Die Regierung hat mit ihrem Kohlegesetz die gute Vorarbeit ihrer Kommission verwässert. Warum es für Klima und Unternehmen ein Rückschritt ist.

Die Kohlekommission hat lange gebraucht, um einen für alle irgendwie gangbaren Kompromiss für die Abschaltung aller Kraftwerke bis 2038 zu finden. Ein halbes Jahr lang rangen Experten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbänden um jedes Kilowatt und jedes Jahr Laufzeit. Die Bundesregierung hat doppelt so lange gebraucht, diesen guten Kompromiss wieder zu verwässern, neue Gräben aufzureißen und die Senkung der Treibhausgasemissionen zu verlangsamen.

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Konzerne und Klimaschützer beklagen nun unisono und völlig zurecht, dass die Regierung ihre Empfehlungen nicht 1:1 umgesetzt hat. Es war ihnen in der Kommission gelungen, die Interessen von Wirtschaft und Klimaschutz überein zu bringen. Politische Ränkespiele und ein künstlich aufgeblasener Ost-West-Konflikt haben aus einem gereiften Kompromiss einen halbgaren gemacht. Es wird länger dauern, den Ausstoß von Treibhausgasen in der gewünschten Menge zu senken. Und der Ausstieg belastet manche Unternehmen deutlich stärker als andere.

Uniper wollte früher aus der Braunkohle raus

Das liegt vor allem daran, dass die Ost-Ministerpräsidenten längere Laufzeiten für ihre besonders klimaschädlichen Braunkohlereviere erstritten haben. Die Betreiber selbst hätten bei auskömmlicher Entschädigung auch früher abgeschaltet, so wie es RWE im Rheinischen Revier mit seinen alten Blöcken macht. Dass Uniper sein Braunkohlekraftwerk in Schkopau schon 2026 auf Gas umrüsten wollte, nun aber von der Landespolitik gezwungen wird, dort bis 2034 Braunkohle zu verbrennen, ist absurd.

Die Braunkohle ist bis 2038 Geschichte, die Verstromung von Steinkohle schon 2033.
Die Braunkohle ist bis 2038 Geschichte, die Verstromung von Steinkohle schon 2033. © picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Weil die Regierung hohe Entschädigungen für die jüngeren Braunkohlekraftwerke scheut und die Ostländer befrieden will, müssen statt der Braunkohle nun die wenig rentablen Steinkohlekraftwerke früher vom Netz, obwohl sie deutlich weniger CO2 ausstoßen. Klimapolitisch ist das blanker Unsinn. Mit Datteln 4 geht zwar das modernste Steinkohlekraftwerk im Sommer doch noch ans Netz, es wird aber vor älteren und schmutzigeren Braunkohlemeilern wieder abgeschaltet. Den zusätzlichen Kohlestrom aus Datteln hätte die Bahn als Hauptkundin ohnehin lieber durch Ökostrom ersetzt. Und im Gegensatz zu den meisten älteren Steinkohleblöcken, die für Datteln nun vom Netz gehen sollen, wird das Riesen-Kraftwerk weitgehend in Volllast laufen. Die von Laschet und Pinkwart mantraartig wiederholte Behauptung, Datteln 4 trage zum Klimaschutz bei, ist deshalb falsch.

Bessere Lösung am Geld scheitern lassen

Wenn nun Politiker aus CDU und SPD das Kohleausstiegsgesetz als schwer errungenen, aber ausgewogenen Kompromiss feiern, gar historische Dimensionen bemühen, ist das reiner Selbstschutz. Sie haben eine bessere Lösung, die auf ihrem Tisch lag, am Geld scheitern lassen. Denn natürlich haben RWE, Uniper & Co. ein Recht auf Entschädigungen, wenn der Staat sie als Kraftwerksbesitzer enteignet. Und natürlich hätten die ostdeutschen Reviere für einen früheren Ausstieg mehr Unterstützung benötigt. Selbst die allseits als Brückentechnologie gewünschte Kraft-Wärme-Kopplung mit Gas wird sich schwer tun, weil die Förderung knapp ausfällt.

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Das Gesetz zum Kohleausstieg bleibt nichtsdestotrotz ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn im laufenden Gesetzgebungsverfahren oder spätestens in den kommenden Jahren aber nicht bald nachgesteuert wird, droht die deutsche Energiewende auf halbem Wege stehen zu bleiben.