Heute ist Weltfrauentag. Zwei Geschäftsführerinnen der LEG erklären, warum es immer noch nötig ist, über Frauen in Führungspositionen zu reden.

Düsseldorf. Es gibt Frauen in Top-Positionen bei börsennotierten Unternehmen, die gar nicht auf die Geschlechterrolle angesprochen werden wollen. Ganz anders ist es bei Kathrin Köhling und Ulrike Janssen. Die beiden Geschäftsführerinnen beim größten Vermieter in NRW, der LEG, kamen aktiv auf unsere Redaktion zu, um über Frauen in Führungsposten zu reden. Sie wollen anderen Frauen Mut machen, einen ähnlichen Weg zu gehen und sprechen aber auch über die Probleme, auf die sie stoßen. Ein Gespräch zum Weltfrauentag.

Frau Janssen, Frau Köhling, Sie wollen über Frauen in Führungspositionen reden. Ist das überhaupt noch nötig?

Kathrin Köhling: Wenn es um Frauen in Führungspositionen geht, sind wir eben noch nicht da, wo wir sein sollten. Deshalb wollen wir andere Frauen ermutigen und unterstützen.

Ulrike Janssen: Es reicht nicht aus, darüber zu schimpfen, dass es so wenige Frauen gibt. Wir müssen auch als Vorbild fungieren. Man kann sich auf die Frauenrolle reduzieren oder nicht. Ich jedenfalls tue es nicht.

Köhling: Wir wollen zeigen, dass es uns Frauen in Führungspositionen gibt. Deshalb sitzen wir hier.

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Wie haben Sie Ihre Karrieren angelegt?

Janssen: Man muss Führung wollen. Sonst bringt auch eine Förderung nichts. Neben einer sehr guten Ausbildung hatte ich das Glück, am Berufsanfang zwei Vorgesetzte an meiner Seite zu haben, die mich unterstützt und gefördert haben.

Köhling: Neben dem Wollen und dem Können gehört auch etwas Glück dazu, eine verantwortungsvolle Position zu bekommen. Das ist übrigens ganz unabhängig davon, ob man Frau oder Mann ist.

LEG-Geschäftsführerin Ulrike Janssen.
LEG-Geschäftsführerin Ulrike Janssen. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Warum gibt es immer noch so wenige Frauen in Führungspositionen – trotz Quoten und jahrelanger Debatte?

Janssen: Das variiert von Branche zu Branche. In technischen Bereichen gibt es sicherlich noch einen Nachholbedarf. Kaufmännische Führungspositionen sind dagegen schon sehr häufig mit Frauen besetzt. Und bei uns in der Immobilienwirtschaft sind wir gar nicht so schlecht unterwegs. Bei der LEG sind 47 Prozent der Beschäftigten Frauen, viele davon mit Kindern, von den Führungskräften sind gut ein Drittel weiblich.

Köhling: Bei der LEG Wohnen NRW GmbH gibt es drei Geschäftsführer: uns beide und einen Mann. Von den sieben Niederlassungen, für die ich die Verantwortung trage, sind sechs unter weiblicher Leitung.

Janssen: Als technische Geschäftsführerin bin ich dagegen fast ausschließlich von Männern umgeben. Wir haben nur männliche Abteilungsleiter.

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Was können und sollten Unternehmen tun, um mehr Frauen in Chefpositionen zu bringen?

Köhling: Ich glaube, dass sich das über die Zeit entwickelt. Wichtig ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem man Beruf und Familie miteinander vereinbaren kann. Dabei werden wir in Deutschland besser. Aber wir sind da noch nicht am Ziel.

Janssen: Wir sollten immer Vorbilder für unsere Teams sein. Ohne technische Hilfsmittel wie Smartphone und Tablet wären Familie und Beruf viel schlechter miteinander zu vereinbaren. Dadurch ist man unabhängiger und kann bei Bedarf von zu Hause aus arbeiten. Die LEG etwa bietet flexibles Arbeiten an.

