nicht verlieren und gleichzeitig neue hinzugewinnen.

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Eine neue Marke muss mit Leben gefüllt werden. Wie soll das gelingen?

Müllenbach: Mit der Modernisierung der Filialen, mit dem Sortiment, mit ganz neuen Dienstleistungen, mit einer neuen Qualität von digitaler Vernetzung und lokaler Ausrichtung – und vor allem mit den Menschen, die bei Galeria arbeiten. Die sind genau wie die Möglichkeiten unserer Filialen der entscheidende Unterschied zu reinen Online-Playern. Ein tolles neues Hemd, klassische Unterwäsche oder auch eine Pfanne können Sie zum Beispiel auch irgendwo im Internet kaufen. Aber Sie werden dort niemals so gut beraten wie von unseren Verkäuferinnen und Verkäufern und Sie werden auch nicht von einer tollen Wäsche-, Herren- oder Home-Abteilung inspiriert. Wir wollen zukünftig für die schönen Dinge im Leben stehen.

Wann wird die Umstellung abgeschlossen sein?

Müllenbach: Wir starten die neue Marke ab dem 27. Oktober, wenn wir unsere drei Showcase-Filialen in Frankfurt, Kassel und Kleve der Öffentlichkeit vorstellen. Unsere Filialen werden wir dann schrittweise im Zuge der Umbauten umflaggen. Am wichtigsten ist dabei das, was der Kunde am stärksten wahrnimmt wie zum Beispiel Fassaden, Kassen oder Bildsprache. Wir legen heute übrigens mehr Wert denn je auf Nachhaltigkeit. Deshalb wird man viele Verbrauchsmaterialien wie Einkaufstüten oder Versandkartons noch eine Weile mit dem alten Logo sehen. Wir wollen sehr viel ressourcenschonender arbeiten und vermeiden deshalb unnötigen Müll. Ich bin sicher, dass unsere Kunden das schätzen, denn auch das gehört zu Galeria 2.0.