Essen. Das Land NRW will bei der energetischen Sanierung Vorreiter sein. Was der Landesbetrieb BLB mit seinen 4300 Gebäuden für Klimaschutz tut.
Nach Kraftwerken, Industrie und Verkehr ist die Gebäudewirtschaft in Deutschland der viertgrößte Verursacher des Treibhausgases Kohlendioxid. Zu den bedeutendsten Eigentümern von Immobilien in NRW zählt das Land selbst. Ihm gehören rund 4300 Gebäude, darunter Universitäten, Gerichte und Gefängnisse.
„Wir haben einen wichtigen Hebel für Nachhaltigkeit in der Hand“, sagt Gabriele Willems, Geschäftsführerin des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB). Seit 2001 verwaltet die Behörde mit ihren 2200 Mitarbeitern rund zehn Millionen Quadratmeter Gebäudefläche, die auf einen Anlagewert von neun Milliarden Euro kommen. „Mit diesem Immobilienvermögen stehen wir europaweit an dritter Stelle“, so Willems. Davor rangieren allein die Konzerne Vonovia und Unibail-Rodamco.
750 Millionen Euro hat der BLB allein 2018 in seine Gebäude investiert. Wieviel davon in die klimaschonende energetische Sanierung fließt, kann Willems zwar nicht genau beziffern. Sie nennt aber eine andere Zahl: „Eine halbe Milliarde Euro investieren wir jährlich unter Maßgabe der Energieeinsparverordnung.“ Und: Als Gesellschaft des Landes sei der BLB verpflichtet, die für NRW formulierten „baupolitischen Ziele“ zu erfüllen: ökologisch, umweltbewusst, energiesparend. „Wir handeln in allem, was wir machen, nach ökonomischen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten“, betont die Geschäftsführerin.
Ökostrom von den Stadtwerken Bochum
So kauft der BLB zentral für alle Gebäude im Besitz des Landes Ökostrom bei den Stadtwerken Bochum ein. „Allein durch den grünen Strom sparen wir jährlich rund 170.000 Tonnen CO2 ein“, rechnet Willems vor. Nordrhein-Westfalen hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Klimaneutralität in der Landesverwaltung zu erreichen. Ein konkretes CO2-Einsparziel habe sich der BLB nicht gesetzt, sagt die Geschäftsführerin. „Da wir im Gebäudebestand nur Unikate haben, denken wir von den Möglichkeiten her.“ So sei es unter Umständen gar nicht möglich, auf das Dach eines denkmalgeschützten Gebäudes wie der Bezirksregierung Düsseldorf eine Photovoltaik-Anlage zu installieren. Bei der Grundsanierung des Landgerichts Duisburg beschränkte sich der BLB deshalb darauf, das Dach zu erneuern und zu dämmen, 870 Fenster zu erneuern und 440 energiesparende Leuchten einzubauen.
Bei Neubauten dagegen kann der Landesbetrieb bei klimaschonenden Instrumenten aus den Vollen schöpfen. Die im Jahr 2016 für rund 140 Millionen Euro fertiggestellte Hochschule Ruhr West in Mülheim ist für Willems ein leuchtendes Beispiel der jüngeren Vergangenheit. Rote Lamellen sind hier zugleich Gestaltungselement und Sonnenschutz. Die 62.800 Quadratmeter Brutto-Grundfläche werden mit Fernwärme auf Basis von Biogas beheizt. Solarthermie liefert in der Mensa warmes Wasser.
Fünf Jahre lang baute der BLB am neuen Justizzentrum Bochum, das für 146 Millionen Euro auf einer einstigen innerstädtischen Brache entstanden ist. Eine Geothermie-Anlage nutzt Erdwärme zum Heizen und Kühlen des Komplexes. Die Dächer sind zumindest für Photovoltaik vorgerüstet. Und der begrünte Innenhof soll für ein gesundes Klima inmitten der Innenstadt sorgen. Einige Kilometer weiter hat der Landesbetrieb freilich ein weit größeres Projekt vor der Brust: Für die Sanierung der Ruhr-Universität nimmt das Land aktuell eine Milliarde Euro in die Hand. Die Beton-Hochhäuser haben nicht nur ein energetisches Problem, in ihnen wurde auch Asbest verbaut. „Erst im Jahr 2040 werden wir dort die komplette Gebäudesubstanz modernisiert haben“, sagt BLB-Chefin Willems.
Die gelernte Architektin ist sich ihrer Verantwortung bewusst. „Wir haben eine Vorbildfunktion für nachhaltiges Bauen“, meint Willems. Deshalb ist es ihr Wunsch, Nachhaltigkeit stärker in den Fokus städtebaulicher Ausschreibungen zu stellen. Und so macht sich die BLB-Geschäftsführerin dafür stark, vermehrt mit Holz zu bauen. „Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und sorgt für ein angenehmes Raumklima. NRW hat sehr viele Holzbetriebe, hier sind die Bedingungen für Bauprojekte mit diesem Rohstoff somit sehr gut“, sagt sie.
Die ersten Folgen des Klimawandels bekommt auch der Landesbetrieb zu spüren. „In diesem heißen Sommer haben sich Gebäude gesetzt“, meint Willems. „Die Hitze stellt uns auch in so manchen Bürogebäuden vor Probleme. Dem müssen wir uns stellen“, sagt sie, um gleich einzuschränken: „In Panik müssen wir jetzt auch nicht verfallen.“ Alle Klimaanlagen jetzt gleich für Außentemperaturen von 40 Grad auszulegen, sei nicht mit dem Anspruch in Einklang zu bringen, Steuergelder verantwortungsvoll einzusetzen. „Aber da, wo sich kostengünstig und ökologisch sinnvoll Anlagen nachrüsten lassen, werden wir natürlich aktiv“, betont Willems.
Energetische Sanierung, Nachhaltigkeit, Klimaschutz: Willems ist davon überzeugt, dass die Landesregierung inzwischen ausreichend Geld in die Hand nimmt und der Sanierungsstau in öffentlichen Gebäuden des Landes, den es vor einigen Jahren noch gegeben habe, im Abbau sei. Der BLB sei in der Lage, die nötigen Maßnahmen zu finanzieren. Geschäftsführerin Willems: „Wir haben eher das Problem, dass wir keine Baufirmen finden, bei denen wir unsere Aufträge platzieren können.“