Essen. Grünes Licht aus Brüssel: Metro darf Real an den russischen Investor SCP verkaufen. Die Beschäftigten gehen mit – und bangen weiter um ihre Jobs.
Die Metro darf ihre 276 Real-Märkte an die russische Investorengruppe SCP verkaufen. Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission haben den Deal ohne Auflagen durchgewunken. Damit ist der kartellrechtliche Weg für die Metro frei, ihr verlustreiches Geschäft mit den so genannten SB-Warenhäusern loszuwerden. Der Düsseldorfer Handelskonzern sprach von einem „wichtigen Meilenstein“. Das Bangen um die Jobs geht für die 34.000 Beschäftigten allerdings weiter.
Deutsche Kartellbehörden schauen strenger hin
Nach Abarbeitung aller juristischen Formalien rechnet die Metro damit, das Geschäft bis Mai oder Juni über die Bühne gebracht zu haben. „Für den Vollzug der Transaktion sind noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen, die insbesondere die Umschreibung des Immobilienportfolios betreffen. Der Prozess läuft“, sagte eine Konzernsprecherin unserer Redaktion. Man sei dabei im Zeitplan.
SCP zahlt für die Real-Kette samt Onlinegeschäft, Fleischfabrik und 65 Immobilien netto rund 300 Millionen Euro. Metro-Chef Olaf Koch will sich ganz auf seine Großhandels-Märkte konzentrieren. Für die Real-Beschäftigten dauert die Zeit der Ungewissheit aber noch an. Denn der neue Eigentümer will rund 30 Märkte schließen, 50 unter der Real-Flagge weiterbetreiben und rund 190 Filialen an Wettbewerber weiterverkaufen. Dafür muss der neue Eigentümer jeweils die Zustimmung der deutschen Kartellbehörden einholen, was schwieriger werden dürfte als die nun erfolgte Zustimmung aus Brüssel.
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Die EU-Kommission hat den Deal in einem vereinfachten Fusions-Kontrollverfahren glatt durchgewunken, sie habe „keine Wettbewerbsbedenken“, heißt es in der kurzen Mitteilung aus Brüssel. Das war erwartet worden, weil es zwischen dem Handelsgeschäft von Real und den Immobiliengeschäften von SCP keine Überschneidungen gibt. Brüssel hatte schon den im vergangenen Jahr angepeilten Verkauf an den deutschen Handelsimmobilien-Investor Redos durchgewunken.
Metro wird die Real-Risiken früher los
Den sagte Metro-Chef Koch im Dezember ebenso kurzfristig wie überraschend ab und verkaufte Real stattdessen an SCP. Vor allem, weil die Russen bereit sind, alle Märkte und Mitarbeiter auf einen Schlag zu übernehmen und sich selbst um den Weiterverkauf zu kümmern. Damit ist Metro nun früher alle Risiken aus seinem defizitären Real-Geschäft los als dies mit Redos als Partner möglich gewesen wäre.
Die eigentlichen Auseinandersetzungen mit den Wettbewerbshütern hat nun SCP vor sich. Der Investor will die meisten Real-Märkte weiterverkaufen, Interesse an 100 Filialen hat Kaufland angemeldet, Edeka hatte im vergangenen Jahr bereits einmal die Übernahme von 87 Real-Märkten beim Bundeskartellamt angemeldet, dies nach dem Platzen des Redos-Deals aber zurückgezogen. Wie bei früheren Übernahmen im Lebensmitteleinzelhandel, etwa dem Verkauf von Kaiser’s/Tengelmann an Edeka und Rewe, dürften die Bonner Kartellwächter an jedem Standort genau hinsehen, ob der Käufer eine zu große Marktmacht vor Ort erhalten würde. „Die große Unsicherheit für die Beschäftigten geht weiter. Das ist das Dramatische“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger unlängst dazu.
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Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Metro sieben Real-Märkte schließen will – einen in NRW (Rheine), die meisten anderen in Süddeutschland. Hinzu kommen allerdings 30 weitere, die auf der vorläufigen Schließungsliste von SCP stehen. Das war zu dem Zeitpunkt noch eine gute Nachricht, weil zuvor von 40 Märkten die Rede war. Nun nähert sich die Zahl der Schließungen doch wieder dem Ausgangswert an.
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Die Gewerkschaft Verdi macht sich größte Sorgen um die Mitarbeiter, sie befürchtet, es könnten im Zuge der Zerschlagung der Kette bis zu 10.000 Arbeitsplätze wegfallen – und sieht die Bundesregierung in der Pflicht, dies zu verhindern. „Wir erwarten Haltung. Abtauchen ist unangemessen“, fordert Nutzenberger. Das Metro-Management bekam den Ärger der Beschäftigten zuletzt bei der Hauptversammlung vor drei Wochen zu spüren.