Essen. . Mit dem Zusammenschluss der Stahlriesen Thyssen und Krupp vor 20 Jahren begann für Konzern eine rasante Fahrt mit Höhen und Tiefen. Eine Chronik.

10. Mai 2019: Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff begräbt seine beiden wichtigsten Projekte: Die Konzernaufspaltung und das Stahl-Joint-Venture mit Tata. Der Mischkonzern steckt wieder einmal in der Krise.


1998 - 2010

1998/1999 - Zusammenschluss der beiden mehr als 100 Jahre alten Traditionskonzerne Thyssen und Krupp. Zusammen erzielen sie mit 185.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 32 Milliarden Euro und einen Vorsteuergewinn von 616 Millionen Euro.

16. August 2000 - Ein für September geplanter Börsengang der Stahlsparte wird wegen einer schwachen Bewertung abgesagt.

2007 - Die EU-Kommission verdonnert Thyssenkrupp wegen der Beteiligung an einem Aufzugskartell zu einem Bußgeld von 480 Millionen Euro.

Bilanzjahre 2006/2007 und 2007/08 - Der Konzern fährt im weltweiten Stahlboom Rekordgewinne ein. 2007/08 steigt der Nettogewinn auf 2,3 Milliarden Euro. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von 1,30 Euro pro Aktie.

2010 - Thyssenkrupp eröffnet im Juni ein neues Stahlwerk in Brasilien, im Dezember in den USA zwei Werke für Stahl und Edelstahl. Die Riesenprojekte kosten insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro.


2011 - 2013

Januar 2011 - Der ehemalige Siemens-Manager Heinrich Hiesinger übernimmt den Chefposten von Ekkehard Schulz.

Bilanzjahr 2010/11 - Das amerikanische Stahlgeschäft entwickelt sich zum Desaster. Thyssenkrupp schreibt gut zwei Milliarden Euro auf Steel Americas ab. Die Sparte fährt einen operativen Verlust von 3,1 Milliarden Euro ein.

11. Dezember 2011 - Der Konzern verkauft die zivilen Schiffbauaktivitäten von Thyssenkrupp Marine Systems mitsamt der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss an Star Capital.

2011/12 - Thyssenkrupp lagert das Edelstahlgeschäft mit der Weltmarke Nirosta in die Tochter Inoxum aus und stößt diese an Outokumpu ab. Die Transaktion im Volumen von 2,7 Milliarden Euro muss später teilweise rückabgewickelt werden.

Mai 2012 - Hiesinger zieht die Notbremse bei Steel Americas. Die Werke sollen verkauft werden.

Geschäftsjahr 2011/12 - Thyssenkrupp schreibt 3,6 Milliarden Euro auf Steel Americas ab. Der Konzern fährt einen Verlust von 4,7 Milliarden Euro ein. Die Nettofinanzschulden steigen auf 5,8 Milliarden Euro. Die Dividende fällt erstmals aus.

Juli 2012 - Das Bundeskartellamt verhängt wegen des Schienenkartells gegen Thyssenkrupp Gleistechnik GFT ein Bußgeld von 103 Millionen Euro. Hinzu kommen später noch ein weiteres Bußgeld von 88 Millionen Euro und Schadenersatzzahlungen von deutlich über 100 Millionen Euro an die Deutsche Bahn


2013 - 2017

30. Juli 2013 - Im Alter von 99 Jahren stirbt Konzern-Patriarch Berthold Beitz. Die Dortmunder Uni-Rektorin Ursula Gather rückt an die Spitze der Krupp-Stiftung, die heute noch mit rund 21 Prozent der größte Einzelaktionär des Konzerns ist.

25. September 2013 - Der schwedische Finanzinvestor Cevian meldet, 5,2 Prozent der Anteile des Konzerns erworben zu haben.

November 2013 - Das US-Flachstahlwerk wird für gut eine Milliarde Euro an die Konkurrenten ArcelorMittal und Nippon Steel verkauft.

4. März 2014 - Cevian hält 15,1 Prozent der Anteile. Inzwischen sollen es rund 18 Prozent sein.

17. Januar 2014 - Nach dem erneuten Ausfall der Dividende wird auf der Hauptversammlung erstmals scharfe Kritik an Hiesinger laut. „Hiesinger hat zuviel versprochen“, sagen Kritiker. Die Strategie sei unklar.

