Iserlohn. . Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese glaubt, dass Chromtrioxid u.a. in Armaturen- und Automobilbranche weiter eingesetzt werden darf.
Innerhalb der Europäischen Union ist nach wie vor offen, ob der Einsatz von Chromtrioxid gänzlich verboten werden wird. Rund 1500 Unternehmen mit Galvaniken, darunter zahlreiche in Deutschland, warten darauf, dass die EU-Kommission endgültig über einen Antrag zur Weiterverwendung entscheidet. Rund 70 Unternehmensvertreter trafen sich am Montagabend auf Einladung des CDU-Europaabgeordneten Dr. Peter Liese bei Dornbracht in Iserlohn, um sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
Liese ist optimistisch, dass „der Antrag „wahrscheinlich von der Europäischen Union genehmigt wird“. Genährt wird diese Hoffnung am Abend von Carsten Bermig, dem persönlichen Referenten der „Industrie-Kommissarin“ Elzbieta Bienkowska, die federführend in der EU-Kommission zuständig ist. Einer Kommissionsentscheidung vorgreifen darf der Gast aus Brüssel allerdings nicht.
Altmaier soll übernehmen
Seit September 2017 ist die Verwendung von Chromtrioxid nur noch auf Antrag möglich. Etliche Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen und insbesondere aus Südwestfalen hatten sich an dem entsprechenden Antrag beteiligt, der aktuell wie ein Moratorium wirkt, weil über ihn noch nicht endgültig entschieden wurde.
Noch im Februar dieses Jahres hatte es gut ausgesehen. Der für die EU-Chemikalienverordnung zuständige Ausschuss hatte grünes Licht gegeben. Dann kam ein schwerer Dämpfer und die Verunsicherung bei den Firmen wuchs: Das EU-Parlament stimmte Ende März mit knapper Mehrheit für einen Antrag der Grünen – mit Stimmen von Sozialdemokraten und Liberalen –, den unzweifelhaft krebserregenden Stoff gänzlich aus der Produktion zur Oberflächenveredelung zu verbannen.
Chronologie zum Chromtrioxid in der EU
2012 ist Chrom-VI-Oxid (auch Chromtrioxid genannt) nach der EU-Chemikalienverordnung
REACH als krebserregender Stoff eingestuft worden.
Seit September 2017 gilt eine Zulassungspflicht mit Nachweis über Verfahren und verwendete Menge des Chromoxids, um den Stoff in der Produktion weiter verwenden zu dürfen.
Entsprechende Anträge zur Autorisierung mussten bis März 2016 gestellt werden, um nach dem September 2017 noch mit Chrom VI produzieren zu dürfen.
Die Anträge sind teuer, allein die Bearbeitungsgebühr der ECHA für die Prüfung beträgt bei größeren Firmen 54.000 Euro. Sie fällt in einer Staffelung ab, je nach Größe der Firma. Insgesamt rechnen Experten mit finanziellem Aufwand zwischen 150.000 und 200.000 Euro – pro Antrag.
Für den Ursprungsantrag eines Konsortiums hatte der REACH (EU-Chemikalienverordnung)-Regelungsausschuss im Februar 2019 grünes Licht gegeben. Das Europäische Parlament stimmte Ende März mit knapper Mehrheit für ein Verbot, hat aber an dieser Stelle „nur“ empfehlenden Charakter. Die Kommission rechnet im Juni oder Juli mit einer Klärung. Letztlich kommt es auch auf die Haltung der Mitgliedsstaaten an.
Der Antrag wurde von vielen Unternehmen (Konsortium) gemeinsam gestellt. Beteiligt sind große Chemiebetriebe wie Lanxess ebenso wie Sauerländer Unternehmen, die alle auf Basis diese Antrages Chromtrioxid aktuell verwenden. Würde er abgelehnt, stünde die Produktion sofort still.
Das Gremium ist in diesem Fall nicht entscheidend. Dennoch hat das Votum Einfluss auch auf die Regierungen der Mitgliedsländer. Deutschland habe sich beispielsweise wie das Parlament für ein Komplettverbot ausgesprochen, lässt Liese, NRW-Spitzenkandidat der CDU bei der Europawahl, durchblicken. Das Votum sei aus dem Bundesumweltministerium von Svenja Schulze (SPD) gekommen. An Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sei das Thema lange vorbeigegangen, sagt Liese – obwohl tausende Unternehmen mit entsprechend etlichen tausend Beschäftigten betroffen sind. Der Europaabgeordnete hofft, dass sein Berliner Parteifreund im Wirtschaftsministerium sich nach einem entsprechenden Weckruf von ihm (per Brief) nun des Themas annimmt.
Vielleicht könnte Altmaier so einmal beim Mittelstand punkten. Nach Ansicht des Wirtschaftsverbandes VDMA, der mehr als 3000 mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer vertritt, droht bei einem Verbot die Unterbrechung der Wertschöpfungskette hierzulande. Chromtrioxid wird bei der Hartverchromung benötigt, um beispielsweise Hydraulikzylinder oder Druckwalzen oder Armaturen widerstandsfähig zu machen. Auch in der Automobilzuliefererindustrie wird der Stoff eingesetzt – wie auch bei der Glanzverchromung in der Sanitärbranche. Alternativen in gleicher Qualität und mit gleicher Funktionalität gibt es laut Experten derzeit noch nicht.
Für Kleinbetriebe wird es eng
Mittlerweile haben etliche Unternehmen zusätzlich eigene Anträge auf Weitervewendung gestellt, darunter auch ein Zusammenschluss, an dem unter anderem Dornbracht und Keuco beteiligt sind.
Selbst einer positiven Entscheidung bleiben kleinere Galvanikbetriebe nach der bisherigen Systematik weiter vom Aus bedroht. Ihnen fehlt es zum Teil an Geld und Know-how, die aufwendigen Anträge selbst zu stellen und alle notwendigen Nachweise zu liefern, dass es bei ihren Produkten keine Alternativen zum Einsatz von Chromtrioxid gibt. „Den kleineren Zulieferern wäre sehr geholfen, wenn sie von den Ergebnissen der größeren Unternehmen profitieren dürften“, sagt Uwe Dietrich. Der Dornbracht-Ingenieur gilt in der Branche inzwischen als eine Art „Chrom-VI-Papst“, wenn es um die Anträge geht. Aber auch ihm bleibt bis zum Sommer nur Hoffen – dann soll eine Entscheidung fallen.