Dortmund. Dortmunds neuer Flughafenchef Ludger van Bebber ist optimistisch, dass Menschen im Sommer wieder annähernd wie gewohnt reisen können.

Die Zahl der Corona-Infizierten befindet sich in leichtem Sinkflug, aber in der Politik wird über weitere Einschränkungen des Alltags erneut laut nachgedacht, insbesondere im Reiseverkehr. Für die Luftverkehrsbranche sind dies keine guten Signale. Dennoch sieht Ludger van Bebber, seit Oktober vergangenen Jahres neuer Geschäftsführer am Flughafen Dortmund, keineswegs schwarz: „Ich glaube, dass die Menschen im Sommer wieder reisen können.“

Van Bebber ist seit 16 Jahren im Geschäft, war vor dem Job in Dortmund lange Geschäftsführer am Flughafen Weeze und hat im Verband der Verkehrsflughäfen (ADV) als Vizepräsident vor allem die kleineren Flughäfen in Deutschland im Blick.

Geschäftsmodell entscheidet über schnelle Erholung der Flughäfen

Dass von der Pandemie die Tourismusbranche und damit auch der Luftverkehr besonders betroffen ist, lässt sich an den Fluggastzahlen leicht ablesen. Auch Dortmund habe 80 Prozent eingebüßt, dennoch hält van Bebber den Flughafen für überlebensfähiger als andere: „Dortmund ist der Flughafen, der sich hinsichtlich der Passagierzahlen am robustesten durch die Pandemie bewegt. Das muss man klar so sagen. Es geht jetzt nicht mehr darum, wer ist groß, wer ist klein, sondern wer hat welches Geschäftsmodell und wer hat welche Airlines.“ Vor allem mit den Lowcost-Fluglinien WizzAir und RyanAir hat Dortmund offenbar gute Partner, „weil die kerngesund und wirtschaftlich extrem stark aufgestellt sind“. RyanAir habe ein Vielfaches an Unternehmenswert gegenüber der Lufthansa, die in der Krise mit Milliarden gerettet werden musste. Selbst die ungarische WizzAir habe 4,4 Milliarden Euro Marktkapitalisierung und wäre demnach nicht weit weg von der deutschen „Kranich-Airline“. Ryan-Air und Wizz-Air dürften versuchen, die Krise zu nutzen, um Marktanteile zu gewinnen.

Mit Easyjet hat zudem in dieser Woche eine weitere Fluglinie angekündigt, den Betrieb ab Dortmund mit dem Sommerflugplan wieder aufnehmen zu wollen. Zuletzt war Easyjet im März 2020 von dort gestartet.

Was den Flughafen-Chef vor allem zuversichtlich stimmt, ist eben das Dortmunder Geschäftsmodell mit einem starken Anteil von Passagieren, die nach Ost und Südosteuropa und umgekehrt fliegen, weil sie Verwandtschaft dort besuchen. Diese sogenannten ethnischen Flugverkehre nehmen nach allen Erfahrungen schneller wieder zu als Flüge zu touristischen Zielen oder Geschäftsreisen. Dies zeigte sich beispielsweise in der Weihnachtszeit, als in der Abflughalle zum Teil sogar sehr dichtes Gedränge herrschte. „Unser Grundverkehrsbedarf hier entwickelt sich immer mit der doppelten Dynamik gegenüber allen anderen Verkehrsflughäfen in Deutschland“. Zudem habe Dortmund mit den Stadtwerken (DSW21) einen starken Gesellschafter, der einiges abpuffern könne.

Neues Testcenter am Flughafen

Um die Zukunft des Flughafens scheint es laut van Bebber also grundsätzlich nicht schlecht bestellt zu sein. 2022 werde man sich wieder auf dem Niveau des Rekordjahres 2019 mit mehr als 2,7 Millionen Fluggästen bewegen, glaubt der Luftverkehrsexperte. Damit wäre auch gesichert, die vor der Pandemie gültige EU-Vorgabe erfüllen zu können, in der Jahresbilanz mindestens eine schwarze Null zu schreiben

Vorausgesetzt, die nun gestartet Impfkampagne zeige die erhoffte Wirkung und ab dem Sommer normalisiert sich die Situation, die heute noch von extremen Einschränkungen geprägt ist. „Die Impfungen sind der Schlüssel im Schloss.“ Sie sollen auch Urlaubern wieder die Tore in die Welt öffnen. Von Dortmund aus jedenfalls nach Europa. Zwischen Weihnachten und Neujahr wurde am Flughafen im Ankunftsbereich ein Testcenter eingerichtet, damit sich Rückreisende noch vor Ort auf das Coronavirus testen lassen können. Für 39,90 Euro bietet dies ein externer Dienstleister an.

Ambitionen, darüber hinaus Fernflüge anbieten zu wollen, gebe es nicht. „Wir haben mit keiner Silbe irgendwie einen Anspruch, in ferne Kontinente zu fliegen. Unser Geschäftsmodell spielt sich auf der erweiterten europäischen Landkarte nach Osten ab, vielleicht noch mit den Kanaren. Alles andere sind Märchen“, sagt van Bebber mit Blick auf die angestrebte Verlegung der Start- und Landebahnschwelle auf Holzwickeder Seite, die von der Bezirksregierung genehmigt werden muss. Sie ist lange beantragt. Der Flughafenchef hofft darauf, dass es zügig grünes Licht gibt – das hieße vielleicht noch 2021. Dann würde sofort mit der Maßnahme begonnen und es könnten auch in Dortmund die modernen Airbus Neo-Modelle starten und landen, die deutlich leiser und sparsamer sein sollen.

Jahresergebnis 2019

Der Flughafen Dortmund war in den zurückliegenden Jahren der deutsche Verkehrsflughafen mit den höchsten Wachstumsraten von bis zu 20 Prozent. 2019 betrug die Zahl der abfliegenden beziehungsweise ankommenden Fluggäste 2,719 Millionen. Es gab gut 30.000 Flugbewegungen, also Starts und Landungen.

Das Jahresergebnis 2019 lag bei minus 380.000 Euro. Das Gesamtergebnis inklusive langfristiger Investitionskredite lag bei minus 10,36 Millionen Euro.