Düsseldorf/Essen. Douglas-Chefin Tina Müller baut die Parfümeriekette um: mehr Online, weniger Filialen – Managerin im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“.

Tina Müller predigt schon lange den Wandel. Vor der Corona-Pandemie hat die Douglas-Chefin das Online-Geschäft des Düsseldorfer Handelskonzerns bereits stark ausgebaut. Längst bezeichnet sich Douglas nicht mehr als Parfümeriekette, sondern als „Europas führende Premium-Beauty-Plattform“. Der Lockdown in den vergangenen Monaten traf Douglas hart, gleichzeitig brachte Corona einen Schub für die virtuellen Shops. „Die Digitalisierung hat sich enorm beschleunigt“, sagt Tina Müller in einer neuen Podcast-Folge von „Die Wirtschaftsreporter“. „Das, was normalerweise in drei Jahren passiert wäre, ist jetzt in zwölf Monaten passiert.“

Die Veränderungen im Handel seien nicht mehr aufzuhalten, zeigt sich die Douglas-Chefin überzeugt. Viele Kunden, die bislang ausschließlich in Filialen eingekauft hätten, seien wegen der Pandemie zum ersten Mal auf Shopping-Tour im Internet gegangen. „Die Mehrheit dieser Kunden bleibt dann auch online“, vermutet Müller. „Das wäre sowieso gekommen, aber es hätte etwas länger gedauert.“

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Unumwunden sagt die Douglas-Chefin, der Wandel in der Branche werde Filialschließungen zur Folge haben. „Wenn die Kunden es schätzen, online zu kaufen und weniger in die Filialen gehen, dann gibt es Filialen, die nicht mehr genug Frequenz haben, und dann reicht es eben am Ende nicht mehr vom Umsatz im Verhältnis zu Miete und Personalkosten“, erklärt die Managerin. „Dann macht es auch Sinn, das Filialnetz etwas auszudünnen.“ Im Februar hatte das Unternehmen mitgeteilt, rund 60 der bundesweit 430 Filialen zu schließen, darunter auch mehrere Standorte in NRW.

Auf der anderen Seite investiere Douglas stark ins Filialnetz, betont Müller. Die Filiale sei in Zukunft weniger eine reine „Abverkaufs-Plattform“, stattdessen gehe es zunehmend um „Erlebnis-Shopping“ und die Beratung der Kunden. Mit mehr als 2000 Filialen ist Douglas auf vielen Einkaufsstraßen präsent. Im Geschäftsjahr 2019/2020 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von 3,2 Milliarden Euro im Geschäft mit Parfümerien, Kosmetik, Haut- und Haarpflege, Nahrungsergänzungsmitteln und Accessoires.

Seit November 2017 ist Tina Müller Vorsitzende der Geschäftsführung der Douglas GmbH in Düsseldorf. Zuvor war sie unter anderem im Vorstand von Opel für das Marketing des Autobauers zuständig. „Die Automobilindustrie ist sehr Testosteron-geprägt, immer noch“, erzählt die Managerin. „Ich hatte auch in meiner Opel-Zeit immer das Gefühl, na ja, Marketing kann die super, aber ans Auto lassen wir sie nicht.“ Aber die Ingenieurslogik sei nicht immer die Kundenlogik, mahnt Müller. Das habe Tesla bewiesen und als neuer Akteur den deutschen Automarkt aufgemischt.

Der Düsseldorfer Markenexperte und Agenturgründer Frank Dopheide begleitet Tina Müller seit Jahren. Er ist – wie die Douglas-Chefin – ein glühender Verfechter vielfältiger Teams. Sein Unternehmen hat er „Human

Agenturgründer Frank Dopheide: „Wenn Dir die Menschen folgen, folgen Dir auch die Zahlen. So geht Führung.“
Agenturgründer Frank Dopheide: „Wenn Dir die Menschen folgen, folgen Dir auch die Zahlen. So geht Führung.“ © Foto: Privat

Unlimited“ genannt. Seine Botschaft: Gute Unternehmensführung bedeute, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Damit komme automatisch geschäftlicher Erfolg, sagt Dopheide: „Wenn Dir die Menschen folgen, folgen Dir auch die Zahlen. So geht Führung.“

Der frühere Handelsblatt-Geschäftsführer Dopheide rät Unternehmen, der Kreativität möglichst viel Raum zu geben und nicht allein auf Optimierung, Standardisierung, Effizienzsteuerung und Controlling zu setzen. „Deutschland ist ziemlich weit vorne beim Optimieren vom Bestehenden“, urteilt Dopheide, „aber wo sind wirklich neue Dinge von Wert entstanden? Biontech nehme ich mal aus.“

Ein Nachteil sei, dass die Wirtschaft in vielen Bereichen männerdominiert sei, merkt Dopheide an. „Wenn Frauen mit im Raum sitzen, verändert das die Temperatur, es verändert die Gesprächsthemen, es verändert den Blick auf die Welt.“ Douglas-Chefin Müller sagt, sie sei mittlerweile für eine Frauenquote im Management. Ihre Meinung habe sie in den vergangenen Jahren geändert – da sich zu lange nichts geändert habe. „Es war an der Zeit, denn freiwillig hat es nicht funktioniert“, sagt Müller und fügt hinzu: „Natürlich gibt es genug qualifizierte Frauen.“

https://www.waz.de/wirtschaft/wirtschaft-in-nrw/ruhrsummit-setzt-hybrid-auf-zukunftsthemen-fuer-start-ups-id232363975.htmlIm vergangenen Jahr ist die Douglas-Chefin überraschend wochenlang krankheitsbedingt ausgeschieden – und dann wieder zurückgekehrt. Tina Müller spricht offen über den abrupten Einschnitt. „Das produziert natürlich ein paar Gedanken“, sagt sie. „Ist das sinnstiftend, was man da macht? Was will man mit dem Leben?“ Generell habe sie die Einstellung: Wenn sie morgens aufwache und Lust habe, ins Büro zu den Kollegen gehen, dann wisse sie: „Da stimmt alles.“