Frankfurt/Main. Die Streiks der Lokführer könnten auch auf lange Sicht Bahnkunden vertreiben, befürchtet das Unternehmen. Fahrgäste steigen in Fernbusse um, Transporte werden auf Lkw verlagert.
Die Deutsche Bahn muss wegen der Lokführerstreiks auch langfristig um Kunden bangen. "Es besteht die Gefahr, dass Kunden dauerhaft abwandern", sagte eine Bahnsprecherin. Das gilt nach Konzernangaben sowohl für den Personenverkehr als auch für den Gütertransport. Seit September ruft die Lokführer-Gewerkschaft GDL ihre Mitglieder immer wieder zu Streiks bei der Bahn auf. Insbesondere Fernbusunternehmen hatten deshalb von steigender Nachfrage berichtet.
Auch im Güterverkehr könnte die Bahn auf Dauer Kunden verlieren. Während der jüngsten Bahnstreiks hatten etwa viele Autohersteller Transporte ersatzweise auf Lkw verlagert. "Durch die Streiks gab es mehr zu tun", bestätigte der Hauptgeschäftsführer des Güterkraftverkehrsverbandes BGL, Karlheinz Schmidt. "Wenn die Bahn sich auf längere Sicht als unzuverlässig erweist, wird die Industrie sicher Konsequenzen ziehen. Dann wäre es möglich, dass Transporte dauerhaft von der Schiene auf die Straße verlegt werden."
An den Bahn-Streiks verdienen bislang vor allem Spediteure im Ausland
Bislang verdienten an den Streiks aber vor allem ausländische Spediteure, sagt Schmidt. "Deutsche Lkw-Unternehmer sind bislang nicht die Gewinner des Lokführerstreiks, weil sie weder die Fahrer noch die Fahrzeuge haben, um diese Lücke spontan zu füllen." Außerhalb von Deutschland könnten Fahrer und Fahrzeuge deutlich günstiger vorgehalten werden. "Deshalb profitieren vor allem ausländische Unternehmen, zum Beispiel aus Polen und osteuropäischen Staaten, von den Streiks."
Eine Sprecherin von DB Schenker sagte, im Güterverkehr sei es schwierig, verlorene Kunden zurückzugewinnen. Viele Unternehmen müssten ihre Logistikabläufe umfassend ändern, wenn sie von der Bahn auf Lastwagen oder Schiffe umsatteln. Neben der Autoindustrie setzt auch die Chemie- und die Stahlindustrie in großem Umfang auf Güterzüge. Auch Kohle wird häufig auf der Schiene transportiert.
Experten schätzen Volkswirtschaftsschaden pro Streiktag auf 50 Millionen Euro
Schon die direkten Umsatzeinbußen während der Streiks kommen die Bahn teuer zu stehen. Als Lokführer im Oktober ein komplettes Wochenende streikten, lag der Schaden für das Unternehmen in zweistelliger Millionenhöhe. Der volkswirtschaftliche Schaden dürfte nach früheren Expertenschätzungen bis zu 50 Millionen Euro täglich betragen.
Im Tarifstreit zwischen der Bahn und der GDL geht es vor allem darum, welche Gewerkschaft künftig für welche Berufsgruppe mit der Bahn über Löhne verhandeln darf. Bedingung der GDL für Tarifgespräche mit der Bahn ist es, neben den Lokführern auch das übrige Zugpersonal wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen zu vertreten. Für diese Berufsgruppen führt jedoch bislang die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Gespräche. (dpa)