Essen. . Die Kohlekommission hatte das Ruhrgebiet gar nicht auf dem Schirm. Die SPD versucht, das bei der Umsetzung in der großen Koalition nachzuholen.

Die Bundesregierung soll nicht nur die Braunkohlereviere am Niederrhein mit Strukturhilfen stützen, sondern auch die Steinkohlekraftwerks-Standorte im Ruhrgebiet. Darauf besteht die Ruhr-SPD im Bundestag, wenn es nun an die Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission in der großen Koalition geht.

„Die Steinkohleverstromung ist besonders im Ruhrgebiet ein wichtiger Teil der Verbundindustrie. Deshalb müssen auch im Ruhrgebiet die vom Kohleausstieg betroffenen Kommunen einen fairen Anteil an den für den Strukturwandel vorgesehenen finanziellen Mitteln erhalten“, heißt es in einem Positionspapier der SPD-Abgeordneten aus dem Ruhrgebiet, das dieser Zeitung vorliegt.

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Die Forderung, die auch Oberbürgermeister besonders aus dem nördlichen Revier stellen, fußt auf der Befürchtung, dass die Revierkommunen leer ausgehen. Im Abschlussbericht der Kommission wird zwar ausdrücklich betont, auch Standorte von Steinkohlekraftwerken könnten an strukturpolitischen Maßnahmen teilhaben. „Aber nur, wenn der Anteil der Steinkohlewirtschaft an der regionalen Wertschöpfung von erheblicher Relevanz ist.“ Im Vergleich kommen die Steinkohleblöcke im Revier bei der Bedeutung für die jeweilige Stadt aber nicht annähernd an die Braunkohlereviere heran. Der Bericht ist aber an diesem Punkt so vage formuliert, dass der Politik Spielräume bleiben.

Die Sozialdemokraten werfen der schwarz-gelben Landesregierung und dem Berliner Koalitionspartner vor, das auszublenden. Aus Andreas Pinkwarts (FDP) NRW-Wirtschaftsministerium klingt wie aus Peter Altmaiers (CDU) Bundeswirtschaftsministerium durch, dass es schwer wird mit Strukturhilfen fürs Ruhrgebiet. Auch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erklärte im Landtag, es sei kaum möglich, von den 15 Milliarden Euro Fördergeldern für NRW etwas fürs Ruhrgebiet abzuzwacken. Bessere Chancen dafür sehen CDU und FDP in der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, die strukturschwachen Regionen helfen soll. Die Landesregierung verweist zudem auf ihre Ruhrkonferenz.

Kraftwerke sind große Arbeitgeber in den Städten

Die Kohleverstromung auch aus Steinkohle soll in Deutschland spätestens 2038 enden, die Kraftwerke gehen nach und nach vom Netz. In Duisburg, Gelsenkirchen, Herne, Lünen, Bergkamen und Werne sieht man der absehbaren Stilllegung der Kraftwerke mit Sorge entgegen. Und der Energiekonzern Uniper befürchtet, sein riesiges Kraftwerk Datteln 4 nun gar nicht mehr ans Netz bringen zu können.

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Für das Rheinische Braunkohlerevier hat die Landesregierung vor Ort einen Forderungskatalog mit Wünschen für Zukunftsprojekte und Strukturhilfen anfertigen lassen und in die Kommission eingespeist. Aus dem Ruhrgebiet steht dagegen kein einziges Projekt im Abschlussbericht. Das will die SPD nun bei der Umsetzung nachholen. „Ministerpräsident Laschet hat für das Ruhrgebiet schlecht verhandelt“, sagte Michael Groß, Sprecher der Ruhr-SPD im Bundestag, unserer Redaktion. Ruhrgebiets-Projekte müssten „unbedingt ins Strukturstärkungsgesetz“, das für die Umsetzung der Kohlekommissionspläne vorgesehen ist. Alles andere ist den SPD-Abgeordneten zu unkonkret, die dem Vernehmen nach auch Parteichefin Andrea Nahles für ihr Anliegen gewonnen haben.

Für die Braunkohlereviere wie hier „Garzweiler“ werden Milliarden an Strukturhilfen des Bundes fließen. Die SPD fordert das auch für die Steinkohlekraftwerks-Standorte im Ruhrgebiet.
Für die Braunkohlereviere wie hier „Garzweiler“ werden Milliarden an Strukturhilfen des Bundes fließen. Die SPD fordert das auch für die Steinkohlekraftwerks-Standorte im Ruhrgebiet. © Fabian Strauch

Wichtig sei auch die Sicherung der Fernwärmeschienen im Ruhrgebiet, die auch aus Kohlekraftwerken gespeist werden. Gehen sie vom Netz, braucht es alternative Wärmequellen, etwa durch neue Gaskraftwerke. Beides wird von der Kommission ausdrücklich gewünscht, nun braucht es konkrete Projekte für die Umsetzung.

Die Ruhr-SPD zählt einige Bereiche für Strukturhilfen auf, etwa das Revier als Modellregion für klimagerechte, smarte Stadtentwicklung, für Wasserstoff-Technologie, für die Batteriezellenfertigung und vieles mehr. Laut Groß sind das „Platzhalter“, die mit Projekten und Ideen aus dem Ruhrgebiet selbst gefüllt werden sollen. So wie es auch die Braunkohlereviere tun durften.