Essen. Die Corona-Krise hat Auswirkungen auf das Handwerk. Betriebe wollen mehr Auszubildende mit Abitur anwerben. Start auch erst im Oktober möglich.

Das Handwerk in NRW sorgt sich angesichts der Corona-Krise um den Nachwuchs. Um Lehrstellen im neuen Ausbildungsjahr besetzen zu können, wollen sich die Betriebe verstärkt auch um Abiturienten bemühen. Das geht aus einem Katalog von Handlungsempfehlungen hervor, mit denen der Westdeutsche Handwerkskammertag in die Gespräche um die Fortsetzung des NRW-Ausbildungskonsenses am 10. Juni gehen will.

„Im Handwerk muss man sich um seinen Job keine Sorgen machen. Große Entlassungswellen kennt das weitgehend inhabergeführte Handwerk nicht“, heißt es in dem Positionspapier, das unserer Redaktion vorab vorliegt. Obwohl viele Betriebe nach Einschätzung des Handwerkskammertags stabil durch die Corona-Krise gekommen seien, zeichnet sich ein Rückgang der Ausbildungsaktivitäten ab. Die Agentur für Arbeit registrierte zuletzt acht Prozent weniger angebotene Stellen und elf Prozent weniger Bewerber. NRW-Chef Torsten Withake hatte unlängst davor gewarnt, dass wegen Corona weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt und bestehende in Gefahr geraten könnzen

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Die Zahl der Azubis droht zurückzugehen, weil wegen der Schulschließungen weniger Absolventen erwartet werden. Der Handwerkskammertag beobachtet aber auch, dass Betriebe während der Krise in existenzielle Nöte geraten und deshalb keine Auszubildenden einstellen können. Es gibt aber auch einen Corona-Effekt. „Die Rückmeldung vieler Betriebe ist, dass sie keine Auszubildenden aufgrund von Kontaktsperren, Schulschließungen etc. finden“, heißt es im Positionspapier.

Kampagne: „Ausbildung – jetzt erst recht“

Der Handwerkskammertag schlägt deshalb eine gemeinsame Kampagne unter dem Motto „Ausbildung – jetzt erst recht“ vor. Beim NRW-Ausbildungskonsens von Landesregierung, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kammern und dem Verband Freier Berufe Nordrhein-Westfalen, der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunalen Spitzenverbänden soll darüber am 10. Juni beraten werden.

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Mit einer Fülle von Impulsen will der Handwerkskammertag die Ausbildung stimulieren. „Das Handwerk braucht gerade jetzt motivierte Auszubildende und ist für den Ausbildungsmarkt gut aufgestellt“, sagt Hauptgeschäftsführer Matthias Heidmeier. Fach- und Führungskräfte, aber auch Unternehmer würden „händeringend gesucht“. Deshalb, so Heidmeier, „muss das Handwerk auch viel stärker in die Oberstufen der Schulen, um Abiturienten zu gewinnen. Eltern und Lehrkräfte sollten sich viel intensiver im Interesse der beruflichen Chancen der Jugendlichen mit dem personalintensiven Handwerk beschäftigen. Es zeigt sich gerade in diesen Tage, welche guten und sicheren Perspektiven das Handwerk bietet.“

Ausbildung kann auch erst im Oktober beginnen

Die Gewinnung von Nachwuchs müsse Kernaufgabe eines jeden Betriebs sein. Sollten bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahrs am 1. August nicht ausreichend Lehrlinge gefunden worden sein, könne der Start auch bis Ende Oktober verschoben werden. „Es bleibt genügend Zeit“, sagt Heidmeier. Der Handwerkskammertag bringt Instrumente wie Teilzeit-Ausbildungen ins Gespräch, aber auch einen einmaligen Bonus, der Betriebe motivieren soll, weiter auszubilden. Auch die Ausbildung junger Menschen im Verbund mehrerer Unternehmen soll gefördert werden.

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Ein besonderes Anliegen ist dem Handwerk allerdings auch die Digitalisierung der Berufsschulen und der überbetrieblichen Ausbildungsstätten. „Virtuelle Klassenräume und Videokonferenzen, kamen, wenn überhaupt, nur höchst selten zur Anwendung“, kritisiert der Handwerkskammertag das Homeschooling-Angebot während des Shutdowns.