Bochum. Bochumer Forscher sehen in Künstlicher Intelligenz große Chancen für Firmen. Kompetenzzentrum Humaine will Vorbehalte abbauen.
Künstliche Intelligenz kann innerhalb von Minuten die Schichtaufnahme eines Patienten-Gehirns mit Tausenden anderen hinterlegten Bildern vergleichen und den Ärzten wertvolle Hinweise für die Diagnose geben. Doch die Vorbehalte, diese neue Technik einzuführen, sind groß. Ein Kompetenzzentrum der Ruhr-Universität Bochum will das ändern.
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„Die Einführung von KI ist nicht nur eine technische Frage, sondern auch eine soziale und psychologische. Deshalb binden wir die Kompetenzen der verschiedenen Ebenen ein“, sagt Laurenz Wiskott, Professor am Institut für Neuroinformatik. Als Partner eingebunden sind eine Reihe von wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch Unternehmen, das Handwerk, der Arbeitgeberverband Metall NRW, die IG Metall, die GLS Bank und etliche andere Akteure.
Wiskott baut das Kompetenzzentrum gemeinsam mit Uta Wilkens auf. „Es gibt Vorbehalte gegen die Einführung von Künstlicher Intelligenz. Vor allem in der Industrie greift sie noch nicht“, meint die Professorin am Institut für Arbeitswissenschaft. Die Gründe liegen für die Forscherin auf der Hand: „Man kann die Folgen der Einführung von KI noch nicht gut abschätzen. Daher zielen wir auf eine Implementierungsbegleitung ab.“
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Die Notwendigkeit, Unternehmen dabei zu unterstützen, Künstliche Intelligenz in den Arbeitsprozess zu integrieren, hat auch die Bundesregierung erkannt. Sie bezuschusst das Bochumer Kompetenzzentrum zunächst mit acht Millionen Euro für die ersten vier Jahre. Zwei Millionen Euro können für ein fünftes Jahr dazu kommen. Danach soll „Humaine“, so der Name der Einrichtung, wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen und ein Gebäude auf Mark 51 ̊7, dem ehemaligen Opel-Gelände, bezogen haben.
Hilfestellung für Banken, Versicherungen, Mittelstand und Medizin
„Die Aufgabe des Kompetenzzentrums wird sein, Banken, Versicherungen, industrielle und medizinische Unternehmen dabei zu unterstützen, mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz ihre Geschäftsfelder weiterzuentwickeln“, nennt Wilkens das Ziel. In Form eines Vereins oder einer Genossenschaft soll das Kompetenzzentrum mit dann fünf bis zehn Beschäftigten vor allem Netzwerkaufgaben übernehmen. „Wir verstehen uns nicht als Feuerlöscher und sind kein Callcenter. Nutzer von KI können in unserem Kompetenzzentrum Expertise in der Prozessbegleitung abrufen, um die Implementierung von KI in Arbeitsprozesse erfolgreich zu gestalten.“
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Der Bedarf gilt als groß. „Das Potenzial der Künstlichen Intelligenz in der Wirtschaft ist enorm“, erklärt Wiskott und nennt ein Beispiel. „Wenn eine Stahlwalzstraße über Tage stillgelegt werden muss, weil etwas kaputt gegangen ist, entstehen erhebliche Kosten. Durch KI können solche Defekte frühzeitig erkannt werden.“
Wie KI eingeführt werden und gleichzeitig auf die nötige soziale Akzeptanz stoßen kann, will das Forscherteam an konkreten Projekten nachvollziehen. Zum Beispiel in der Medizin. „Wenn Gehirne heutzutage dünnschichtig in sechs sogenannten Sequenzen in drei Ebenen untersucht werden, kann ein Radiologe diese Informationsflut nicht innerhalb weniger Minuten auswerten“, sagt Jörg Wellmer, Leiter der Ruhr-Epileptologie in Bochum. „Die KI übernimmt eine Vorsichtung der Daten und hebt Unterschiede zu gesunden Gehirnen hervor. Das ist möglich, weil zuvor Tausende MRT-Aufnahmen eingepflegt wurden.“
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An dem Projekt sollen radiologische Praxen aus dem Ruhrgebiet beteiligt und einbezogen werden. „Unser Kompetenzzentrum wird dann die Aufgabe haben, die Ärzte methodisch dabei zu begleiten, wie KI sinnvoll in ihren Praxen eingesetzt werden kann“, so Wellmer.
Die Köpfe hinter dem Kompetenzzentrum sind davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Wirtschaft global verändern werde. „Es gibt kaum eine Branche, für die sich der Einsatz von KI nicht lohnen würde. Selbst Bäcker können ihre Brötchen effektiver backen und auf ihre Filialen verteilen, wenn Algorithmen den Bedarf zu bestimmten Tageszeiten vorhersagen“, meint Wellmer. Es müsse dafür nur eine Akzeptanz geben. Der Mediziner: „Wir wollen von vornherein auch die Sicht der Arbeitnehmer mit einbeziehen. Deshalb ist auch die IG Metall mit im Boot.“