Witten. . Tagung in Witten über die Verantwortung von Unternehmen und in Unternehmen und eine Erkenntnis: Gesellschaftliches Engagement zahlt sich aus.
Die Einladung zeigt ein Foto von Barack Obama. Natürlich inszeniert, aber historisch: Minuten vor der Vereidigung als Präsident schaut er in den Spiegel und fragt sich offenbar: Bin ich bereit? Kann ich das? Will ich das? Traut man mir das zu? Und vielleicht auch: Was habe ich davon? Darum geht es, wenn auch selten so extrem, bei der Übernahme von Verantwortung. Wer ist bereit? Und was bedeutet das Diese Fragen stellte jetzt das Rheinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) auf einer Tagung an der Uni Witten/Herdecke.
Der Philosoph
Christian Neuhäuser, Professor für Praktische Philosophie an der TU Dortmund, übernahm den grundsätzlichen Part, verwies darauf, dass die Verwendung des Begriffs Verantwortung so stark zugenommen wie die des Begriffs Pflicht abgenommen habe, und formulierte die zentrale Frage bei der Bewertung: „Wer ist wem gegenüber für was aufgrund welcher Maßstäbe verantwortlich?“ Ein Manager im Unternehmen könne die Interessen der Eigentümer, der Arbeitnehmer, der Gesellschaft, der ganzen Menschheit oder des eigenen guten Lebens („wir wollen doch alle moralisch integre Personen sein.“) ins Zentrum stellen. Und welche Maßstäbe sollten gelten? Es gibt widersprüchliche. Wie den moralischen Kompass ausrichten? Wenn es um Klimawandel oder Menschenrechte geht, empfiehlt Neuhäuser die Frage: „Auf welcher Seite der Geschichte will ich stehen?“ Er plädiert aber auch dafür, das Scheitern an hohen Ansprüchen zuzulassen: „Dann versuchen wir es neu und besser.“ Unternehmen rät er, die Werte in die Strukturen einzuschreiben und betont: „Werteorientierung bedeutet nicht, traditionalistisch zu sein, sondern zukunftsorientiert und weltoffen.“
Die DHL-Managerin
Dr. Iris Kalb von der Deutsche Post DHL Group hat einen ganz anderen Zugang: Sie berichtet von den Anstrengungen, jeden Mitarbeiter dazu zu bewegen, in seinem Bereich Verantwortung zu übernehmen. Das motiviere, verbessere die Prozesse und reduziere die Fehler. Und die Verantwortung des Unternehmens, wenn DHL mit Subunternehmern von Subunternehmern arbeite, die Mindestlöhne unterliefen? Es sei eben schwer, alles restlos zu kontrollieren. Aber das sei auch nicht ihr Thema.
Die andere Bank
Bei der anthroposophisch und ökologisch orientierten und genossenschaftlich organisierten GLS Gemeinschaftsbank (Bochum) ist die Rendite zwar auch nicht ganz unwichtig, aber entscheidend, so Vorstandsmitglied Aysel Osmanoglu, sei die strategische Frage: „Wo wird das Geld aus sozialen, ökologischen oder kulturellen Gründen gebraucht?“ Dort werde investiert. 32% in erneuerbare Energien, 25% ins Wohnen, 17% in Soziales und Gesundheit, 12% in Bildung und Kultur, 7% in Ernährung und 7% in Nachhaltige Wirtschaft. „Wir wollen eine Wende in sozialen und ökologischen Fragen unterstützen und äußern uns deshalb auch zu politischen Themen“, sagt Osmanoglu. Etwa für eine CO2-Abgaben und ein bedingungsloses Grundeinkommen, für eine höhere Besteuerung von Kapital und eine Entlastung der Arbeitseinkommen. Auf einer digitalen Plattform der Bank steht im Zentrum eine Projektschmiede, die Ideen vorstellt und Unterstützung organisiert. Die Idee dahinter: Weg vom Bankprodukt, hin zu gesellschaftlichen Bedürfnissen.
Die Personal-Expertin
Ann-Marie Nienaber ist Professorin für Personalmanagement in Coventry und blickt hinein in die Firmen. Ihre Erfahrung: Wer nicht delegieren kann schadet dem Unternehmen. Nienaber: „Die Abgabe von Verantwortung ist ein Vertrauenvorschuss, der motiviert. Eine hohe Überwachungsintensität führt dagegen in die Misstrauenspirale.“ Aber sie sieht die Schwierigkeit: „Wer Verantwortung abgibt, macht sich verwundbar.“
Der Forscher
Das RMI hat untersucht, wie verantwortungsbereit deutsche Unternehmen sind. Prof. Guido Möllering: „Der Großteil ist sozial engagiert.“ Meist handele es sich um gelegentliche Geldspenden, seltener um regelmäßige. Kleine Unternehmen hätten noch Nachholbedarf. Die Motivation sei allerdings vorhanden. Möllering: „Wir müssen schauen, wie wir ihnen helfen können.“ Insgesamt fühle sich nur ein Viertel der befragten Firmen nicht für die Gesellschaft verantwortlich. Klug sei das nicht, so der Institutsdirektor: „Engagement bringt auch wirtschaftlichen Mehrwert.“