Essen. Brüssel setzt Deutschland letzte Frist für strengeren Grundwasserschutz vor Dünger. Rheinische Landwirte wollen keine „Diät für unsere Pflanzen“.
Im Streit um strengere Regeln für die Düngung im Ackerbau droht eine weitere Eskalation zwischen der EU, der Bundesregierung und den heimischen Landwirten. Die EU-Kommission hat Deutschland eine letzte Frist von zwei Monaten gesetzt, um den Schutz des Grundwassers vor zu viel Nitrat durch Düngemittel zu verbessern. Andernfalls drohe ein zweites Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, der Deutschland vor einem Jahr bereits verurteilt hatte. Bei einer weiteren Verurteilung droht ein Zwangsgeld von bis zu 850.000 Euro – pro Tag.
„Das wäre ein Diätprogramm für die Pflanzen“
Dabei hat die Bundesregierung mit ihren Plänen für eine Verschärfung der Düngeverordnung die Bauern bereits gegen sich aufgebracht. Die protestierten im Frühjahr bundesweit, als Details der Pläne bekannt wurden, etwa die Vorgabe, in bereits stark belasteten Gebieten 20 Prozent weniger Dünger auszubringen. Das würde in NRW vor allem den Niederrhein betreffen, weshalb der Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV) von einer „schweren Bürde für den rheinischen Ackerbau“ spricht.
Die Bauern betonen, nur so viel zu düngen wie nötig sei. Weniger Düngung bedeute entsprechend weniger Ernte. „20 Prozent unter Bedarf zu düngen, wäre wie ein Diätprogramm für die Pflanzen“, sagt RLV-Sprecherin Marliena Kipp. Die Landwirte wüssten gerne, wer dann ihre Ertragsverluste ausgleiche.
Die neuen Pläne der Regierung hat die EU noch nicht berücksichtigt, die Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) Ende August in Brüssel präsentieren wollen. Auch dort ist allerdings bekannt, dass die Ministerinnen uneins sind, Schulze strengere Vorgaben will als Klöckner. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella betonte am Donnerstag, in den Gesprächen mit Berlin gebe es „einige Fortschritte“. Doch die Qualität des deutschen Grundwassers sei nach wie vor „unter den schlechtesten in der Europäischen Union“.
Wasserwirtschaft begrüßt Druck der EU
Der Bauernverband kritisierte den Druck aus Brüssel als „unverhältnismäßig und unangemessen“. Ganz anders der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. „Die Bundesregierung und die Bundesländer wären gut beraten, endlich die europäischen Vorgaben konsequent umzusetzen“, sagt Hauptgeschäftsführer Martin Weyand. Andernfalls drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe, „die Leidtragenden wären am Ende die Verbraucher, die für eine nachlässige Landwirtschaftspolitik zur Kasse gebeten würden“.
Die jüngsten Messungen, auf die sich die EU bezieht, stammen aus 2016. Damals war an mehr als jeder vierten Messstation der Nitratwert im Grundwasser überhöht.