Bochum. . Der in den Niederlanden gestartete Online-Supermarkt Picnic will Verbraucher im Ruhrgebiet beliefern. Erste Station der Expansion ist nun Bochum.
Verbraucher in Deutschland fremdeln mit Lebensmitteln aus dem Internet. Das soll sich ändern. Nach dem erfolgreichen Start in den Niederlanden und am Niederrhein will die Online-Supermarktkette Picnic nun auch das Ruhrgebiet erobern. Zunächst in Bochum will das Start-up mit rund 25 seiner selbst entwickelten Elektro-Transporter vom Apfel bis zur Zahnpasta alles nach Hause liefern, was die Kunden via Smartphone-App bestellen.
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„Wir sind der erste Online-Supermarkt, der gratis liefert“, sagt Frederic Knaudt selbstbewusst und umreißt damit gleich die Strategie, wie der erst seit eineinhalb Jahren hierzulande vertretene Anbieter Picnic die großen Händler wie Amazon, Rewe und Bringmeister herausfordern will: in erster Linie über den Preis. „In Deutschland zahlt niemand fünf Euro Liefergebühr“, meint der 33-Jährige im Hinblick auf die Wettbewerber, die Zustellkosten auf die Kunden umlegen. „Deshalb müssen wir unsere Logistik so effizient aufstellen, dass wir auf eine Gebühr verzichten können.“
Die auffällig bunten elektrischen Lieferfahrzeuge hat das Unternehmen selbst entwickelt und lässt sie bei einem französischen Hersteller bauen. Die Kisten und Rollregale – ebenfalls eine Erfindung der Firma – füllen den Laderaum komplett aus, ohne Platz zu vergeuden. Über ein Rollo können die Fahrer die Ware rasch entladen. „Das spart Zeit und Kosten“, betont Knaudt.
„Wir müssen keine teuren Ladenlokale unterhalten und können bei der Edeka Rhein-Ruhr in Moers zu denselben Konditionen einkaufen wie stationäre Händler“, sagt der Geschäftsführer. Sparend wirke sich zudem aus, dass der Online-Supermarkt im Gegensatz zu stationären so gut wie keine Lebensmittel wegwerfen muss. Wenn an einem Tag 100 Brote bestellt werden, dann backe der Bäcker auch nur 100 Brote für Picnic.
Preisvergleich bei Supermärkten und Discountern
All das führe dazu, meint Knaudt, dass das Start-up die Zustellkosten nicht auf die Kunden umlegen müsse und bei den Preisen das Niveau der Supermärkte und Discounter halte. „Wir vergleichen wöchentlich die Preise bei den Wettbewerbern und haben den Anspruch, immer der günstigste Anbieter zu sein.“ Bei der Marktbeobachtung greift das Unternehmen auf Daten zurück, die Agenturen in den Läden erheben.
Das Konzept scheint aufzugehen: 2018 im Kreis Neuss gestartet, beliefert das Unternehmen inzwischen auch Mönchengladbach und Viersen. Nach Knaudts Angaben nutzen 35.000 Kunden den Bringservice. „10.000 stehen auf der Warteliste“, sagt der Chef. Denn geliefert wird nur dort, wo Picnic einen Hub, also ein Verteilzentrum hat.
„Wir wollen für Wirbel im Revier sorgen“
Der fünfte Hub soll nun in Bochum eröffnet werden. „Das Ruhrgebiet ist für uns der bislang größte Schritt. Die Region ist sehr wichtig für uns. Andere gehen nach Hamburg, München oder Berlin. Wir wollen für Wirbel im Revier sorgen“, so Knaudt. Sein Ziel ist es, von Duisburg bis Dortmund vertreten zu sein. „Wir suchen nach geeigneten Immobilien“, sagt der Mitgründer.
Im Zuge der Expansion plant er bereits, im Revier ein zweites Warenlager zu bauen. Bislang laufen die Bestellungen der Kunden in Viersen auf. Dort werden die georderten Produkte in Kisten gepackt. Ein Lkw bringt sie zu den lokalen Hubs, wo sie auf die kleinen Elektrolieferwagen verteilt werden. Montags bis samstags in der Zeit von 14 bis 22 Uhr schwärmen die Autos aus und suchen die Kunden auf.
Fahrer sind meist Studenten
Von den 450 Picnic-Mitarbeitern arbeiten rund 20 in der Zentrale. Alle anderen sind im Lager und als Fahrer tätig. „Das sind meist Studenten, die sich ihre Arbeitszeiten flexibel aussuchen können“, sagt Knaudt. Der Jungunternehmer ist trotz aller Vorbehalte gegen den Online-Lebensmittelhandel in Deutschland vom Erfolg des Picnic-Konzepts überzeugt. Seinen Optimismus saugt Staudt ausgerechnet aus der guten alten Zeit: „Für die Menschen sind wir so etwas wie die Rückkehr des modernen Milchmanns“.
>>> Fahrer kommen zu festen Zeiten
Einen Wunschtermin für die Lieferung können Kunden nicht komplett frei bestimmen. Picnic spricht vom Milchmann-Prinzip. Ein Lieferant fährt nachmittags und abends zu einer bestimmten Zeit durch die Straßen in einem Lieferbezirk. Per Smartphone-App kann die Route des Fahrers verfolgt werden.