München. . Mit dem schnellen Kauf und Verkauf von Aktien sollen Banken und Kapitalanlagefonds den deutschen Fiskus um Milliarden gebracht haben. Die Ermittlungen rund um „Cum-Ex“-Geschäfte ziehen immer weitere Kreise. Nach der Frankfurter Staatsanwaltschaft hat auch die Münchner Staatsanwaltschaft zwei Fälle auf dem Tisch.

Aktiengeschäfte sind riskant und das manchmal auch im juristischen Sinn. So ermitteln bundesweit mehrere Staatsanwaltschaften wegen sogenannter Cum-Ex-Transaktionen, bei denen der deutsche Fiskus in den Jahren vor 2012 mutmaßlich um mehrere Milliarden Euro betrogen worden ist.

Die Varianten sind vielfältig. Allen gleich ist, dass für eine Aktie einmal Kapitalertragssteuer abgeführt, aber später vom Finanzamt mehrmals zurückverlangt worden ist. Im bisher größten aller Verdachtsfälle hat nun die Münchener Staatsanwaltschaft Ermittlungen gestartet. Im Zentrum steht ein Münchener Kapitalanlagefonds, der den Fiskus um 350 Millionen Euro geprellt haben soll.

Ermittlungen gegen mehrere Personen

Das haben NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung nach einer Razzia beim Unternehmen erfahren. Die Staatsanwaltschaft bestätigt neue Ermittlungen gegen mehrere Personen, nicht aber die finanzielle Dimension. Das sei aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht möglich, sagte ein Justizsprecher. Man stehe erst am Anfang der Auswertung beschlagnahmten Materials und könne wegen der schwierigen Gesetzeslage noch nicht sagen, ob Straftaten begangen wurden. Die bestreitet ein Rechtsanwalt vehement. Er vertritt mehrere der fünf verdächtigten Personen sowie die Fondsgesellschaft. Alle Geschäfte seien rechtens gewesen.

Ob das wirklich so war, müssen nun erst einmal Staatsanwälte klären. Die Materie ist kompliziert und heikel. Aktienhändler nehmen für sich in Anspruch, dass es bis 2012 hierzulande für die beanstandete Form der Aktiengeschäfte eine Gesetzeslücke gab, die zumindest eine rechtliche Grauzone geschaffen habe. Eine letztinstanzliche Klärung durch Gerichte steht zudem noch aus.

Fiskus geschädigt

Bei den anrüchigen Cum-Ex-Geschäften werden Aktien um ihren Dividendenstichtag herum verwirrend schnell über in- und ausländische Banken gehandelt. Die Akteure haben dabei Bescheinigungen über eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach ausgestellt, um den Fiskus auf Kosten ehrlicher Steuerzahler gezielt zu schädigen. Betreibt man solche Geschäfte in großem Stil, summiert sich das zu zweistelligen Milliardenbeträgen.

Bekannt sind Verdachtsfälle bei der Hypo Vereinsbank, die rund 200 Millionen Euro zurückgestellt hat, um eventuelle Steuerschäden zu begleichen. Eine jüngste interne HVB-Untersuchung hat Hinweise auf ein Fehlverhalten einzelner Ex-Mitarbeiter ergeben. Deshalb prüft die Unicredit-Tochter Regressansprüche gegen ehemalige Vorstände. Bei der Landesbank Baden-Württemberg geht es angeblich um strittige Steuern im Umfang von 150 Millionen Euro und gut 100 Millionen Euro bei der HSH Nordbank. Das gilt in der Branche aber nur als Spitze eines Eisbergs.