Herne. . Deutschlands größte inhabergeführte Parfümeriekette Pieper aus Herne wappnet sich für den Wettbewerb mit den Branchenriesen Douglas und Sephora.
Wenn Oliver Pieper ins Büro geht, schaut er auf eine helle Wand, an der jede Filiale einen Platz hat. Über einen langen Flur verteilt hängen – fein säuberlich sortiert – Fotos seiner Läden in NRW, Niedersachsen, Hamburg und Bremen, versehen mit Städtenamen und einer Adresse. „Mit unseren 150 Filialen decken wir, was die Bevölkerung angeht, mehr als ein Viertel der Republik ab“, sagt Oliver Pieper, der Deutschlands größte inhabergeführte Parfümeriekette leitet.
Sein Vater Gerd Pieper, der die Herner Familienfirma groß gemacht hat, zog sich im vergangenen Jahr mit 75 Jahren aus Altersgründen zurück. Seitdem ist sein heute 44-jähriger Sohn alleiniger Geschäftsführer der Stadt-Parfümerie Pieper.
„Haben zum Glück keine Finanzinvestoren im Nacken“
Es ist ein Generationswechsel, während sich die gesamte Parfüm- und Kosmetikbranche im Umbruch befindet. Der Weltmarktführer Sephora des französischen Luxuskonzerns LVMH drängt auf den deutschen Markt. Mit der Übernahme der Online-Plattform Parfumdreams ist auch der Düsseldorfer Branchenriese Douglas, der mehrheitlich zum Finanzinvestor CVC gehört, in die Offensive gegangen.
„Die Veränderungsgeschwindigkeit ist rasant, wir sind in einem extrem harten Umfeld“, berichtet Pieper – ohne den Eindruck zu erwecken, als könne ihn der scharfe Wettbewerb aus der Ruhe bringen. „Wir haben zum Glück keine Finanzinvestoren im Nacken oder müssen Erträge an Aktionäre ausschütten“, gibt der Unternehmer zu bedenken. „Wir können alles, was wir erwirtschaften, wieder in unsere Geschäfte, in unseren Onlineshop und unsere Mitarbeiter investieren.“
Mit dem Parfümeriegeschäft aufgewachsen
Seit 1931 ist die Stadt-Parfümerie Pieper ein inhabergeführter Familienbetrieb. Die Ursprünge liegen in einem kleinen Seifengeschäft. Zum Unternehmen gehören mehr als 1000 Beschäftigte – bei einem Frauenanteil von 95 Prozent. „Dass Frauen unser Unternehmen prägen, beschränkt sich nicht auf den Verkauf“, sagt Pieper. „Wichtige Führungspositionen sind mit Frauen besetzt, darunter unsere Expansionsleiterin und Onlinechefin.“
Oliver Pieper ist mit dem Parfümeriegeschäft aufgewachsen. „Als Kind habe ich zwischen Stahlregalen gespielt, mein erstes Taschengeld habe ich in unserem Warenlager verdient“, erinnert sich der Unternehmer, der heute mit seiner Ehefrau in Bochum wohnt und Vater eines Sohnes und einer kleinen Tochter ist. In Münster hat Pieper Betriebswirtschaft studiert und in Köln promoviert. Eine Ausbildung absolvierte er bei der Deutschen Bank, Erfahrungen sammelte er unter anderem bei Coca-Cola. Seit 2007 arbeitet Pieper im Herner Familienunternehmen. Viele Jahre lang befand sich die Firmenzentrale über der Pieper-Parfümerie in der Wanne-Eickeler Einkaufsstraße. Mittlerweile sind Verwaltung und Zentrallager in einem Gewerbegebiet im Herner Stadtteil Baukau.
