Essen. . Konzernchef Fanderl will Karstadt und Kaufhof innerhalb von zwei Jahren „richtig aufstellen“. Auch Kitas in Kaufhäusern kann er sich vorstellen.
Noch muss Stephan Fanderl zwischen Köln und Essen pendeln, um möglichst viele Mitarbeiter von Karstadt und Kaufhof zu erreichen. Morgens das Rheinland, am Nachmittag das Ruhrgebiet – so sah Fanderls Wochenbeginn aus. Der Chef des fusionierten Warenhauskonzerns warb bei den Beschäftigten um Vertrauen – und wählte dabei durchaus emotionale Worte. „Zwei selbstbewusste Häuser mit einer unfassbar langen Tradition spielen ab jetzt in der gleichen Mannschaft“, sagte er in Essen bei einer Mitarbeiterversammlung. „Wir sind nun eins, ein Team, und hoffentlich bald eine verschworene Gemeinschaft, die sich große Ziele für die Zukunft setzt.“
Doch zwischen der Kölner Leonhard-Tietz- und der Essener Theodor-Althoff-Straße, an denen sich die Zentralen der beiden Traditionskonzerne befinden, liegen gut 65 Kilometer – je nach Verkehrslage eine gut einstündige Autofahrt. Entsprechend groß ist die Unsicherheit bei den Beschäftigten, die in einigen Wochen erfahren sollen, wo sich künftig die Firmenzentrale befinden wird. Anfang 2019 soll eine Entscheidung fallen – also kurz nach Abschluss des Weihnachtsgeschäfts.
Neue Stadtbahntrasse zur Karstadt-Zentrale?
Dem Vernehmen nach laufen Verhandlungen des Konzerns mit den Kommunen. Die Stadt Essen treibt Pläne für eine Verlängerung der Stadtbahntrasse vom Hauptbahnhof zur Karstadt-Zentrale voran. Arno Leder, Karstadt-Betriebsratschef in der Essener Zentrale, spricht von einem „starken Signal“.
Die Mission des langjährigen Karstadt-Chefs Fanderl lautet, die bisherigen Erzrivalen zusammenzuführen. Am Wochenende gab es in Köln bereits erste Treffen von Führungskräften. Bei Mitarbeiterversammlungen und Telefonkonferenzen am Montag wollte Fanderl mit seinen Botschaften rund 2000 Beschäftigte in der Verwaltung und in den Filialen erreichen. Im Bemühen, Aufbruch-Stimmung zu verbreiten, erinnerte er an die Firmengründer Leonhard Tietz und Rudolf Karstadt: „Sie haben den neuen Handel erfunden. Aggressiv im Preis, hoch effizient in der Logistik, fantastisch im Sortiment, visionär im Verkauf. Daran wollen wir in Zukunft wieder anknüpfen.“ Trotz aller „Widrigkeiten“ spüre er in beiden Unternehmen eine „unbändige Kraft“.
Aldi, Drogerien oder Kitas in den Warenhäusern
Ziel sei „ganz klar“, alle Filialen weiterzuführen, sagte Fanderl der FAZ. 95 Kaufhof-Häuser und 80 Karstadt-Filialen betreibt der Konzern nun. Die beiden Marken sollen bleiben. Allerdings will Fanderl im nächsten Jahr auch „eine Marke vorstellen, unter der beide Unternehmen auftreten können“. Schon jetzt setzt Kaufhof auch auf den Namen Galeria.
Stärker als bisher will sich Fanderl auf klassische Warenhaus-Sortimente konzentrieren. Dazu zählt er Damenoberbekleidung, Wäsche, Strümpfe, Lederwaren oder Koffer. An anderer Stelle strebt er Kooperationen an – mit Lebensmittelhändlern oder Drogerien zum Beispiel. In Düsseldorf und Mülheim ist bereits der Discounter Aldi bei Karstadt eingezogen. Auch eine Kindertagesstätte im Warenhaus kann sich Fanderl vorstellen.
Höflicher Applaus der Mitarbeiter
„Das Warenhaus bleibt unser Herz“, betonte Fanderl zugleich vor den Mitarbeitern in Essen. Der Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof mache das Unternehmen „zur einzig verbliebenen Großfläche in der Innenstadt“.
Offenbar hat Fanderl einen Umbau-Plan für die nächsten 24 Monate entworfen. Die Eigentümer – die österreichische Signa-Gruppe des Investors René Benko und der kanadische Konzern HBC – seien auf zwei Jahre eingeschworen, um das Unternehmen „richtig aufzustellen“.
Höflichen, aber nicht überschwänglichen Applaus habe Fanderl in Essen erhalten, berichteten Teilnehmer. Viel hänge nun von der Entscheidung zur künftigen Firmenzentrale ab. Der Essener Betriebsratschef Leder wird deutlich: „Für uns ist das A und O, dass der Standort hierbleibt.“