Bilanzjahr 2013/14 - Mit einem Überschuss von 212 Millionen Euro schreibt der Konzern erstmals seit drei Jahren schwarze Zahlen. Die Aktionäre erhalten eine Dividende von elf Cent je Aktie.

Februar 2017 - Mit dem Verkauf des verlustreichen Stahlwerks in Brasilien für 1,5 Milliarden Euro an Ternium beendet der Konzern das Stahlabenteuer in Amerika. Insgesamt investierte Thyssenkrupp rund zwölf Milliarden Euro darin. Auch nach Abzug der Verkaufserlöse für die Werke in Brasilien und den USA verblieb unter dem Strich ein Verlust von rund acht Milliarden Euro.


2018

Januar - Cevian ist zunehmend unzufrieden mit Hiesinger und erhöht den Druck. „Die aktuelle Konglomeratsstruktur ist zu komplex und schwerfällig.“

24. Mai - Der US-Hedgefonds Elliott teilt den Erwerb eines größeren Aktienpakets von Thyssenkrupp mit, das aber bis heute nicht die Meldeschwelle von drei Prozent erreicht hat.

30.Juni - Thyssenkrupp und Tata Steel beschließen die Zusammenlegung ihrer europäischen Stahlgeschäfte.

5. Juli - Nur fünf Tage später tritt Hiesinger zurück. In einem Brief an die Mitarbeiter deutet er auf einen fehlenden Rückhalt durch die Großaktionäre Krupp-Stiftung und Cevian hin.

13. Juli - Der Aufsichtsrat ernennt Finanzchef Guido Kerkhoff vorerst zum Vorstandsvorsitzenden.

16. Juli - Nach Hiesinger wirft Aufsichtsratschef Ulrich Lehner das Handtuch. Auch Lehner verweist auf einen mangelnden Rückhalt durch die großen Aktionäre und den Aufsichtsrat.

31. Juli - Wenige Wochen nach dem Rücktritt Hiesingers dampft der Konzern seine Prognose für das Geschäftsjahr 2017/18 ein. Grund hierfür sind vor allem die Probleme der Tochter Industrial Solutions mit dem Anlagenbau und dem Marinegeschäft.

27. September - Vorstandschef Kerkhoff gibt Pläne zur Aufspaltung von Thyssenkrupp in einen Werkstoff- und einen Industriegüterkonzern bekannt.

30. September - Der Aufsichtsrat stimmt der Aufspaltung zu und macht Kerkhoff mit einem neuen Fünf-Jahres-Vertrag zum dauerhaften Vorstandschef.

30. Oktober - Die EU-Kommission leitet eine tiefer gehende Prüfung der Stahl-Joint-Venture-Pläne von Thyssenkrupp und Tata ein.

8. November - Thyssenkrupp muss wegen einer drohenden Kartellstrafe der Stahlsparte Rückstellungen bilden. Der Konzern verfehlt dadurch die bereits gesenkten Jahresziele. Das Geschäftsjahr 2017/18 schließt der Konzern mit einem bereinigtem Ebit von 1,6 Milliarden Euro ab. Unter dem Strich bleiben gerade einmal 60 Millionen Euro übrig.


2019

4. Februar - Die ehemalige Bosch-Managerin Martina Merz wird Aufsichtsratschefin.

Februar - Die EU-Kommission fordert von Thyssen und Tata Zugeständnisse für eine Freigabe der Joint-Venture-Pläne. Die IG Metall warnt vor zu großen Zugeständnissen. Kerkhoff spielt wenig später die Bedeutung des JV herunter. „Bringt es uns um, wenn es nicht stattfindet?“ Nein.“

26. April - Die EU-Kommission verlängert die Frist zur Überprüfung der Stahlfusions-Pläne bis 17. Juni, meldet aber weiter Zweifel an.

10. Mai - Thyssenkrupp legt die Pläne für ein Stahl-Bündnis und die Aufspaltung zu den Akten. Stattdessen könnte es einen Teilbörsengang der Aufzugssparte geben.