Menden. . Ulrich Bettermann, der 72-jährige Firmenpatriarch, will sein Unternehmen für die nächsten hundert Jahre zukunftsfest machen.

Der mittelständische Unternehmer Ulrich Bettermann hält gerne die Fäden in der Hand. Immer. Kontrolle ist dem leidenschaftlichen Flieger eben wichtig, in der Luft in seinen Jets, aber genauso am Boden mit Blick auf sein Lebenswerk: das seit 1911 familiengeführte Unternehmen OBO Bettermann. Jetzt hat der in Wirtschaft und Politik bestens vernetzte Seniorchef zwei absolute Schwergewichte der Wirtschaft in den neu gegründeten Verwaltungsrat geholt. Ein echter Coup.

Beim VW-Konzern im Gespräch

Neben Bettermann sitzt der gebürtige Hagener Wirtschaftsanwalt Professor Wilhelm Haarmann, der SAP an die Börse begleitete und Vodafone bei der Übernahme von Mannesmann beriet. Zudem mit dem Wirtschaftsingenieur Professor Jochem Heizmann ein aktuelles Schwergewicht der deutschen Wirtschaft. Bis Januar 2019 war Heizmann noch VW-Vorstand für das Chinageschäft! Als Winterkorn gehen musste, wurde der Topmanager, Jahrgang 1952, beim weltgrößten Autokonzern sogar als Interimslösung gehandelt. „Ich möchte OBO damit für die nächsten 100 Jahre krisenfest aufstellen“, begründet der Patriarch Bettermann diesen Schritt.

Alleiniger Inhaber des Unternehmens ist er übrigens schon seit rund zehn Jahren nicht mehr. „Ich habe vorgesorgt und zwei Stiftungen nach Liechtensteinischem Recht gegründet. Eine für das operative Geschäft, die andere für die Immobilien“, sagt Bettermann, Vater von insgesamt vier Kindern. So seien seine Erben abgesichert – auch vor Erbschaftssteuerforderungen. Mit den Stiftungen und dem Verwaltungsrat sei dies garantiert.

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Drei bis viermal pro Jahr wird das Spitzen-Gremium tagen, das das letzte Wort beim Kurs des Unternehmens und der Besetzung wichtiger Posten behält.

Bettermann ist mittlerweile 72 Jahre alt, hat das operative Geschäft bereits vor Jahren an seinen ältesten Sohn Andreas abgegeben, der Vorsitzender der Gruppen-Geschäftsführung ist. Dennoch jettet der Selfmademan – gerne vom eigenen Flugplatz im Sauerland aus – ständig zwischen Menden, seinem Domizil in der Schweiz am Vierwaldstätter See und Bugyi in Ungarn nahe Budapest hin und her. Sowohl in der Schweiz als auch in Ungarn, wo sein Sohn Christoph lebt und in der Geschäftsleitung von OBO Bettermann Ungarn tätig ist, hat das Unternehmen Produktions-Standorte. Darüber hinaus ist der Mittelständler in über 60 Ländern vertreten, darunter Russland, Südafrika und in den USA.

Seit 50 Jahren an der Spitze

Seit rund 50 Jahren steuert Ulrich Bettermann das Unternehmen, das größte öffentlich bekannte Risiko ging er ein, als er Ende der 70er Jahre alle Mitgesellschafter, also den Rest seiner Verwandtschaft, auszahlte, um das florierende Familienunternehmen endlich so lenken zu können, wie es ihm vorschwebte. Einen dreistelligen Millionenbetrag soll ihn dieser Schritt gekostet haben. Mit geliehenem Geld startete Bettermann also durch. Nach eigenen Angaben sind die Schulden von damals längst Geschichte. 2016 löste Ulrich Bettermann schließlich sämtliche Verbindlichkeiten ab, einfach so, weil er es gerne wollte und die Geschäfte es hergaben.

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In seiner Zeit als Unternehmer hatte der Netzwerker Ulrich Bettermann mit großen Namen noch nie Probleme, weder aus der Politik noch aus der Wirtschaft. Der Seniorchef war eng mit Hans-Dietrich Genscher vertraut, pflegt regelmäßig freundschaftlichen Kontakt zu Altkanzler Schröder und ist bei Viktor Orban stets gern gesehener Gast. Die Liste ließe sich wohl beinahe beliebig verlängern. Nur mit der Kanzlerin, da kann er es nicht. Angela Merkel würde Bettermann lieber heute als morgen im Ruhestand sehen, daraus macht er keinen Hehl.

Die Besetzung des Verwaltungsrates beim Mittelständler mit Topmanagern der deutschen Wirtschaft passt jedenfalls zum Mendener.

Ach ja: Die Geschäfte bei Bettermann laufen offenbar bestens. Zweistellige Zuwachsraten beim Umsatz, auch der Ertrag dürfte stimmen. Jedenfalls investiert die Unternehmensgruppe allein in diesem Jahr rund 80 Millionen Euro in Modernisierung: Die Hälfte an den deutschen Standorten, allein 20 Millionen Euro am Stammsitz in Menden. Wofür genau, lässt der Patriarch offen. Außerdem 15 Millionen Euro in Ungarn, ebenso viel in Russland und zehn Millionen Euro in den USA.