Aldenhoven. Airbus und Vodafone bringen ein unbemanntes Luftschiff an den Himmel. Das 5G-Netz hilft dabei, Bilder von Städten und Konzerten zu machen.

Das Luftschiff hebt ab und gleitet sanft durch die Luft. Der Kapitän sitzt allerdings nicht in der Kanzel, sondern steuert das unbemannte Fahrzeug aus 250 Kilometern Entfernung. Während autonomes Fahren auf den Straßen noch Zukunftsmusik ist, könnte es am Himmel schon bald Realität werden. Der Telekommunikationsanbieter Vodafone und der Flugzeugbauer Airbus haben eine Partnerschaft geschlossen, um den schnellen Mobilfunk-Standard 5G für die Luftfahrt zu nutzen. Ihre Pläne wollen beide Konzerne am Dienstag auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt vorstellen.

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„Altair“ hat Airbus sein neu entwickeltes Luftschiff getauft. Die mit Helium gefüllten Blimps sind weitgehend vom Himmel verschwunden. Zwei operieren in Friedrichshafen am Bodensee, eines betreibt die WDL am Flughafen Essen-Mülheim. Altair soll aber keine Passagiere befördern und Werbung fliegen wie seine großen Wettbewerber. „Die Luftschiffe sind zwölf Meter lang. Sie haben eine lange Flugdauer von bis zu drei Stunden und sollen vor allem als Sensorträger für die dreidimensionale Vermessung von Städten genutzt werden“, sagt Robert Holder, Leiter des Projekts Altair.

Einsatz in Krisengebieten und beim Sport

Viele Luftbilder wie Satellitenaufnahmen von Straßen liefere Airbus schon jetzt. Von der 5G-Technik erhofft man sich neue Möglichkeiten. „Ein Vorteil des 5G-Netzes wird sein, dass wir große Datenmengen wie hochaufgelöste Kamerabilder live und ohne Zeitverzögerung übertragen können“, so Holder. Airbus kann sich vorstellen, dass Kameras an Luftschiffen künftig größere Sportveranstaltungen im Fernsehen oder im Internet übertragen. Der Projektleiter ist davon überzeugt, dass sich Luftschiffe für diese Zwecke besser eignen als Drohnen. Holder: „Altair ist unbemannt und leichter als Luft, es kann also nicht einfach vom Himmel fallen. Damit ist sein Einsatz über dicht besiedelten Gebieten möglich und deutlich sicherer als die meisten anderen Lösungen.“

Die Kameras am Bauch des Luftschiffs.
Die Kameras am Bauch des Luftschiffs. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Airbus ist gerade dabei, zwei Prototypen des Luftschiffs gemeinsam mit Kunden und Partnern zu testen. „Wenn diese Versuche erfolgreich sind, könnte es durchaus zu einer Serienfertigung kommen“, kündigt Jens Federhen, Chef der Airbus-Ideenschmiede X-Works, an.

Datenübertragung in Echtzeit

Der neue Mobilfunkstandard 5G macht das Internet nicht nur sehr viel schneller, es ermöglicht vor allem auch die Vernetzung und Übertragung einer Vielzahl von Daten in Echtzeit – also ohne Verzögerung. Der vom Piloten aus der Ferne ausgelöste Lenkvorgang oder Bremsimpuls wirkt unmittelbar auf das Luftschiff. Die bisherigen Netze benötigen dafür immer noch eine kurze Latenz.

Hannes Ametsreiter, Deutschlandchef von Vodafone, sieht in 5G ganz neue Möglichkeiten für luftgestützte Dienstleistungen. „Das Luftschiff könnte in Zukunft Autobahnen überwachen, Staus melden oder in Erdbebengebieten eingesetzt werden. Es kann Sportfans aber auch bei der Ski-Abfahrt, beim Renn- oder Reitsport ganz neue Perspektiven eröffnen“, sagt er. Dabei kann der Pilot mehrere hundert Kilometer weit entfernt die Steuerung übernehmen. Ohne Latenzzeit können aber auch spektakuläre Bilder von Konzerten oder Sportveranstaltungen übertragen werden.

Vodafone spricht von „Weltpremiere“

„Die Steuerung von einem unbemannten Luftschiff per Mobilfunk ist eine Weltpremiere. Wir sehen uns als Innovationsführer bei 5G. Wir machen die Technik greifbar“, sagt Ametsreiter. „Wir können dem Luftschiff eine zugesicherte Bandbreite auf Knopfdruck im Netz reservieren. Auch bei einer Fülle von Telefonaten und Downloads in Menschenmengen bleibt das Netz stabil. Das ist das Neue bei 5G und das macht es sicher.“

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Mit dem Geschäft der Übertragungvon Bildern hat auch die Westdeutsche Luftwerbung WDL in Mülheim Erfahrung. „Luftschiffe haben im Vergleich zu Hubschraubern und Drohnen große Vorteile“, sagt Geschäftsführer Frank Peylo. „Sie sind sehr leise und haben sehr viel längere Betriebszeiten. Unser Luftschiff kann theoretisch bis zu 24 Stunden ununterbrochen am Himmel bleiben.“

Pilot sitzt 250 Kilometer entfernt

Auf dem Testgelände von Vodafone in Aldenhoven, Kreis Düren, ist der unbemannte Altair bereits in 300 Metern Höhe unterwegs und dreht außerhalb des Sichtbereichs seines Piloten Runden. Er sitzt nämlich in Frankfurt am Main. Auf dem Areal funkt bereits das 5G-Netz, das in den nächsten Jahren über die gesamte Republik gespannt werden soll. Aktuell hat Vodafone deutschlandweit 50 Stationen an das superschnelle Netz angeschlossen. In Aldenhoven kurven auch die ersten autonomen Autos im Testbetrieb. Auch sie sollen von den Luftschiffen profitieren. Mit den hochauflösenden Fotos, die sie liefern, können dreidimensionale Modelle und Karten erstellt werden, die Navigationssysteme und autonome Fahrzeuge nutzen.