Halver. Der Breckerfelder Philip Karbus (29) startet in Corona-Zeiten mit dem Onlineportal „Wildlingfood“ und will so Wildfleisch salonfähiger machen.
Not macht bekanntermaßen schon einmal erfinderisch. Den Breckerfelder Philip Karbus haben die Pandemie-Zeiten jedenfalls animiert, sein nächstes Start-up an den Start zu bringen: „Wildlingfood“ heißt der Onlineshop, in dem seit November vergangenen Jahres Produkte wie „Wilde Currywurst“ oder „Pulled Boar“, also Wildschwein, im Glas angeboten werden.
Der gelernte Banker Karbus kocht und grillt leidenschaftlich gern, ist mit der Jagd aufgewachsen und hat sich zum Ziel gesetzt, Wildbret alltagstauglich zu machen. Bis zur Corona-Krise organisierte der 29-Jährige Events rund ums Wild, bot neben Catering und Grillkursen auch „Zerwirkseminare“ an, in denen gelehrt wird, wie erlegtes Wild vom Häuten bis zum Filetieren fachmännisch bearbeitet wird, um es auf den Rost oder in die Pfanne zu bringen oder mit Blick auf die Jäger selbst auch zu vermarkten.
Auch interessant
Vermarktung ist je nach Region offenbar ein echtes Problem, denn für viele Jäger sind Restaurants die Hauptabnehmer für geschossenes Wild – nur haben die seit Wochen geschlossen und viele Kühlhäuser bei Großhändlern sind nach Aussage des Deutschen Jagdverbandes offenbar auch prall gefüllt.
Vom Restaurant zum Onlineshop
„Im Osten war allerdings der Druck schon vor Corona hoch“, weiß der Jäger Philip Karbus, der für sein Geschäft vorzugsweise mit Waidmännern aus der Region zusammenarbeitet und mit der alteingesessenen Lüdenscheider Fleischerei Geier. Dort wird das Wildbret nach den Anforderungen des Start-ups verarbeitet. „Momentan findet in Lüdenscheid auch die Abfüllung in Gläser statt“, sagt Philip Karbus. In absehbarer Zeit soll dies am neuen Firmensitz in Halver passieren, wo Karbus sich mit dem Koch, ehemaligen Gastronom und Weltenbummler Lukas Tarabczynski zwei moderne Industriehallen teilt, von wo aus neben „Wildlingfood“ ab diesem Samstag auch „Fernglasfood“ gestartet wird. In Anlehnung an die Geschäftsidee von Karbus, der Wildbret aus der Region im Visier hat, gibt es im Fernglas eine kulinarische Reise rund um die Welt mit Gerichten wie Albondigas, Sate oder Balinesisches Curry zu ordern.
Onlineportale für Feinschmecker
Seit November 2020 gibt es unter „www.Wildlingfood.de“ den Onlineshop für nachhaltige Wildgerichte in Ein- oder Zweipersonen-Glas. Der Breckerfelder Philip Karbus arbeitet mit der Traditionsfleischerei Geier aus Lüdenscheid und überwiegend Jägern aus der Region zusammen.
Unter dem Dach des neuen Firmensitzes im Gewerbegebiet in Halver-Oeckinghausen startet ab diesem Samstag mit „www.Fernglasfood.de“ ein zweites Portal, auf dem der Gastronom Lukas Tarabczynski im Glas eingekochte Köstlichkeiten aus aller Welt anbietet.
Wie Tarabczynski war auch Karbus bereits einmal Restaurantbetreiber. Mit dem Spezialitäten-Lokal „Zum Wildling“ startete der ausgebildete Bankkaufmann im Mai 2017 in der Hansestadt Breckerfeld ins Unternehmertum. Immer mit dem Ziel, „das Thema Wild salonfähig zu machen“.
Auch interessant
Parallel bot er Catering an und begann Wild-Events zu organisieren. Ein Geschäftsfeld, dass der Jungunternehmer neben dem Onlineshop weiter ausbauen will, wenn Corona es zulässt. „Events machen mir am meisten Spaß. Langfristig möchte ich aber mehr Events verkaufen als ich selber machen kann.“ Neben Halver und Hamburg gibt es Wildling-Events auch in Thüringen. Langfristig sollen es bundesweit zwischen fünf und zehn feste Eventstandorte werden.
Karbus ist überzeugt, dass Wild jedem, der Fleisch isst, auch schmeckt. „Dass Leute sagen, ich mag kein Wild, das schmeckt so streng, hat damit zu tun, dass früher viel Schmu getrieben wurde und Wild auf dem Teller mitunter an der Grenze zu Gammelfleisch war“, sagt der passionierte Jäger. Für seine Produkte im Glas stamme das Wildfleisch zu 80 bis 90 Prozent aus Nordrhein-Westfalen, meist von Jägern aus der Region und werde frisch und nachhaltig zubereitet.
Kundschaft wächst bundesweit
Seit dem Start von „Wildlingfood“ vor einem Vierteljahr mit rund 500 Gläsern monatlich, hat die Nachfrage nach Wild im Glas deutlich zugenommen. Wurden Bestellungen wie die Wildling-Probierbox anfangs im Umkreis von 25 Kilometern, also etwa bis Dortmund, noch selbst ausgefahren, nehmen die Kunden aus ganz Deutschland immer mehr zu.
Vielleicht die positive Seite der widrigen Umstände für die Wirtschaft. Portale wie das des Breckerfelders sind bei Verbrauchern viel stärker in den Fokus gerückt als noch vor einem Jahr.
Auch wenn der Onlineshop weiter stark wachsen sollte, werde es beim Manufakturbetrieb und dem Bezug von Lebensmitteln aus der Region bleiben. Dass Karbus dem Lockruf des Unternehmertums erlegen ist, hat er trotz der aktuellen Situation bislang nicht bereut.