Duisburg. . Obwohl auch ein Testfeld für autonom fahrende Schiffe in Brandenburg entstehen soll, macht sich auch das Ruhrgebiet weiter Hoffnung.
Um fahrerlose Autos zu erproben, wurden bundesweit bereits 18 Teststrecken ausgewiesen. Eine davon gibt es in Düsseldorf. Geht es nach Wirtschaft und Wissenschaft, könnten schon im übernächsten Jahr auch die ersten autonomen Binnenschiffe im Ruhrgebiet auf Probefahrt gehen. Die Region rechnet sich gute Chancen aus, den Dortmund-Ems-Kanal zur Teststrecke machen zu können.
Daran ändert auch nichts, dass das Kölner Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in der vergangenen Woche ankündigte, zusammen mit Partnern aus Industrie und Bund ein digitales Testfeld für Binnenschiffe an der Spree-Oder-Wasserstraße in Brandenburg aufzubauen. Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Neustrelitz ist nach eigenen Angaben bereits dabei, Assistenzsysteme zu entwickeln, die ein Schiff in die Schleuse geleiten, ohne dass der Kapitän eingreifen muss.
Nach Kohleausstieg neue Anforderungen
„Das Binnenschiff muss flexibler werden“, sagt Ralf Ziebold vom DLR-Institut. Um Massengüter wie Kohle und Erz zu transportieren, seien die Schiffe immer breiter und länger geworden. Nach dem Kohleausstieg gehe der Schwergut-Transport nun zurück. Die verkehrsarme Spree-Oder-Straße sei ein „idealer Ort“, um die Assistenzsysteme, aber auch kleinere Container-Einheiten zu testen.
Als prädestiniert für die Erforschung des autonomen Binnenschiffs fühlt sich aber auch das Ruhrgebiet. Ende 2018 hatte das Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) in Duisburg die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie präsentiert. Die Forscher schlagen darin vor, das automatisierte Fahren auf einem 20 Kilometer langen Stück des Dortmund-Ems-Kanals zwischen Dortmund und Waltrop zu testen. Die Strecke könne über den Rhein-Herne-Kanal nach Duisburg und damit bis zur Hauptverkehrsader, dem Rhein, verlängert werden.
Land NRW gibt 1,5 Millionen Euro
Hinter dem Projekt stehen nicht nur alle Industrie- und Handelskammern des Reviers. Auch die Landesregierung hat bereits 1,5 Millionen Euro für das Testfeld bereitgestellt. In Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen und der RWTH Aachen hat das Entwicklungszentrum der Binnenschifffahrt DST Anträge gestellt, um auch in den Genuss von Fördermitteln des Bundes und der Europäischen Union zu kommen.
Das größte Pfund des Konsortiums heißt aber Sandra. Der Flachwasser-Fahrsimulator der DST in Duisburg lässt sich nach Einschätzung der Experten zu einer Leitstelle für autonome Binnenschiffe ausbauen.
Fahrsimulator in Duisburg
Ocke Hamann, Verkehrsexperte und Geschäftsführer bei der Niederrheinischen IHK zu Duisburg zeigt sich trotz der Konkurrenz im Osten optimistisch. „Wir sehen den Wettbewerb um die Testfelder sportlich, auch weil die Duisburger Bewerbung viele Stärken hat, die von Hamburg oder Brandenburg nicht kopiert werden können“, sagte Hamann unserer Redaktion.
Er erwartet, dass es bundesweit drei Testfelder mit unterschiedlichen Schwerpunkten geben wird: autonom fahrende neue Schiffstypen im Osten und der Praxistest für einen Seehafen wie Hamburg. Im Ruhrgebiet konzentriere man sich auf Schiffe im Betrieb: „Wir wollen keine neuen Typen entwickeln, sondern bestehende Schiffe in die Lage versetzen, dass sie automatisiert und am Ende autonom fahren können. Es geht um die Ertüchtigung der Flotte“, so Hamann.
In Duisburg geht man davon aus, dass Kapitäne schon in 15 Jahren ein oder mehrere Binnenschiffe gleichzeitig vom Computer aus steuern können. Darin sieht IHK-Experte Hamann auch einen Lösungsansatz für den Fachkräftemangel in der Branche: Schiffsführer müssen nicht mehr rund um die Uhr wochenlang an Bord sein, sondern können die Abende mit ihren Familien verbringen.
>>> Maritime Konferenz: Duisburg geht leer aus
Nun ist es amtlich: Duisburg darf in diesem Jahr nicht die prestigeträchtige Maritime Konferenz unter der Schirmherrschaft von Kanzlerin Merkel ausrichten. Dafür hatten sich Ruhr-Wirtschaft und NRW-Landesregierung stark gemacht.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Tagung im Mai nach Friedrichshafen am Bodensee vergeben. IHK-Geschäftsführer Ocke Hamann bedauert die Entscheidung: „Die Landespolitik muss daraus die Lehre ziehen, sich früher auf den Weg zu machen, um für den Standort Ruhrgebiet zu werben.“