Essen. Die Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet gewinnt immer mehr an Bedeutung. In der Corona-Krise kämpfen aktuell aber viele Firmen ums Überleben.

Museen und Theater sind geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, die Zukunftsaussichten ungewiss. Die Kreativwirtschaft leidet besonders unter der Corona-Krise. Dabei hat sie im Ruhrgebiet mit ihren über 63.000 Beschäftigten und einem Umsatz von zuletzt 7,7 Milliarden Euro eine wachsende Bedeutung.

Als Rasmus Beck Anfang des Jahres eine Studie über die Kreativwirtschaft im Revier in Auftrag gab, ahnte der Geschäftsführer der Business Metropole Ruhr nicht, dass die Branche kurze Zeit später in eine existenzielle Krise stürzen würde. „Das Ruhrgebiet ist ein starker Standort für die Kreativwirtschaft. Der Zuwachs an Arbeitsplätzen liegt über dem Durchschnitt von Bund und Land“, sagt Beck.

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Das Institut Prognos förderte Zahlen zu Tage, die die Bedeutung der Branche unterstreichen. „60 Prozent der Stellen entfallen auf die wertschöpfende Kreativwirtschaft wie Software- und Spieleentwicklung, Werbung und Design. Die wenigsten Beschäftigten sind auf dem Kunstmarkt, im Rundfunk und beim Film anzutreffen“, fasst Wirtschaftsförderer Beck die Erkenntnisse zusammen. Jeder vierte der 63.100 Kreativ-Arbeitsplätze im Ruhrgebiet entfällt auf die zukunftsträchtige Industrie, die Software und elektronische Spiele entwickelt. 10.300 Stellen innerhalb der Branche entfallen auf Unternehmer oder Soloselbstständige. 35.600 sind sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten geht zurück.

Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der Business Metropole Ruhr, fordert Unterstützung für die wachsende Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet.
Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der Business Metropole Ruhr, fordert Unterstützung für die wachsende Kreativwirtschaft im Ruhrgebiet. © Stadt Duisburg | Volker Wiciok

Die Dynamik der Kreativwirtschaft im Revier spiegelt auch die Umsatzentwicklung wider: Das Plus von 27,6 Prozent seit dem Jahr 2012 lag deutlich über dem Durchschnitt im Land NRW (17 Prozent) und im Bund (24,5 Prozent). „Mit 7,7 Milliarden Euro Umsatz gibt es sicherlich noch Luft nach oben“, meint Beck. Die Pandemie macht weiten Teilen der Branche aber einen Strich durch die Rechnung. „Solo-Selbstständige in Dienstleistungsbereichen sind am heftigsten von der Corona-Krise getroffen. Tragisch ist, dass unter den Musikern, Grafikerinnen, Veranstaltungstechnikern, aber auch Yoga-Lehrerinnen besonders viele Existenzgründer sind“, meint Beck.

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Die Verunsicherung ist groß. „Aus einer Umfrage der IHK wissen wir, dass 46 Prozent einen Stillstand ihres Geschäfts beklagen und ein Viertel ihre Existenz bedroht sieht“, erklärt der Wirtschaftsförderer. Die Kreativwirtschaft sei deshalb besonders auf staatliche Hilfe angewiesen. „Die bisherige Praxis der Soforthilfen ging teilweise an der betrieblichen Wirklichkeit vorbei. Viele Solo-Selbstständige wurden in die Grundsicherung geschickt, damit sie ihre Miete bezahlen können. Das war das völlig falsche Signal“, kritisiert Beck. Er wünsche sich, dass die Politik im Bund aus den bisherigen Erfahrungen mit den Überbrückungshilfen lerne.

Bund schnürt Zehn-Milliarden-Euro-Paket

Und so soll es dann auch kommen: Die Bundesregierung hat am Donnerstagabend ein Zehn-Milliarden-Euro-Paket geschnürt, um Solo-Selbstständige und Klein-Unternehmer, die von dem neuerlichen Shutdown im November betroffen sind, zu unterstützen. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Nach Angaben von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sollen die Mittel unbürokratisch online beantragt werden können – gemessen am November-Umsatz des Vorjahres oder am Durchschnitt der Jahreserlöse (s. Zweittext).

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Beck zeigt sich mit dem Programm zufrieden. „Die beschlossenen Hilfen sind eine echte Unterstützung, weil sie deutlich unbürokratischer sind“, sagte der Wirtschaftsförderer unserer Redaktion, mahnte aber zugleich: „Der Teufel steckt jedoch weiter im Detail: Bei der Anrechnung von Umsätzen oder Überbrückungshilfen drohen komplizierte Rechenaufgaben.“ Basis für einen Erfolg sei eine leistungsfähige IT-Plattform: „Diese muss schon zum Start alle wichtigen Informationen geben und technisch reibungslos funktionieren“, fordert Beck.

Wie geht es nach Corona weiter?

Und er richtet den Blick bereits auf die Zeit nach November, in der die Einschränkungen vermutlich anhalten werden. „Auch nach der Corona-Pandemie werden viele Kreative keinen Umsatzanstieg zu erwarten haben. Sie werden erst einmal wieder Tritt fassen müssen, wenn sich das Leben normalisiert. Es darf nicht sein, dass sie in dieser schwierigen Phase Geld zurückzahlen müssen“, sagt er.

Mut mache, dass virtuelle Formate auch nach Corona eine Zukunft habe. Beck: „Corona gibt uns digitale Anstöße und Impulse, die nach der Pandemie nicht wieder weggehen. Veranstaltungen, Ausstellungen, Messen und Kongresse werden auch digital zu verfolgen sein. Für diese tiefgreifenden Veränderungen brauchen wir gerade die Kreativen. Allein deshalb brauchen sie jetzt staatliche Hilfe.“