Essen. Die Sanierer von Karstadt und Kaufhof wollen die Mieten drücken. Das Entgegenkommen der Eigner rettet aber nicht unbedingt Filialen.
In Duisburg sollen Karstadt und Kaufhof überleben, aus Dortmund und Essen will sich der Warenhauskonzern dagegen komplett zurückziehen und obendrein auch noch seine Sporthäuser schließen. Zu seinen Beweggründen äußert sich das Essener Unternehmen, das in einer tiefen Krise steckt, nicht. Die Logik für die neue Strategie dürfte in den Immobilien stecken. Eine Spurensuche.
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Wenige Tage bevor sich Galeria Karstadt Kaufhof mitten im Corona-Shutdown unter den Rettungsschirm flüchtet, meldet die Konzernmutter Signa am 27. März beim Bundeskartellamt den Verkauf von bundesweit 17 Warenhaus-Immobilien an. Erwerber soll die Investmentfirma Apollo EPF Management aus New York sein. Zu dem Paket gehört auch der Duisburger Kaufhof – ausgestattet mit einem noch länger laufenden Mietvertrag, der noch geschlossen wurde, als die Kette dem nordamerikanischen Handelskonzern Hudson’s Bay gehörte. Am 15. März gibt das Kartellamt den Deal frei, wie ein Sprecher der Bonner Wettbewerbshüter bestätigt.
Kaufhof-Immobilienpaket zum Verkauf angemeldet
Auf der Liste der 62 Galeria-Filialen, die die gerichtlich bestellten Sanierungsexperten Frank Kebekus und Arndt Geiwitz schließen wollen, steht der Duisburger Kaufhof ausdrücklich nicht. Dafür aber der Kaufhof in Essen. Dabei hat die Kölner Koerfer-Gruppe erst Ende 2019 den Mietvertrag mit Galeria um zehn Jahre verlängert und nach eigenen Angaben ein Drittel der Mietsumme erlassen – immerhin mehrere Hunderttausend Euro. Zu weiteren Zugeständnissen, wie sie der Warenhauskonzern jetzt fordert, ist Koerfer nicht bereit.
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Im Gegensatz zu Duisburg wollen Kebekus und Geiwitz aber auch die Essener Karstadt-Filiale im Einkaufszentrum Limbecker Platz dicht machen – ausgerechnet am Stammsitz des Traditionsunternehmens. Ihr Vermieter, Deutschlands größter Center-Betreiber ECE, hat davon allerdings erst aus der Zeitung erfahren. „Uns liegt noch keine offizielle Mitteilung unseres Mieters Galeria Karstadt Kaufhof dazu vor“, sagt Regionalmanager Alexander Crüsemann unserer Redaktion.
Center-Betreiber ECE zu „umfangreichen Zugeständnissen“ bereit
„Wir haben uns in den letzten Wochen sehr stark um den Erhalt der Karstadt-Filialen bei uns im Limbecker Platz und in weiteren von uns betriebenen Centern bemüht“, erklärt der ECE-Manager. „Im Rahmen der Gespräche wurden umfangreiche Zugeständnisse von Eigentümerseite in Aussicht gestellt“, so Crüsemann. In Essen hat das Entgegenkommen offenbar nicht gefruchtet. Im Gegensatz zum benachbarten Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim. Die Karstadt-Arkaden dort sollen bleiben, zumal die Eigentümer rund 200 Millionen Euro in die Modernisierung des Centers investieren wollen. Auch mit dem ECE-Rivalen Unibail-Rodamco-Westfield scheint Galeria Einvernehmen hergestellt zu haben. Der Kaufhof im Oberhausener Centro und die Karstadt-Filiale im Bochumer Ruhr-Park sollen geöffnet bleiben.
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Wie auch immer der Poker um Mieten und Vertragslaufzeiten ausgehen mag. Der Essener Immobilienmakler Eckhard Brockhoff plädiert dafür, rasch in die Zukunft zu schauen. „Wir müssen jetzt den Blick nach vorn richten. Der Rückzug der Warenhäuser aus Essen, Dortmund und Witten bietet auch eine Riesenchance“, sagt er. Brockhoff verweist auf den Trend, dass es vor allem ältere Menschen verstärkt in die Innenstädte ziehe, dort aber Wohnraum fehle. „Handel macht nur noch im Parterre und allenfalls im ersten Obergeschoss Sinn. In den oberen Etagen der großen Warenhäuser sollten Wohnungen, Büros und Hotels entstehen“, fordert der Immobilien-Experte.
Makler: Rückzug der Warenhäuser ist auch eine Chance
„In Essen-Rüttenscheid haben wir demonstriert, dass nach dem Abriss der Karstadt-Filiale im Geschäftshaus Rü62 doppelt so viele Arbeitsplätze entstanden sind“, sagt Brockhoff. Einen Abriss kann er sich auch für den Kaufhof in Essen vorstellen, verweist aber auch auf ein Projekt, das die Eigentümerin des Gebäudes in der Landeshauptstadt realisiert hat: „Die Koerfer-Gruppe hat in Düsseldorf einen ehemaligen Kaufhof zu einem Gourmet-Supermarkt umgebaut. Ein solches Konzept könnte auch den Willy-Brandt-Platz in Essen beleben.“
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Brockhoff geht davon aus, dass die Bedeutung von Warenhäusern weiter abnehmen wird. „Mein Eindruck ist, dass Luxus-Warenhäuser gut laufen, Karstadt und Kaufhof aber ihre Magnetkraft für Innenstädte verloren haben“, sagt er. Der Poker um Mieten werde die Filialen nicht retten. „Einige Vermieter lenken bei der Miete ein, um Karstadt und Kaufhof zu halten. Andere haben aber nicht den wirtschaftlichen Spielraum. Insbesondere in der Corona-Krise gibt es Grenzen des Möglichen auch für Betreiber von Immobilien.“
Auch Marcel Abel, Geschäftsführer des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle, zeigt sich skeptisch, dass die Miethöhe allein angeschlagene Händler retten könne. „Die Miete ist im Handel nur eine Stellschraube. Viel wichtiger ist die Umsatzerwartung am jeweiligen Standort“, sagt er. „Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas. Die Frage, welche Warenhäuser eine Zukunft haben, wäre über kurz oder lang ohnehin auf die Tagesordnung gekommen.“