Essen. Bei stabilen Inzidenzen unter 50 dürfen Restaurants auch drinnen wieder öffnen. NRW nimmt auf zwei Meter erhöhten Abstand nach Protesten zurück.

Auf Druck der Gastronomie will die Landesregierung ihre Erhöhung des Mindestabstands in Restaurants und Cafés auf zwei Meter wieder zurücknehmen. Das geht aus einem Schreiben des NRW-Gesundheitsministeriums zur neuen Corona-Schutzverordnung hervor. Damit nimmt NRW die umstrittene Neuregelung nach nur vier Tagen schon wieder zurück. Ab Freitag soll wieder ein Abstand von 1,50 Meter in Innenräumen reichen – falls das örtliche Infektionsgeschehen eine Öffnung erlaubt.

Sorge, dass die Öffnung sich nicht rechnet

Ausgerechnet am Tag, da die bundesweite Corona-Inzidenz erstmals seit Oktober unter 50 fiel und die Hoffnung auf Normalität nährte, schlugen die Gastwirte in NRW Alarm. Denn wenn es so weitergeht, werden sie bald auch ihre Innenräume wieder öffnen dürfen – allerdings nur für wenige Gäste. NRW schreibt in der seit dem 22. Mai geltenden, aktuellen Corona-Schutzverordnung einen Abstand zwischen den Tischen von zwei Metern vor, während anderen Bundesländern 1,50 Meter genügen. Das koste zu viele Sitzplätze, klagte die Gastronomie. Sie befürchtet wegen der Beschränkungen ohnehin, trotz der Wiedereröffnung kein Geld verdienen zu können.

Die Gasträume dürfen in Städten und Kreisen geöffnet werden, wenn die 7-Tage-Inzidenz stabil, also mindestens fünf Werktage in Folge unter 50 liegt. Allerdings nur für vollständig geimpfte, genesene und frisch getestete Gäste. Auch die Bedienungen müssen auf diese Weise nachweisen können, dass sie nicht ansteckend sind. Ab einer stabil unter 35 liegenden Inzidenz in Stadt und Land fällt dann auch die Testpflicht weg, heißt es in den neusten Änderungen. Für die Wirte stellt sich so oder so aber weiterhin die Frage, ob sich eine Öffnung überhaupt rechnet.

Halber Meter mehr hätte fatale Folgen gehabt

Bis zur jüngsten Änderung lag der Mindestabstand auch in NRW bei 1,50 Meter, darauf haben die Restaurants und Cafés im vergangenen Jahr ihre Gasträume umgestellt. Der halbe Meter mehr hätte fatale Folgen gehabt, warnte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). „50 Zentimeter mehr Abstand heißt: noch einmal die Hälfte mehr an Gästeverlusten, erneute Umbauten, unnötige Investitionen und die Gefährdung von Arbeitsplätzen“, warnte Haakon Herbst, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) am Nordrhein. „Die Inzidenzen fallen, die Abstände steigen. Das kann nicht sein“, kritisierte der Hotelier, der auch für den Landesverband des Dehoga spricht.

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Schon der alte Mindestabstand von 1,5 Meter habe einer Dehoga-Umfrage zufolge durchschnittlich 40 Prozent der Sitzplätze gekostet. Bei zwei Metern müsste noch einmal jeder dritte der verbliebenen Stühle in den Keller geräumt werden, so dass von ursprünglich zehn Plätzen sechs wegfielen. Das ist nun vom Tisch.

Alle Plexiglasscheiben wieder abbauen?

„Ich habe noch gar nicht gewagt, das zu prüfen“, sagt Marc Weber, Geschäftsführer des Duisburger Brauhauses Webster, zur inzwischen kassierten Abstandserweiterung. Er habe bereits mehr als die Hälfte der Sitzplätze abbauen müssen, in manchen Ecken könne er dann gar keine Tische mehr aufstellen. Hinzu kommt: „Ich müsste alle Plexiglasscheiben wieder abreißen.“ Das könne sich nicht rechnen. Viele kleinere Wirte hätten schon letzten Sommer gar nicht erst aufgesperrt. Wenn etwa ein Laden aus einem langen Raum mit schmalem Gang besteht, könne man auch die 1,50 Meter Abstand gar nicht einhalten, sagt Weber, der den Dehoga in Duisburg führt.

Das für die Corona-Schutzverordnung zuständige Landesgesundheitsministerium hatte die jüngste Vergrößerung des Mindestabstands mit der Sorge vor einer „Sogwirkung“ der ersten geöffneten Restaurants über die Stadt- und Kreisgrenzen hinweg.