Essen. Google greift mit neuen Geräten die Konkurrenz an. Mitbewerber Apple stellt sein neues iPad vor und will die Netzbetreiber mit einer eigenen SIM-Karte ärgern. Eine Marktanalyse.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Einen Tag, bevor der US-Elektronikhersteller Apple seine neue Tablet-PC-Generation vorstellen konnte, preschte Konkurrent Google vor: Die Kalifornier stellten ein Handy vor, das es mit Apples gerade erst vorgestelltem iPhone 6 locker aufnehmen kann. Und auch ein neues Tablet hatte der Suchmaschinen-Riese im Gepäck. Schwere Zeiten für Apple? Abwarten: Immerhin spendiert der Konzern seinen neuen Geräten eine Apple-eigene SIM-Karte, die den Markt der Mobilfunker stark beeinflussen dürfte.

Wenn ein Autobauer ein neues Modell ankündigt, darf er davon ausgehen, dass sich der Vorgänger nur noch mäßig verkauft. Dann landet das Auslaufmodell auf der Resterampe, um den Absatz anzukurbeln.

Eine Regel, die sich zum Ärger vieler Kunden leider nicht auf Apple übertragen lässt. Das würde der Hochpreisstrategie des Konzerns widersprechen. Und so war es wenig verwunderlich, dass der Absatz des meistverkauften Tablets der Welt (gut 225 Millionen Stück seit 2010) zuletzt lahmte, weil das neue Modell schon sehnlichst erwartet wurde – und weil die Käufer bislang nur wenig Lust zeigen, alte Modelle jedes Jahr durch neue auszutauschen, wie eine aktuelle Analyse des Branchendienstes IDC zeigt.

Nur alle drei Jahre ersetzt der typische Tablet-Nutzer sein Gerät durch ein aktuelles Modell. Dem iPad-Absatz tat das nicht gut: Im ersten Quartal dieses Jahres brach er um 16, im zweiten Quartal um mehr als neun Prozent ein.

Neue SIM-Karte vorerst nur für Geräte in USA und Großbritannien

Ob das neue iPad daran etwas ändern wird, bleibt abzuwarten: Denn der Trend zu immer größeren Smartphones macht das Tablet fast schon überflüssig. Warum zwei Geräte, wenn doch alles mit einem machbar ist?

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Natürlich kann die neue iPad-Generation alles ein wenig besser als der Vorgänger. Die Geräte sind schneller und leichter und vielleicht auch schicker. Weniger hatte auch niemand erwartet.

Den größten Un­terschied zum Vorgänger macht dann auch ein kleines Detail aus. Apple spendiert seinen Geräten in den USA und Großbritannien eine SIM-Karte, die den Nutzer selber wählen lässt, in welches Mobilnetz er sich einloggt. Einen Starttermin des Angebots für Deutschland gibt es (bislang) noch nicht. Die Kalifornier könnten damit aber nicht unerheblich Einfluss nehmen auf einen Markt, der zumindest hierzulande als gesättigt und deshalb wenig dynamisch gilt.

„Es bleibt abzuwarten, wie der Markt dieses Angebot annimmt“, sagt auch André Lönne, Europa-Geschäftsführer des Mobiltelefon-Herstellers HTC. Der taiwanische Konzern darf sich über eine neue Kooperation mit Google freuen. HTC produziert für den Technologiekonzern das am Mittwoch vorgestellte Tablet Nexus 9, ein Gerät, das zumindest auf dem Papier mit dem iPad sehr gut mithalten kann. Für HTC ein Glücksgriff: Nach einigen fetten Jahren musste der Hersteller zuletzt hohe Umsatzrückgänge in Kauf nehmen.

Apple scheut das Billig-Segment wie der Teufel das Weihwasser

HTC sucht sein Heil, ähnlich wie Apple, im Premiumsegment. Mit Handys wie dem „One M8“ versuchen die Taiwaner Boden gutzumachen, ohne dabei mit der Desire-Serie das günstige Preissegment außer Acht zu lassen. Eine Strategie, die Apple bislang scheut wie der Teufel das Weihwasser.

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Auch eine Erklärung, warum Konkurrent Samsung mittlerweile zum weltweit größten Handy-Hersteller aufgestiegen ist. Die Koreaner bedienen Premiumkunden und Schnäppchenjäger gleichermaßen und versorgen sie im Halbjahrestakt mit immer neuen Geräten.

Google war bei der Präsentation von Hardware bislang zurückhaltender. Mit der Nexus-Serie präsentierten die Kalifornier bislang günstige Geräte, die ihrer Vorstellung vom perfekten Smartphone auf Basis des hauseigenen Betriebssystems Android am nächsten kamen, die Stückzahlen waren aber im Vergleich zum Gesamtmarkt vernachlässigbar. Schon ab 300 Euro waren diese Handys zu haben.

Damit ist jetzt Schluss: Das Nexus 6, Googles jüngster Spross, ist mit 649 Dollar deutlich teurer geraten und wird von der Konzerntochter Motorola gebaut. Das Nexus 6 dürfte nur der Anfang einer ganz neuen Generation von Google-Geräten sein. Die Kunden darf’s freuen. So viel Konkurrenz war selten...