München/Essen. . Mit einem lebenslangen Umtausch-Versprechen hat der schwedische Möbelkonzern Ikea in Deutschland für Furore gesorgt. Doch für alte, abgenutzte Möbel soll die Zusage plötzlich nicht mehr gelten. Experten wundern sich nicht darüber, dass Ikea nun zurückrudert.

Es war ein starkes Versprechen: Wenn das Wohnzimmersofa nach fünf Jahren Gebrauch durchgesessen ist oder die Farbe nicht mehr gefällt, bringt man es einfach wieder zu Ikea und bekommt das Geld zurück. „Ja, wir würden das Sofa zurücknehmen“, sagte Ikea-Sprecherin Sabine Nold Ende August gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, als ihr der Fall ausgemalt worden ist. Und auch im Interview mit unserer Redaktion versicherte die Sprecherin: "Die Verfassung der Ware ist dabei egal."

Nun rudert Ikea zurück: Deutschland-Chef Peter Betzel schränkt das Versprechen ein: Es gelte nicht für alte, abgenutzte Möbel. „Da geht es auch um gesunden Menschenverstand“, sagt er zur Begründung.

Die Veröffentlichung des neuen Ikea-Katalogs am 25. August hatte der schwedische Möbelkonzern mit einer vollmundigen Ankündigung verbunden. Konnten Kunden in der Vergangenheit die Möbel nach dem Kauf drei Monate lang umtauschen oder zurückgeben, war nun von einem lebenslangen Versprechen die Rede. „Der Schritt beschert Ikea eine unglaubliche Aufmerksamkeit und stärkt die Marke“, hatte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar geurteilt. Dies sei ein „Sicherheitsversprechen“, das den Kunden die Kaufentscheidung erleichtere.

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Angeblich wollte Ikea auch gebrauchte Möbel zurücknehmen. Doch jetzt hat Deutschland-Chef Betzel das Versprechen relativiert. Wer 15 Jahre mit seiner Küche glücklich sei, könne diese danach nicht einfach umtauschen, sagt er. „Das Geschäftsmodell hält auch Ikea nicht aus.“ Auf Nachfrage teilte die Ikea-Pressestelle mit: „Wir vertrauen unseren Kunden und gehen davon aus, dass die Kunden das neue Rückgaberecht nicht ausnutzen. Das bedeutet, dass sie die Produkte nur zurückbringen, wenn sie wirklich nicht damit zufrieden sind.“

„Das ist schon ein Zurückrudern“

Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung aus München, bezeichnet es als „nicht verwunderlich“, dass Ikea das ursprüngliche Versprechen nun verändert. „Das ist schon ein Zurückrudern“, sagt er. Ikea habe wohl befürchtet, dass eine Eigendynamik entstehen könnte, bei der dem Unternehmen Schaden droht. „Das wirtschaftliche Risiko bei unangemessenem Einlösen des Versprechens wäre unkalkulierbar“, gibt Stumpf zu bedenken. „Alleine die dafür notwendigen Rückstellungen zu bilden, hätte bilanzielle Auswirkungen.“

In anderen Ländern, wo das lebenslange Umtauschrecht bereits gilt, hat sich allerdings nach Angaben von Ikea gezeigt, dass der Anteil der umgetauschten Produkte nicht deutlich gestiegen ist.

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Grundsätzlich gelte, dass Kulanz für die Handelsunternehmen immer wichtiger werde, betont Joachim Stumpf: „Im Internet haben sich die Händler gegenseitig übertroffen.“ Bei Amazon oder Otto sei ein Umtausch ohne Grund 30 Tage lang möglich, bei Zalando sogar 100 Tage lang. Ikea sei noch einen Schritt weiter gegangen.

"Nur versprechen, was man auch einlösen kann"

Bei juristischen Streitigkeiten kommt es entscheidend auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) an. „Ikea gewährt Ihnen ein freies Rückgaberecht unter Erstattung des Einkaufbetrages“, heißt es hier. Ausnahmen sollten lediglich für zugeschnittene Ware wie Stoffe oder Küchenarbeitsplatten sowie Grünpflanzen und Artikel aus der „Fundgrube“ von Ikea gelten. Abzuwarten bleibt, ob das Unternehmen die AGB mit der Veröffentlichung des nächsten Ikea-Katalogs überarbeitet.

Thomas Roeb, Handelsexperte an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, äußert sich kritisch zur PR-Strategie des Möbelkonzerns. „Es ist keine gute Idee, etwas zu versprechen, was sich als nicht einlösbar herausstellt“, sagt Roeb. „Ikea läuft Gefahr, den Eindruck zu erwecken, die Kunden nicht ernst zu nehmen.“