Essen. Mit einer Jobbörse möchte die RAG für Bergleute eine Brücke in den Arbeitsmarkt bauen. Welche Kumpel in der Industrie besonders gefragt sind.
Eng und dicht gedrängt geht es zu bei der Jobbörse der RAG. 21 Unternehmen präsentieren sich sowohl als potenzieller Arbeitgeber für die 200 Bergleute, die von der RAG die Kündigung zum Jahresende erhalten haben, als auch für die Kumpel der Leiharbeitsfirma Start NRW.
Mit der Jobbörse der RAG soll die Brücke in den Arbeitsmarkt geschaffen werden
„Ich habe bislang ausschließlich gute Rückmeldungen bekommen. Von beiden Seiten – Bergleuten und Unternehmen“, verrät Patricia Wolff nach den ersten Stunden der Veranstaltung. Die Leiterin der Niederlassung von Start NRW in Bottrop ist optimistisch, dass es für alle Parteien eine vernünftige Lösung gibt: „Bei der Jobbörse geht es vor allem um den persönlichen Dialog. Die Bewerber können Fragen stellen, und ich bin sicher, dass viele den Kontakt zu den Firmen auch halten werden. Wir wissen, dass Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften besteht und wollen die Brücke in den Arbeitsmarkt schaffen.“
Lars Mucha (26) und Michael Wortmann (30) kennen sich seit ihrer Ausbildung und waren zehn Jahre lang als Industriemechaniker im Bergbau tätig. Bei der Jobbörse sind sie auch gemeinsam unterwegs und informieren sich am Stand der Firma Ralf Teichmann über mögliche Aufgaben. „Wir bekamen erklärt, dass wir für Aufbau, Wartung und Reparatur von Kränen eingesetzt würden“, sagt Michael Wortmann. Beide könnten sich vorstellen, diesen Beruf zukünftig auszuüben.
Der Job als Industriemechaniker ist stark nachgefragt
Deshalb lassen sie Julia Teichmann und Urban Lehmkühler einen kurzen Lebenslauf da. „Die Interessenten tragen sich dann noch mit einer Nummer in einer Liste ein. Diese Liste geben wir am Ende des Tages ab und sagen zu Start NRW, dass sie uns die vollständigen Bewerbungsunterlagen der Leute schicken sollen“, schildert Lehmkühler das weitere Prozedere. Das in der Kranbranche tätige Unternehmen sucht auf der Jobbörse Mechaniker, Mechatroniker sowie Elektriker. „Natürlich unterscheidet sich unsere Arbeit etwas von derjenigen unter Tage. Aber die Bergleute sind ja gut ausgebildet, insbesondere im Bereich der Hebe- und Fördertechnik“, zieht Lehmkühler eine Parallele.
Der Job als Industriemechaniker ist am Stand der Firma Ruthmann-Steiger ebenso stark nachgefragt. Für Schweißfachmann Jan Schering verwundert diese Tatsache nicht. „Die Bergleute bringen Hydraulikkenntnisse mit. Das hilft natürlich ungemein – auch uns“, betont er und ergänzt: „Wir haben Bedarf an Arbeitskräften und haben auch schon gute Erfahrungen mit ehemaligen Mitarbeitern der RAG gemacht.“ Neben Industriemechanikern wirbt das Unternehmen aus Gescher-Hochmoor zudem um Konstruktionsmechaniker und Lackierer.
Bergleute können sich umschulen lassen
Die Teilnehmer finden ebenfalls Angebote zur Umschulung vor. Beispielsweise zum Lkw- oder Busfahrer. „Bei uns gibt es auch die Möglichkeit, sich zum Fahrlehrer ausbilden zu lassen“, erzählt Marvin Nenninger, der als Ansprechpartner von der Fahrschule Krüssmann aus Oberhausen vertreten ist. Er beobachte viele Unentschlossene, die weiter in ihrem eigentlichen Metier arbeiten wollen und für die eine Umschulung keine Option ist: „Gerade junge Menschen, die erst ihre Ausbildung beendet haben, wollen natürlich in ihrem Beruf bleiben.“
Das ist auch das Ziel von Industriemechaniker Dennis Brockmann aus dem Münsterland. Dennoch ist er einer Veränderung im Berufsleben nicht abgeneigt: „Ich komme gerade vom Stand der Fahrschule. Das hat mich interessiert. Klar wäre das ein ziemlicher Quereinstieg, aber in dieser Branche gibt es gute Jobaussichten. Ich habe mich auch bei der Firma Heitkamp zur Ausbildung zum Maschinenführer informiert.“ Am Ende sei für ihn jedoch alles eine vernünftige Lösung, sofern er nicht weit fahren müsse und das Finanzielle stimme.
Tumulte im Düsseldorfer Landtag
Brockmann hatte im Sommer mit rund 200 Kumpeln von der RAG die betriebsbedingte Kündigung zum Jahresende bekommen. Es war das erste Mal, dass die frühere Ruhrkohle Bergleute entlassen hat, das Motto war immer, niemand solle ins Bergfreie fallen. Die RAG hat immer wieder betont, den Betreffenden Alternativangebote gemacht zu haben. Dem widerspricht der auf Bergbau-Arbeitsrecht spezialisierte Dattelner Anwalt Daniel Kuhlmann, der eine Reihe von Kündigungsschutzklagen für seine Mandanten auf den Weg gebracht hat.
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Mitte Juli war es deshalb im Landtag zu Tumulten gekommen, nachdem die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen gemeinsam gegen einen Antrag der AfD gestimmt hatten. Dieser sollte die Landesregierung auffordern, sich für die gekündigten RAG-Mitarbeiter einzusetzen. Dutzende Kumpel in Steigerkluft hatten die Beratungen auf der Besuchertribüne des Düsseldorfer Parlaments verfolgt und immer wieder ihrem Ärger lautstark Luft gemacht. Die Sitzung musste schließlich unterbrochen werden.