Essen. . Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff spricht im Interview über die schwierige wirtschaftliche Lage des Konzerns. Das Scheitern der Stahlfusion hat Folgen.

Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff schwört die Beschäftigten des Essener Traditionskonzerns auf massive Veränderungen ein. „Unsere wirtschaftliche Lage ist heute schlechter, als wir es vor einem Jahr erwarten konnten“, sagte Kerkhoff im Interview mit unserer Redaktion. Der Konzern gebe derzeit mehr Geld aus, als er einnehme. „Das kann so nicht bleiben.“

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Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff gestikuliert am 15.5.2019 während eines Interviews in der Zentrale in Essen. Foto: Lukas Schulze / FUNKE Foto Services
Von Andreas Tyrock, Ulf Meinke und Stefan Schulte

Zuletzt ist Thyssenkrupp wieder in die roten Zahlen gerutscht. Der Konzern spüre eine konjunkturelle Eintrübung, so Kerkhoff. Negativ wirke sich zudem aus, dass die seit dreieinhalb Jahren geplante Stahlfusion mit dem indischen Hersteller Tata in Europa am Widerstand der EU-Wettbewerbshüter gescheitert sei. „Die aus dem Zusammenschluss erhofften positiven Effekte wird es nun nicht geben. Darauf müssen wir reagieren.“ Sein Ziel sei es nun, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern einen neuen Plan für das Stahlgeschäft zu entwickeln.

Radikaler Strategieschwenk und Abbau von 6000 Jobs

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Am vergangenen Freitag hatte Kerkhoff einen radikalen Strategieschwenk verkündet. Mit dem Scheitern der geplanten Stahlfusion begrub er auch die angestrebte Zweiteilung von Thyssenkrupp in einen Industrie- und einen Werkstoffkonzern. Nun steht der Ruhrkonzern vor einer harten Sanierung. In den kommenden drei Jahren sollen 6000 Arbeitsplätze wegfallen.

Von der Entscheidung der EU-Kommission zeigte sich Kerkhoff zutiefst enttäuscht. „Im Werkstoff- und Stahlgeschäft ging und geht es darum, überlebensfähig zu bleiben. Und ganz sicher nicht darum, mit Größe Kunden über den Tisch zu ziehen.“

„Es steht jetzt nicht alles auf der Verkaufsliste“

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Mit einem Börsengang der Aufzugsparte soll möglichst bald Geld in die Konzernkasse kommen. Ziel ist auch eine Holding-Struktur mit einer kleineren Konzernzentrale und unabhängigeren Geschäften rund um Autoteile, U-Boote und Industrieanlagen. Dies sei nicht gleichzusetzen mit einer Zerschlagung, beteuerte Kerkhoff. „Es steht jetzt nicht alles auf der Verkaufsliste.“ Thyssenkrupp sei aber offen, bei möglichen Kooperationen mit anderen Unternehmen die Mehrheit an Geschäftsbereichen abzugeben.

Für den Stahl könne er sich nach wie vor Fusionen vorstellen, betonte Kerkhoff. Mit Blick auf ein mögliches Zusammengehen mit dem niedersächsischen Stahlkonzern Salzgitter und die Schaffung einer „Deutschen Stahl AG“ sagte er: „Wir sind offen für Konsolidierungen, die Sinn ergeben.“