Filialen im Centro und an der Kö anders als in Datteln
„Das Filialgeschäft wird trotz des wachsenden Onlinehandels eine große Bedeutung behalten“, sagt Pieper voraus. Einkaufen in einer Stadt sei für viele Menschen ein Hobby. „Das ist etwas anders als Shoppen per Mausklick.“ Hinzu komme: „Kunden möchten die Düfte, bevor sie sie kaufen, erstmal riechen.“
Im Wettbewerb mit den Handelskonzernen will Pieper damit punkten, indem jede Filiale so ausgestattet sein soll, wie es den Bedürfnissen der Kunden vor Ort entspricht. „Unsere Geschäfte im Oberhausener Centro, an der Düsseldorfer Königsallee oder in Datteln unterscheiden sich erheblich“, erklärt der Firmenchef.
Auch die Übernahme kleinerer Geschäfte sei denkbar. „Wir können uns vorstellen, dass wir uns durch Zukäufe an der einen oder anderen Stelle verstärken. Im Kölner Raum haben wir unlängst die Filialen des Traditionsgeschäfts Goldkopf übernommen. Hier hat es gepasst“, sagt Pieper. Das Filialnetz werde sich immer wieder leicht verändern. „Dort, wo es nicht gut läuft, werden wir – so wie in der Vergangenheit auch – vereinzelt Standorte schließen. In Witten zum Beispiel haben wir uns von einem Geschäft verabschiedet, in Recklinghausen und Krefeld sind zwei aus drei Filialen geworden.“
„Der Handel ist im Moment am Anschlag“
In einigen kleineren und mittelgroßen Städten gebe es mittlerweile viele Leerstände. Hier sei auch die Politik gefordert, das Umfeld zu verbessern. „Hohe Parkgebühren, zu wenige oder schlecht erreichbare Parkplätze und mangelnde Sauberkeit in der City schrecken Kunden ab. Es gibt also Handlungsbedarf“, mahnt Pieper, der auch im Präsidium des Einzelhandelsverbands vertreten ist. „Der Handel ist im Moment am Anschlag. Der Druck durch die wachsende Online-Konkurrenz ist groß. Anders als die Geschäfte in der Stadt sind die Online-Plattformen durchgehend geöffnet, auch am Sonntag.“
Mehr verkaufsoffene Sonntage für die klassischen Händler wären Piepers Ansicht zufolge „eine Chance, damit vor allem kleinere und mittlere Städte sich präsentieren können“. Aber leider werde „dieses Mittel zu selten genutzt“.
Warnung vor Graumarkthändlern im Netz
Schon jetzt sei der Onlineshop „die größte Filiale“ der Parfümerie Pieper, berichtet der Firmenchef. „Wir wollen online aus eigener Kraft wachsen und sind dabei auf einem guten Weg.“ Am Firmensitz in Herne befindet sich auch das Zentrallager für den gesamten deutschen Markt. Im Onlinehandel arbeitet Pieper unter anderem mit der Post-Pakettochter DHL zusammen. „Ein bis drei Tage dauert es, bis die Ware bei den Kunden ist“, sagt Pieper.
Die mehr oder weniger anonyme Welt des Onlinehandels locke zuweilen auch unseriöse Parfümanbieter an, berichtet Pieper. „Es tummeln sich auch Graumarkthändler im Netz, etwa bei Ebay. Niemand weiß, woher diese an die Ware kommen.“ Die großen Hersteller mit Marken wie Chanel oder Hermès arbeiten eigentlich nur mit autorisierten Händlern zusammen, zu denen das Herner Unternehmen gehört. Mit Blick auf die Graumarkt-Ware sagt Pieper: „Es kann sich also auch um alte oder gefälschte Düfte handeln.“
Das wachsende Onlinegeschäft sorgt für Preiskämpfe in der Parfüm- und Kosmetikbranche. Auch Plattformen wie Amazon und Zalando mischen mit. „Der Preis ist ein entscheidendes Kriterium, um bestehen zu können“, betont Pieper und fügt selbstbewusst hinzu: „In diesem Wettbewerb wollen und werden wir mithalten.“ Von Konkurrenten, die Preisdumping betreiben, grenzt er sich ab. „Es gibt und gab Wettbewerber, die Harakiri gemacht haben. Manche von ihnen sind auch schon wieder vom Markt verschwunden.“