Dortmund. .
Wenn Tradition auf Moderne trifft, kann daraus eine gewinnbringende Liaison entstehen. So geschehen beim Dortmunder Thyssen-Krupp-Ableger Thyssen-Krupp Schulte. Kaum etwas sonst verdeutlicht den von Konzernchef Heinrich Hiesinger vorangetriebenen Wandel des Essener Konzerns stärker als der aus einem kleinen Eisenwarenhändler hervorgegangene Geschäftsbereich, der heute intern „Materials & Services“ heißt.
Mit 11 Milliarden Euro ist dieses Geschäftsfeld nicht nur die umsatzstärkste Säule des Essener Industrie-Giganten. Der Spezialist für Stahl- und Metallhandel gehört auch zu den führenden Werkstoffhändlern weltweit. Nach der Eingliederung der im laufenden Geschäftsjahr zurückgekauften Edelstahl-Produzenten Terni und VDM wird die Thyssen-Krupp „Materials & Services“ nicht nur den Metallhandel von Arcelor Mittal sowie die beiden größten chinesischen Wettbewerber überflügeln, sondern sich auch deutlich vom großen Revier-Konkurrenten Klöckner & Co. aus Duisburg absetzen. Allerdings sucht man für die beiden Edelstahltöchter mittelfristig wieder Käufer, weil sich Thyssen-Krupp ganz aus der Produktion von Sonderstahl zurückziehen will.
Im Gegensatz zum Handelsgeschäft: Dieser Bereich boomt. Aus dem kleinen Dortmunder Start-up-Gründer von 1896 hat sich ein weltumspannendes Unternehmen mit 27 000 Mitarbeitern entwickelt, die an 500 Standorten 250 000 Kunden betreuen. 14 Millionen Artikel – Rohstoffe, Metalle, aber auch Werkstoffe aus anderen Materialien – vermittelt das Unternehmen. Zu den Kunden gehören die großen Marken der Automobilindustrie sowie Konzerne wie Siemens und Bosch. Besonders gut aufgestellt ist „Materials & Services“ in der Luftfahrtindustrie. „Hier sind wir als Bindeglied zwischen Lieferanten und Hersteller Weltmarktführer“, sagt Joachim Limberg, Vorstandsvorsitzender von Thyssen-Krupp Materials International. Besonders fest im Sattel sitzt das Ruhrgebiets-Unternehmen beim weltgrößten Flugzeughersteller Boeing. Seit 1998 ist man exklusiver Einkäufer für den US-Konzern. An dessen Stammsitz Seattle betreibt Thyssen-Krupp eigens ein rund um die Uhr besetztes Call-Center mit Kontakten zu Zulieferern in aller Welt.
Gelenkt wird das Gesamtgeschäft von der Essener Thyssen-Krupp-Zentrale aus, in Dortmund aber steht nach wie vor eines der größten Logistikcenter des Konzerns. 500 Beschäftigte sorgen hier fürs Versandgeschäft, aber auch für auftragsgemäße Vorbehandlung lieferbarer Bleche und anderer Metallteile. Zum Gesamtumsatz von Thyssen-Krupp steuern die Logistiker ein Viertel bei, so viel wie die Stahl-Töchter „Steel Europe“ und „Steel Americas“ zusammen. Das allein unterstreicht die Bedeutung, die das Handelsgeschäft für die einstige reine Stahl-Schmiede inzwischen hat.
Metall-Portal für Heimwerker
Und Logistikchef Joachim Limberg sieht weiteres Wachstumspotenzial. „Der weltweite Werkstoffbedarf nimmt weiter zu und die Hersteller konzentrieren sich mehr und mehr auf Produktion und Entwicklung und überlassen die Beschaffung Spezialisten wie uns“, glaubt der Manager. Dabei geht es nicht nur um große Tonnagen. In den USA hat Thyssen-Krupp unlängst das Web-Portal „OnlineMetals“ gekauft, eine Art Amazon für Heimwerker. Darüber kann sich jedermann maßgeschneidertes Metall für den Hausgebrauch liefern lassen.