Rheinberg. . Sand wird auf dem Bau knapp. Die Kieswerke am Niederrhein kommen aktuell mit der Produktion kaum nach. Und dennoch bangen sie um ihre Zukunft.
Die Förderbänder kommen kaum noch zur Ruhe. Ein volles Binnenschiff nach dem anderen legt vom Milchplatz ab. So heißt das Sand- und Kieswerk des Weseler Unternehmens Hülskens in Rheinberg – das zweitgrößte in ganz Europa. Zwei Millionen Tonnen der Beton-Zutaten werden hier jährlich ausgebaggert.
Auch interessant
Den besonders nachgefragten „scharfen Sand“ vom Milchplatz soll es aber nur noch maximal acht Jahre lang geben. Dann läuft die Lizenz aus. Lieferengpässe gibt es aber schon jetzt, obwohl die Förderbänder am Niederrhein wegen des Baubooms tagsüber gar nicht mehr ruhen.
„Die 2000 Brücken in Deutschland lassen sich nicht ohne Beton bauen. Die Kies- und Sand-Branche muss pro Stunde und Einwohner ein Kilogramm fördern. Sonst wird es nicht reichen“, sagt Hülskens-Geschäftsführer Christian Strunk. Er vertritt nicht nur die Interessen seiner Unternehmensgruppe mit rund 800 Beschäftigten. Strunk ist auch Sprecher von „Zukunft Niederrhein“ – ein Bündnis von 13 Firmen der Kies-Branche in der Region, die ihre Zukunft gefährdet sieht.
Der ehemalige Bürgermeister von Xanten, der in die Wirtschaft gewechselt ist, hat den Regionalplan-Entwurf des Regionalverbands Ruhr (RVR) genau analysiert. Sollten ihn die Politiker in der RVR-Versammlung ohne die Ausweisung neuer Flächen beschließen, rechnet Strunk vor, müssten die den kommenden fünf Jahren elf Kies- und Sandwerke am Niederrhein schließen, in den fünf Jahren danach weitere elf. „Innerhalb von zehn Jahren würden zehn Millionen Tonnen Kies und Sand wegfallen. Das kann die Bauindustrie nicht verkraften“, unkt der Chef der Hülskens-Gruppe, die vor allem Betonwerke im Ruhrgebiet beliefert.
Hülskens würde gern in Duisburg Kies fördern
Für Strunk ist der Entwurf des Regionalplans, der das Verhältnis von Wirtschafts- und Freiflächen im Ruhrgebiet regelt, „missglückt“, wie er sagt. „Der RVR hat die betroffenen Unternehmen leider überhaupt nicht in seine Überlegungen einbezogen. Viele Flächen, die er für den künftigen Rohstoff-Abbau vorsieht, sind für uns uninteressant. Wir hätten uns eine bessere Einbeziehung in den Planungsprozess gewünscht“, sagt er. Statt in Alpen oder Kamp-Lintfort würde seine Firma Hülskens lieber in Duisburg oder Neukirchen-Vluyn Kies und Sand fördern. Strunk: „Wir werden beim RVR auch Standorte außerhalb des Kreises Wesel vorschlagen.“
Auch wenn der RVR die Vorschläge der Branche doch noch in den Regionalplan aufnehmen sollte, fürchtet Strunk erhebliche Verzögerungen, die die Planungen der Unternehmen nicht gerade erleichterten. Die Kies- und Sandhersteller haben es am Niederrhein überdies mit zum Teil erheblichen Protesten von Anwohnern zu tun. Landwirte und Privatbesitzer werden aufgefordert, ihre für den Kiesabbau vorgesehenen Grundstücke an die Unternehmen zu verkaufen. Die Bagger heben das Kies- und Sandgemisch bis zu einer Tiefe von 18 Metern aus. Die entstandenen Löcher werden nach Ablauf der Förderung geflutet. So entstanden etwa die Naherholungsgebiete Sechs-Seen-Platte in Duisburg und die Xantener Südsee. Oder das ausgekofferte Areal wird mit Humus verfüllt und anschließend etwa landwirtschaftlich genutzt.
Am Ende entstehen Seen oder Landwirtschaftsflächen
Strunk kann die Bedenken gegen den Kiesabbau nicht nachvollziehen: „Wir hinterlassen ökologische, rekultivierte Flächen“, betont er. Weil der Transport ausschließlich über Schiffe erfolge, ziehe ein Werk wie der Milchplatz in Rheinberg keinen Lkw-Verkehr an. Bei der Förderung von Kies und Sand werde zudem keinerlei Chemie eingesetzt.
Auch interessant
Ein Bagger wirft das Gemisch auf ein langes Förderband, das es zum eigentlichen Werk transportiert. Das Material wird gerüttelt und mit Wasser gewaschen. Sortiert nach der Größe der Steine und dem Körnungsgrad landen Kies und Sand in Silos. Über einen unterirdischen Tunnel wird das Material am Ende ins Schiff befördert. „Der Ladungsprozess dauert so nur rund zwei Stunden“, sagt Strunk.
Engpässe für die Bauwirtschaft und steigende Preise
Sollte die Produktion mittelfristig gedrosselt werden müssen, weil am Niederrhein weniger Abbauflächen zur Verfügung stehen, sagt der Manager Engpässe für die Bauwirtschaft und steigende Preise voraus. „Das Kies- und Sandgeschäft in Deutschland ist regional aufgestellt. Der Transport per Lkw über mehr als 50 Kilometer ist unwirtschaftlich und nicht ökologisch“, meint Strunk.
Qualitativ hochwertigen Kies und Sand gebe es in der Region aber nur am Niederrhein. „Schon in den Niederlanden ist der Sand zu fein, um in der Bauwirtschaft eingesetzt zu werden“, so Strunk. Und das Recycling von Bauschutt sei bereits weitgehend ausgereizt. Der Geschäftsführer: „90 Prozent des Bauschutts wird bereits überwiegend als Straßenunterbau eingesetzt.“