Essen. . Geld ist nicht alles: Dem Gastgewerbe fehlt Nachwuchs genauso wie IT-Firmen und Banken – dabei zahlen Letztere mit am besten. Der Gehaltscheck.
Um den rar werdenden Nachwuchs müssen die Branchen und die einzelnen Betriebe immer härter kämpfen. Auch in diesem Jahr werden wieder mehr Lehrstellen leer bleiben, zeigt der Zwischenbericht der Bundesagentur für Arbeit. Bereits 2018 konnten die Betriebe fast 10.000 angebotene Ausbildungsplätze nicht besetzen. Dabei haben Gaststätten ebenso zu kämpfen wie Spediteure, Versicherungen und Banken. Dabei können Letztere mit der besten Bezahlung werben.
Das verdienen Berufsanfänger in den ersten drei Jahren
Die Ausbildungsvergütung bleibt gleichwohl ist ein starkes Argument, einen Beruf zu erlernen. Wichtiger sollte den Jugendlichen freilich sein, was sie nach der Lehre erwarten dürfen. In den ersten drei Jahren nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung verdienen Bankkaufleute mit durchschnittlich 40.560 Euro am meisten. Und fast das Doppelte wie ein junger Friseur mit 21.070 Euro oder eine Zahlarzthelferin (22.040 Euro). Das ergab eine Auswertung des Internetportals Gehalt.de (siehe Grafik).
Probleme, genügend Nachwuchs zu finden, haben aber mittlerweile alle diese Branchen. Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister bieten in NRW dieses Jahr mehr als 3500 Lehrstellen an, beworben haben sich trotz der guten Gehaltsaussichten aber nur gut 2100 junge Frauen und Männer. Aktuell sind noch gut 1800 Ausbildungsplätze in diesem Sektor frei – und die meisten werden es wohl bis zum Ende des Ausbildungsjahres 2018/19 im Oktober mangels Bewerbern auch bleiben. Die Zahnarztpraxen haben noch 1400 unbesetzte Ausbildungsstellen. Das geht aus dem Ausbildungsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit in NRW für den Monat Mai hervor.
Besonders angespannt ist die Lage in der Gastronomie – und sie wird sich in diesem Jahr noch einmal drastisch verschärfen: Auf die über die Bundesagentur für Arbeit mehr als 2000 ausgeschriebenen Stellen zur Ausbildung von Restaurantfachkräften oder Köchen haben sich landesweit nur 525 junge Menschen beworben. Wer sich für einen dieser Berufe interessiert, kann sich seinen Arbeitgeber entsprechend sorgfältig auswählen – auf jeden der wenigen noch unversorgten Bewerber kommen aktuell fünf freie Stellen in der Gastronomie. Ähnlich sieht es in den Backstuben und den Metzgereien aus, die aus Nachwuchsmangel reihenweise schließen.
- Noch krasser ist der Nachwuchsmangel nur im Lebensmittelverkauf: Auf zehn freie Lehrstellen etwa für Bäckereifachverkäufer oder Fleischfachverkäufer kommt Ende Mai ein einziger Bewerber.
- Berufskraftfahrer ist ebenfalls nur für wenige Jugendliche der Traumberuf – auf die noch zu habenden knapp 1000 Ausbildungsplätze kommen aktuell nur noch 250 Bewerber.
- Auf dem Bau können sich sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau die noch unentschiedenen 680 Bewerber einen der rund 1800 Plätze aussuchen.
- Umgekehrt erhalten Autohäuser und Werkstätten ebenso wie Büroarbeitgeber nach wie vor deutlich mehr Bewerbungen als sie Stellen zu vergeben haben.
Was viele Jugendliche offenbar immer noch nicht wissen: Das große Zukunftsfeld IT ist keineswegs nur über ein Studium zu erschließen. Neben IT-Ingenieuren werden genauso dringend auch Arbeitskräfte auf mittlerer Qualifikationsebene gesucht. In der klassischen Berufslehre werden etwa Netzwerktechniker, Systemanalytiker und Programmierer sowie Fachkräfte für IT-Service und Vertrieb ausgebildet. Trotz der sehr guten Zukunftsaussichten in diesen Berufen gibt es in NRW weniger Bewerber (1971) als gemeldete Stellen (2546). Weil viele Bewerber noch keinen Vertrag unterschrieben haben, sind aktuell noch mehr als 1000 Stellen in den IT-Bereichen zu haben.
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Auch im Ruhrgebiet wird es für die Betriebe schwerer, Azubis zu finden, umgekehrt für die Jugendlichen leichter, an eine Lehrstelle zu kommen. Doch im Gegensatz zu anderen Landesteilen wie Südwestfalen oder dem Münsterland gibt es zwischen Duisburg und Dortmund unterm Strich nach wie vor zu wenige Ausbildungsplätze. Dies, obwohl sich die Arbeitgeber im Revier dieses Jahr ins Zeug gelegt haben und mit 27.600 Lehrstellen 8,6 Prozent mehr anbieten als 2018. Das ist mit Abstand der größte Zuwachs aller NRW-Regionen.
Im Revier fehlen Stellen, besonders in Gelsenkirchen
Am schlechtesten ist die Lage für Jugendliche im Kreis Recklinghausen und Gelsenkirchen mit 66 bzw. 68 Ausbildungsplätzen auf 100 Bewerber. Auch im übrigen Ruhrgebiet fehlen Plätze. Fast ausgeglichen ist das Verhältnis von Stellen und Bewerbern nur in Dortmund (98).
Oberhausen/Mülheim (91), Essen (90) und Duisburg mit 88 Stellen für 100 Bewerber bieten ihren Jugendlichen zumindest rechnerisch annähernd genügend Stellen.