Duisburg. Schauinsland-Chef Kassner erwartet im Sommer ein „extremes Last-Minute-Geschäft“. Im Podcast erzählt er, wohin trotz Corona Reisen möglich sind.

Gerald Kassner hat in seiner Duisburger Schauinsland-Zentrale ein eigenes Team abgestellt, das Reisewarnungen, Hygiene- und Einreisebestimmungen in den unterschiedlichen Ländern im Auge behält. In Corona-Zeiten ändern sich die Regeln fast täglich. Sein familiengeführtes Reiseunternehmen hat schwere Monate hinter sich. Die Tourismus-Branche leidet in besonderem Maße unter der Corona-Pandemie. Im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ verbreitet Kassner aber neue Zuversicht und gibt Tipps, worauf es in der bevorstehenden Sommer-Reisesaison ankommen wird.

Die Zahlen sprechen für sich: Im Geschäftsjahr 2019/20, das im Oktober endete, brach der Umsatz bei Schauinsland um 63 Prozent auf 511 Millionen Euro ein. „Ich war persönlich geschockt, dass wir beim Umsatz so abstürzen konnten“, bekennt Kassner. Gemeinsam mit seinen mehr als 400 Mitarbeitern sei es aber gelungen, zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 Zehntausende Kundenanfragen täglich zu bearbeiten und 200.000 Buchungen rückabzuwickeln. Zuletzt hatten 1,6 Millionen Kunden pro Jahr Reisen bei Schauinsland gebucht.

podcast-image

„Den KfW-Kredit können wir locker zurückzahlen“

Kassner will sich aber gar nicht lange mit der Vergangenheit aufhalten und auch nicht in das Konzert vieler Unternehmen einstimmen, auf mangelnde Unterstützung durch Bundes- und Landesregierung zu schimpfen. „Die Tui hat mehrere Milliarden Euro vom Staat bekommen. Das ist selbst für einen großen Mittelständler wie uns unvorstellbar“, sagt der Schauinsland-Chef.

Während der Riesenkonzern Tui täglich zehn Millionen verbrenne, sei sein Duisburger Traditionsunternehmen „mit einem blauen Auge“ durch die Corona-Krise gekommen. „Wir haben immer viel Eigenkapital und Gewinn in der Firma stehen lassen. Deshalb hatten wir jetzt ein Polster“, betont Kassner. „Der KfW-Kredit, den wir erhalten haben, reicht aus. Den können wir locker zurückzahlen“, sagt er. Dank des Kurzarbeitergeldes und der Überbrückungshilfe 3 komme Schauinsland „ganz gut zurecht“.

Schauinsland-Chef Gerald Kassner in der Unternehmenszentrale im Duisburger Innenhafen.
Schauinsland-Chef Gerald Kassner in der Unternehmenszentrale im Duisburger Innenhafen. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Sorge um Steuernachzahlung bei Kurzarbeitergeld

Eine Bitte an die Politik formuliert Kassner im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ dann doch: „Ich erhoffe eine kleine Geste für unsere Mitarbeiter, dass sie ihr Kurzarbeitergeld nicht nachversteuern müssen.“ Gegen den sogenannten Progressionsvorbehalt gibt es bereits eine Online-Petition. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi drohen vielen Beziehern von Kurzarbeitergeld Steuernachzahlungen von mehreren Hundert Euro.

Auch interessant

Der Schauinsland-Chef ist davon überzeugt, dass die Reisebranche und sein Unternehmen wieder Grund zur Zuversicht haben. „Es gibt ein großes Nachhol-Bedürfnis bei den Menschen. Sie wollen wieder am Strand sitzen“, sagt Kassner. Nach den Lockerungen in Deutschland und Europa seien die Buchungen wieder „gut angelaufen“. Bei Schauinsland sieht man eine hohe Nachfrage nach Sommerzielen in Griechenland, Spanien, den Kanaren und Italien. Kassner erwartet ab Juli auch ein „Comeback für die Türkei“ und die ersten Kreuzfahrten nach der Corona-Zwangspause.

Reiserücktrittsversicherung abschließen

„Nachdem die Quarantäne-Pflicht gefallen ist, beobachten wir von Woche zu Woche 30 Prozent mehr Buchungen“, erklärt der Schauinsland-Chef. Für die Sommerferien in NRW, die am 5. Juli beginnen, gebe es aber noch „unzählige Kapazitäten“. Kassner erwartet in den kommenden Wochen ein „extremes Last-Minute-Geschäft“. Obwohl Veranstalter wie Schauinsland gegen eine Gebühr „Flex-Tarife“ anbieten, die eine Absage der Reise ohne Gründe bis 22 Tage vor Antritt ermöglichen, rät der Duisburger Unternehmer zum Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung.

Kassner geht davon aus, dass Urlaub angesichts wachsender Impfquoten und geltender Hygienekonzepte in den Ferienorten und Unterkünften „problemlos möglich“ sei. Veränderungen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit sieht er aber dennoch: „Es wird weniger Party geben, dafür mehr hochwertigen Urlaub“, sagt er. Die Pandemie haben das Tempo erhöht, der Nachhaltigkeit in Tourismus und Luftfahrt einen größeren Stellenwert einzuräumen.

Auch interessant

Urlaub in Deutschland, der bereits vor Corona an Beliebtheit gewonnen hatte, werde nach Einschätzung des Schauinsland-Chefs aber an seine natürlichen Grenzen stoßen. Das Geschäft im eigenen Land mache für ihn fünf Prozent aus. „Der Deutschland-Trend nimmt zu. Zusätzliche Hotels werden aber nicht wie Pilze aus dem Sand wachsen“, meint Kassner.

So können Sie unseren Podcast hören

„Die Wirtschaftsreporter“ ist der neue Podcast und gleichzeitig eine Dialogplattform für die Wirtschaft in NRW. Alle zwei Wochen, immer freitags, führt ein Wirtschaftsredakteur der WAZ ein Gespräch mit einem Experten oder einer Expertin zu einem brennenden Thema aus der Region.

Sie können den Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ hier hören oder kostenlos in ihrer Streaming-App auf dem Smartphone abonnieren, zum Beispiel bei Spotify, Audio Now, Podimo oder Apple Podcasts. Einfach „Die Wirtschaftsreporter“ in die Suchmaske eingeben und auf den Button „Abonnieren“ klicken.