Ulrike Janssen & Kathrin Köhling

Ulrike Janssen ist seit Januar 2019 bei der LEG Geschäftsführerin für den Bereich Technik. Zuvor war die Diplom-Kauffrau für unterschiedliche Unternehmen aus der Immobilien-Branche tätig, darunter Jones Lang LaSalle in Düsseldorf, Property First in Bochum und RGM Gebäudemanagement in Dortmund. Seit 2015 gehört die Essenerin dem Verwaltungsrat des Bau- und Liegenschaftsbetriebs BLB an, der für das Land NRW 4300 Immobilien wie Universitäten und Gefängnisse verwaltet.

Kathrin Köhling hat im Januar 2020 bei der LEG die Geschäftsführung für alle sieben Niederlassungen und die Gewerbeimmobilien übernommen. Zuvor war sie für Strategie und Organisation beim größten nordrhein-westfälischen Vermieter zuständig. Vor ihrer Karriere bei der LEG war Köhling für den Unternehmensberater McKinsey und für das Institut für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung tätig. Die Mülheimerin ist promovierte Betriebswirtin.

Frau Janssen, stört es Sie, dass Sie fast ausschließlich mit Männern arbeiten?

Janssen: Das ist für mich nicht maßgeblich. Das Team muss funktionieren und Spaß haben. Und dabei geht es nicht ums Geschlecht.

Wie können Unternehmen mehr Frauen für technische Berufe begeistern?

Janssen: Ich glaube, da müssen wir viel früher ansetzen – im Elternhaus und in den Schulen. Es liegt auch an der Prägung, die Kinder mitbekommen. Früher gab es eben das klassische Bild, dass technische Berufe Männern vorbehalten sind. Es braucht vielleicht noch eine Generation, damit sich dieses Rollenverständnis grundlegend ändert.

LEG-Geschäftsführerin Kathrin Köhling.
LEG-Geschäftsführerin Kathrin Köhling. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Können Sie als Technik-Chefin denn zur Not auch einen tropfenden Wasserhahn bei Mietern reparieren?

Janssen: Ich hatte schon immer Berührungspunkte zu Technik und habe schon als Kind gern im Haus meiner Eltern gewerkelt. Zumindest weiß ich, dass ich zum Reparieren eines Wasserhahns eine Rohrzange brauche.

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Frau Köhling, in Ihren Geschäftsbereich fallen auch die Kundenbeschwerden. Ist das belastend für Sie?

Köhling: Nein. Man darf die Dinge gerade bei so emotionalen Themen nicht so persönlich nehmen. Es muss immer um die Sache gehen. Wir fühlen uns unseren Immobilien und unseren Kunden verpflichtet. Wir erwerben Wohnungen, um sie zu behalten und möchten, dass unsere Kunden zufrieden sind. Beschwerden sind natürlich nicht angenehm, aber sie sind auch eine Möglichkeit herauszufinden, wo und wie wir noch besser werden können.

Bedeutet Vermieten zunehmend auch ein Stück Sozialarbeit?

Köhling: Ausgewogene Quartiere sind uns sehr wichtig. Wir haben Wohnungen in gefragten Lagen wie Düsseldorf oder Münster – die vermieten sich sozusagen von allein. In Herne und Gelsenkirchen etwa ist die Situation dagegen schwieriger. Wir haben erkannt, dass wir uns noch mehr um gesamtgesellschaftliche Themen kümmern sollten. Auch deshalb haben wir mit „Dein Zuhause hilft“ eine Stiftung gegründet, die bei der Lösung von sozialen Problemen helfen soll.

Mit Susanne Schröter-Crossan bekommt die LEG im Sommer erstmals einen weiblichen Vorstand. War das überfällig?

Janssen: Ich freue mich darüber. Wenn es ein Mann geworden wäre, hätte mich das aber auch nicht gestört.

Köhling: Wie schon gesagt, die Qualifikation ist wichtig. Und wenn eine Frau die hat, sollte sie auch die gleichen Chancen haben. Wir freuen uns auf Frau Schröter-Crossan.