Mülheim. Der Machtkampf bei der Easy Software AG spitzt sich zu. Der Aufsichtsrat erhebt Vorwürfe gegen Vorstandschef Weißhaar, die er selbst zurückweist.
Der Führungsstreit in der börsennotierten Mülheimer Software-Schmiede Easy spitzt sich zu. Am Mittwoch verweigerte das Unternehmen nach Informationen unserer Redaktion dem Vorstandsvorsitzenden Dieter Weißhaar den Zutritt zum Unternehmen. Nach Angaben eines Sprechers habe der Zwischenbericht einer Compliance-Prüfung „den Verdacht von Pflichtverletzungen ergeben“.
Der Machtkampf in dem Unternehmen mit seinen knapp 400 Mitarbeitern tobt seit dem 11. Februar. In der Nacht zuvor hatte der Easy-Aufsichtsrat beschlossen, seinen bisherigen Vorsitzenden Oliver Krautscheid als Finanzchef in den Vorstand zu entsenden. Unternehmenschef Weißhaar trat daraufhin einen Urlaub an, der offiziell am 10. März endete. Als der Manager Mittwoch früh seinen Dienst in Mülheim wieder antreten wollte, durfte er offenbar sein Büro nicht betreten. Ein Easy-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.
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Das Unternehmen bestätigte jedoch Informationen unserer Redaktion, denen zufolge eine Untersuchung gegen den Vorstandsvorsitzenden eingeleitet wurde. Dem Sprecher zufolge habe der Aufsichtsrat „Kenntnis von verschiedenen Geschäftsführungsmaßnahmen“ Weißhaars im Jahr 2019 erlangt, „an deren Pflichtgemäßheit Zweifel bestehen“. Als Beispiele zählt der Sprecher „Maßnahmen der Geschäftsführung in Personalangelegenheiten“, aber auch „die pflichtgemäße Zusammenarbeit des Vorstands mit dem Aufsichtsrat und ferner das Kostenverhalten der Geschäftsführung“ auf.
„Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage, einer sich zunehmend verschlechternden Stimmung in der Belegschaft und eines spürbaren Abgangs von zahlreichen Leistungsträgern in den vergangenen Wochen und Monaten“ habe der Aufsichtsrat deshalb eine Compliance-Prüfung beschlossen. „Der erste Zwischenbericht zur Compliance-Prüfung hat tatsächlich den Verdacht von Pflichtverletzungen ergeben, allerdings ist die Compliance-Prüfung noch nicht beendet“, erklärte der Sprecher.
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m Gespräch mit unserer Redaktion wies Weißhaar die Vorwürfe zurück. „Es sind mehrere Punkte an mich adressiert worden, die auf unvollständigen und unzutreffenden Grundlagen formuliert wurden und von mir umfassend widerlegt wurden“, sagt der 54-Jährige. „Ich habe immer im Interesse von Gesellschaft und Mitarbeitern gehandelt und habe mir keinerlei Verfehlungen vorzuwerfen.“
Weißhaar war erst im Sommer 2018 zu Easy gekommen. Er führte die Firma, die elektronische Dokumentenmanagement-Systeme entwickelt und vertreibt, aus den roten Zahlen, die sich 2017 und 2018 angehäuft hatten. Erst im August 2019 hatte der Aufsichtsrat Weißhaars Vertrag vorzeitig bis zum 31. Juli 2024 verlängert. Ein halbes Jahr später steht der 54-Jährige vor dem Rauswurf. Über die Gründe machte das Unternehmen zunächst keine Angaben.
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Unter den Aktionären hat das Gerangel im Top-Management offenbar für große Unruhe gesorgt. Am Mittwoch fiel der Wert der Easy-Aktie knapp unter vier Euro. Am 11. Februar wurde das Papier an der Börse noch mit fast sieben Euro bewertet. Dem Kursverfall war auch eine Gewinnwarnung vorausgegangen, die der neue Finanzchef Krautscheid am 25. Februar herausgegeben hatte. Darin hieß es, der Umsatz für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019 liege knapp unter 51 Millionen Euro und damit unter der Prognose von 51 bis 53 Millionen Euro. Auch der operative Gewinn (Ebitda) werde schwächer ausfallen. Easy hatte mit einer Gewinnspanne von 4,7 bis 5,7 Millionen Euro gerechnet.
Offen bleibt, wie es jetzt weitergeht. Nach dem Wechsel von Oliver Krautscheid in den Vorstand hat das Unternehmen nur noch zwei Aufseher: Stefan ten Doornkaat, Rechtsanwalt und Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, sowie Armin Steiner, Vorstand der Beta Systems Software AG. Damit der Aufsichtsrat wieder vollzählig ist, hat Easy dem Amtsgericht Duisburg einen Ersatz-Kandidaten vorgeschlagen. Dazu sagte der Easy-Sprecher: „Eine Entscheidung ist uns bisher leider noch nicht bekannt. Das zuständige Amtsgericht Duisburg ist allerdings mehrfach auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hingewiesen worden.“