Düsseldorf. . Allein bei der Commerzbank in NRW haben die Kunden 23,5 Milliarden Euro auf Konten liegen, die keine Zinsen abwerfen. Kunden scheuen Aktienkäufe.
Der Grünstich in der spektakulären Kundenhalle der NRW-Commerzbankzentrale in Düsseldorf ist unübersehbar. Das Design trägt die Handschrift der Dresdner Bank, die die gelbe Commerzbank vor ziemlich genau zehn Jahren übernommen hat. Ob jetzt auch noch blaue Tupfer hinzukommen, ist ungewiss. Die Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank haben gerade erst begonnen.
Gustav Holtkemper und Stefan Otto versuchen, sich auf das Tagesgeschäft zu konzentrieren. Die beiden Bereichsvorstände verantworten die Vertriebsregion Nord/West. Mit 2,43 Millionen Kunden ist Nordrhein-Westfalen bundesweit der größte Markt für die Commerzbank, die Nummer zwei unter den deutschen Privatbanken. Zu den „ergebnisoffenen Gesprächen“ mit dem angeschlagenen Marktführer Deutsche Bank wollen sich Holtkemper und Otto nicht äußern. Die Verhandlungen laufen auf Vorstandschef-Ebene in Frankfurt.
Stefan Otto hat seinen Posten in Düsseldorf erst zu Jahresbeginn angetreten. Als Firmenkundenchef der Mittelstandsbank Nord/West verantwortet der gebürtige Mülheimer und ausgewiesene Schalke-Fan das Geschäft mit Unternehmen, die mehr als 15 Millionen Euro Jahresumsatz auf die Waage bringen. Im vergangenen Jahr, sagt Otto, habe die Commerzbank in NRW unter dem Strich 732 Firmenkunden hinzugewonnen. Das entspreche einem Plus von knapp zehn Prozent. „Über regionale Nähe wollen wir bei den Sparkassen und Volksbanken weiter angreifen“, gibt sich der neue Bereichsvorstand angriffslustig.
Mit ihrer breiten Aufstellung in fast 50 Ländern sei die Commerzbank in der Lage, international tätige Mittelständler in ihrem Geschäft zu begleiten. „Das ist einer unserer Wettbewerbsvorteile im Firmenkundengeschäft“, meint Otto. Bei Unternehmen mit 100 Millionen Jahresumsatz und mehr sei das Geldinstitut bereits Marktführer. Mit der sich abzeichnenden Eintrübung der Konjunktur erwartet Otto für 2019 „ein herausforderndes Jahr“. Aufgrund globaler Risiken wie dem Brexit, dem Handelskonflikt mit den USA und China habe sich 2018 im Mittelstand „eine gewisse Zurückhaltung“ bei Investitionen feststellen lassen.
Auch im Privatkundengeschäft setzte die Commerzbank 2018 ihr Wachstum fort. Nach eigenen Angaben gewann sie knapp 43.000 Kunden hinzu. „Seit Ende 2016 sind wir um vier Prozent gewachsen“, sagt Bereichsvorstand Gustav Holtkemper. Der Kunden-Zulauf bestätige die Commerzbank in ihrer Politik, das Netz von bundesweit rund 1000 Filialen – davon 250 in NRW – unangetastet zu lassen. „Drei von vier neuen Konten bei der Commerzbank wurden in der Filiale eröffnet“, so Holtkemper.
Die Commerzbank wittert bundesweit eine wachsende Wechselstimmung unter den Bankkunden. „Ein Viertel sind bereit, das Institut zu wechseln“, gibt Holtkemper das Ergebnis einer Umfrage wieder. Ein zentraler Faktor bei der Wechselbereitschaft seien die Gebühren. „Unser kostenloses Girokonto ist unser Wachstumstreiber“, meint der Bereichsvorstand.
Zuwächse bei Raten- und Konsumkrediten
Profitieren kann die Commerzbank offenbar auch von ihrer Entscheidung, das Geschäft mit Raten- und Konsumkreditenwieder selbst zu betreiben. „Bei Zinssatz und Nebenkosten sind wir wieder wettbewerbsfähig“, sagt Holtkemper. In der Folge vergab die Commerzbank in NRW im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben eine halbe Milliarde Euro mehr Ratenkredite – ein Drittel mehr als im Vorjahr. Das A&O bei Konsumkrediten, so der Banker, sei eine funktionierende Technik: „Die Kunden müssen den Kredit für den neuen Fernseher oder das Auto online innerhalb von zehn Minuten abschließen können.“
Mit 3,4 Milliarden Euro neu ausgegebenen Krediten boomte auch das Baufinanzierungs-Geschäft der Commerzbank in NRW. Der Abwärtstrend an den Börsen bescherte dem Geldinstitut dagegen ein „schwieriges Geschäft“ mit Wertpapieren. Hinzu komme die anhaltende Skepsis der deutschen Anleger gegen Investitionen in Aktien und Fonds. „Auf unseren Spar- und Tagesgeldkonten in NRW liegen 23,5 Milliarden Euro, obwohl unsere Kunden dafür keine Zinsen erhalten“, klagt Gustav Holtkemper. Durch dieses Anlageverhalten verlören die Kunden unter Berücksichtigung der Inflationsrate von bis zu zwei Prozent effektiv Kaufkraft und Vermögen.