Herne. Als erste Stadt nahm Herne an einer Bewerbungsrunde für Start-ups. Eine junge Firma soll nun helfen, die Sperrmüll-Abfuhr effizienter zu machen.
Herne ist nicht die einzige Stadt, die ein Problem mit massenhaft anfallendem Sperrmüll und Elektroschrott hat. Herne ist aber die erste Ruhrgebietsstadt, die auf die Unterstützung eines jungen Start-up-Unternehmens zurückgreift, um die Sperrmüllabfuhr bürger- und umweltfreundlicher und damit auch effizienter zu machen.
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„Eine Terminvergabe kann nur persönlich erfolgen. Die Gebühr beträgt zur Zeit 25 Euro pro Anfahrt für maximal vier Zimmereinrichtungen und ist bei der Beantragung des Termins zu zahlen“, heißt es etwas umständlich auf der Internetseite des städtischen Betriebs „Entsorgung Herne“. Nicht nur der barsche Ton dürfte sich künftig ändern. Mitarbeiter des Bonner Start-ups Adiuta Byte sind auf den Müllwagen mitgefahren und tief in die abfalltechnischen Abläufe eingetaucht. Ihr Fazit: „Zu starr und kundenunfreundlich“, fasst Vanessa Wolff zusammen. Die zehn festen Abholbezirke in Herne bedeuteten zu wenig Flexibilität. „Und was vier Zimmereinrichtungen bedeutet, bleibt für die Bürger unklar“, sagte die Mitarbeiterin des Start-ups unlängst beim Demo-Day in Essen. Nur ein möglicher Abholtag und oft lange Vorlaufzeiten seien überdies „kundenfern“.
Mehr Touren mit den Müllfahrzeugen
Mit Hilfe der Kundendaten, die die Stadt Herne zur Verfügung stellte, und eigener Software entwickelte Adiata Byte das System „Waste Hunter“. Online können die Bürger damit detailliert angeben, was sie entsorgen wollen: Sofa, Matratzen, Kühlschrank. Durch die bessere Planbarkeit kommt es zu 30 Prozent weniger Touren der Sperrmüllfahrzeuge, gleichzeitig können aber 42 Prozent mehr Aufträge pro Woche abgewickelt werden. So zumindest lauten die Berechnungen von Adiata Byte.
Auf das junge Unternehmen, eine Ausgründung des Fraunhofer Instituts SCAI in Sankt Augustin, ist Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) über die vom Initiativkreis Ruhr, RAG, RAG-Stiftung und Evonik getragene „Ruhrallianz“ aufmerksam geworden. Sie soll den Gründergeist im Ruhrgebiet neu entfachen. Zentrales Projekt ist der Data Hub Ruhr, der innovative Ideen auf Basis bislang ungenutzter Daten entwickeln soll. „Daten und Talente sind der Treibstoff für die Entwicklung des Ruhrgebiets und des ganzen Landes“, sagt Dudda im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Stadt Herne sei bereit, ihren „Datenschatz“ zu öffnen, um damit Innovationen anzustoßen.
Vorreiterrolle für Herne
Als erste Kommune hat sich Herne deshalb am Bewerbungsverfahren des Data Hub beteiligt. Bislang waren es ausschließlich Unternehmen, die über die Gründerinitiative weltweit nach Start-ups suchen lassen, die ihre speziellen Probleme lösen sollen. In der jüngsten Runde, in der auch Herne mit von der Partie war, bewarben sich knapp 150 Start-ups aus 24 Ländern auf vier Kontinenten. „Der Aufruf ging an junge Unternehmen in 103 unterschiedlichen Ländern. Ohne den Data Hub hätten die Herne gar nicht auf dem Schirm gehabt“, meint der Oberbürgermeister. Das sei nur möglich, weil der Initiativkreis Ruhr vom Revier aus eine Brücke in die internationale Welt der Start-ups geschlagen habe. Herne allein könne diese Kontakte gar nicht knüpfen.
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Dabei ist Dudda fest davon überzeugt, dass nur neue Ideen „die Denkweise verändern und den technologischen Fortschritt im Ruhrgebiet voranbringen“ könnten. „Wenn wir wirklich etwas bewegen wollen, müssen wir alles auf links drehen und nicht immer nur Stückwerk betreiben“, fordert Dudda und nimmt für seine Stadt Herne in Anspruch, mit dem Umwälzungsprozess bereits begonnen zu haben.
Die Datenflut, über die seine Verwaltung verfügt, will er nicht nur nutzen, um die Sperrmüllabfuhr auf neue Beine zu stellen. Herne war auch die bundesweit erste Stadt, in der E-Scooter rollen durften. Dudda setzte sich dabei nicht nur an die Spitze, um seinen Bürgern eine bequeme Art der Fortbewegung anzubieten. „Die Daten aus den E-Scootern nutzen wir, um den Nahverkehr zu verbessern“, so der Oberbürgermeister.
Bei der Ruhrallianz ist man zufrieden, dass mit Herne die erste Stadt in die wachsende Gründerszene des Ruhrgebiets einsteigt. „Herne ist Vorreiter. Wir hoffen, dass weitere Kommunen mitmachen“, sagt Stefan Weber, Start-up-Manager beim Initiativkreis Ruhr. Ärger mit dem Sperrmüll gibt es schließlich nicht nur in Herne.