Hagen. Der Industriegipfel Ennepe/Ruhr fand mit über 200 Teilnehmern statt – digital, erfolgreich. Lobend wie fordernd: Die EU-Kommissionspräsidentin.
Zwei große Themen hatte der erste Industriegipfel Ennepe/Ruhr beinahe auf den Tag genau vor einem Jahr bei der Demag Konecranes in Wetter an der Ruhr: Digitalisierung und Klimawandel. Austausch über Zukunftsthemen ist auch in derart schwierigen Zeiten wie aktuell in der Corona-Pandemie notwendig und möglich, wie der zweite, digital aus der Industrie- und Handelskammer Hagen übertragene Industriegipfel am Mittwoch zeigte.
Über 200 Interessierte nehmen digital teil
Über 200 Teilnehmer verfolgten die zweistündige Veranstaltung bei der es um die drei Themenschwerpunkte Forschung und Innovation, Energie, Umwelt und Klimaschutz sowie Industriepolitik ging.
Beinahe ein Jahr Pandemie-Ausnahmezustand hat vieles in Wirtschaft und Gesellschaft verändert, aber Zukunftsfragen allenfalls überlagert, wie die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen in ihrer knapp zehnminütigen Videobotschaft klarmachte: „Nach Corona kann es keine Rückkehr zur alten Wirtschaft geben!“ Geht es aktuell nach vordringlich um die Gesundheit der Bevölkerung, gehe es spätestens morgen wieder um die des Planeten.
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Von der Leyen, lobt die Unternehmer für ihre „Widerstandsfähigkeit“ und nimmt sie gleichzeitig enorm in die Pflicht auf dem von ihr und der EU vereinbarten Weg des „Green Deal“. Nachhaltiges Wachstum also mit klaren Vorgaben, denkt man die innerhalb der EU jüngst beschlossenen Vorgaben zur CO2-Reduktion, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren und bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Erde zu sein.
Die EU-Präsidentin misst hier der Wasserstoffwirtschaft eine enorme Bedeutung bei. Sie werde eine Schlüsselrolle spielen. „Wasserstoff ist die Chance für mehr Nachhaltigkeit. Für das Ruhrgebiet sind das gute Nachrichten, denn es hat das Zeug dazu, ein europäisches Zentrum für Wasserstoff-Industrie zu werden.“
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Auf dieser Linie bewegt sich auch Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart, der ebenfalls per Videobotschaft am Industriegipfel teilnahm und es für realistisch hält, Nordrhein-Westfalen noch in den 20er Jahren „zum klimafreundlichsten Industriestandort Europas zu machen.“
Was sich zunächst vor allem nach großartigen Chancen anhört, ist aus Sicht der Wirtschaft allerdings ein risikoreicher Balanceakt. Überdurchschnittlich viele Unternehmen und gleichzeitig viele Beschäftigte sind in verarbeitenden und oftmals energieintensiven Industrien tätig und stehen im globalen Wettbewerb. „Wir müssen beim Thema Nachhaltigkeit also mindestens in Europa im Gleichschritt bewegen“, warnt SIHK-Präsident Ralf Stoffels vor Überforderung der Unternehmen, denen es ohnehin gerade an Luft und Liquidität fehlt.
Unternehmen auf dem Prüfstand
Beim Industriegipfel, konnten sich nicht nur die Zuschauer per Chat mit Fragen beteiligen. Interessanter Part der Veranstaltung: Familienunternehmer live im Gespräch mit ihren Nachfolgern zum Thema Nachhaltigkeit: Lea und Rüdiger Jung vom gleichnamigen Federnproduzenten aus Halver, Lutz und Ralf Stoffels vom Ennepetaler Chemieunternehmen BIW Isolierstoffe und Moritz und Wilfried Neuhaus-Galladé vom Wittener Maschinenbauunternehmen J.D. Neuhaus. Fazit: Disruptive Entwicklungen in der Unternehmensführung sind kaum zu erwarten. Es gilt wohl, was Wilfried Neuhaus-Galladé, Präsident der IHK Mittleres Ruhrgebiet annimmt: „Jedes einzelne Unternehmen muss alles auf den Prüfstand der Nachhaltigkeit stellen.“
IHK Mittleres Ruhrgebiet und SIHK Hagen gemeinsam
Veranstalter des Industriegipfels Ennepe/Ruhr sind die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer Hagen (SIHK) gemeinsam mit der IHK Mittleres Ruhrgebiet (Bochum) und der Wirtschaftsförderungsagentur Ennepe-Ruhr.
Der erste Industriegipfel fand Ende Januar 2020 in Wetter bei der Demag Konecranes unter anderem mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze als Präsenzveranstaltung statt. Wege der Corona-Pandemie war die zweite Auflage ein rein digitales Format.
Dass es dabei in der Region vielfach Chancen zur Modernisierung des Industriestandortes gibt, belegte eine Studie von IW Consult aus Köln – nachhaltig.