Buffalo/New York. .
Die Niedriglohndebatte in den USA hat die Football-Profiliga NFL erreicht: Das erste Mal seit 1967 traten die Buffalo Bills bei ihrer Heimspielpremiere der neuen Saison am Sonntag ohne die Buffalo Jills an. Die Cheerleader wurden suspendiert, weil fünf ehemalige Mitglieder von ihnen sich um ihren fairen Lohn betrogen fühlen. Sie fordern Geld für Hunderte unbezahlte Arbeitsstunden.
Die Klageschrift liest sich wie ein Fall moderner Lohnsklaverei, nur dass die Cheerleader bei vielen Einsätzen überhaupt keinen Lohn erhielten. Im Gegenteil mussten sie noch viel Geld für Uniformen und Ausrüstung ausgeben. Die fünf Ex-Cheerleader und ihre Anwälte werfen den Buffalo Bills illegale Ausbeuterpraktiken vor.
„Den Mindestlohn gibt es, um Arbeiter zu schützen [...] alle Angestellten im Bundesstaat New York fallen unter dieses Gesetz“, erklärt Anwalt Sean Cooney. Inzwischen hat die NFL den Mindestlohn auch anerkannt, bei der Klage geht es aber um die Bezahlung der letzten Jahre.
Die Lage ist verzwickt: Wie bei vielen NFL-Teams sind die Jills nicht direkt beim Club angestellt, sondern bei Zulieferfirmen. Bei den Buffalo Bills sind das der örtliche Radiosender Citadel und das – pikanterweise von der ehemaligen Jills-Cheerleaderin Stephanie Mateczun – geführte Unternehmen Stejon. Sie haben alle Auftritte der Jills abgeblasen.
Die Auseinandersetzung passt zwar gut zur aktuellen Debatte um soziale Ungleichheit – erst jüngst hatten in ganz Amerika Fast-Food-Arbeiter für höheren Lohn gestreikt. Doch beim Cheerleading geht es zudem um einen Grundsatzstreit, um die Ideale eines wesentlichen Bestandteils der Football-Kultur.
„Wir haben es immer für ein Privileg gehalten, unser Team anfeuern zu dürfen“, heißt es in einem offenen Brief von Jo Ann Gaulin an die Cheerleader aus Buffalo – sie hat die Jills 1967 gegründet. „Wir haben nie daran gedacht, bezahlt zu werden.“ Für viele Mädchen in Amerika ist es ein Traum, mit Püscheln an der Seitenlinie zu tanzen.
„Als ich es ins Team geschafft habe, dachte ich, es sei das Beste, was mir in meinem Leben passieren kann“, sagt Alyssa U. Sie ist eine der fünf ehemaligen Jills, die Klage eingereicht haben. Der Traum sei jedoch rasch zu einem unbezahlten Albtraum geworden. Die Ex-Cheerleader sagen, sie mussten sich einem knallharten Regime unterwerfen.
Nicht nur in Buffalo gibt es Widerstand: Auch bei anderen Teams, wie den New York Jets, den Cincinnati Bengals und den Oakland Raiders laufen oder liefen Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das US-Mindestlohngesetz. Die NFL ist eine Geldmaschine: Über neun Milliarden Dollar Umsatz macht die Profiliga im letzten Jahr, ihr Chef verdiente mehr als 40 Millionen Dollar. Beim Saisonfinale, dem Super Bowl, kostet ein 30-sekündiger Werbeclip etwa vier Millionen Dollar. Der Mindestlohn in den USA beträgt pro Stunde im Schnitt ungefähr acht Dollar.